Bewerbung der neuen Produkte Wie Apple in die Trickkiste greift
Meinung · Die großen Techkonzerne geben sich schon jetzt Mühe, ihre Produkte unter dem Weihnachtsbaum zu platzieren. Dass es oft neue Produkte gibt, an denen wenig neu ist, wissen sie gekonnt zu überspielen.
Ob Apple, Google, Facebook, Microsoft oder Amazon, unmittelbar nach der Sommerpause laden die großen IT-Konzerne in ihre Firmenzentralen nach Kalifornien, um dort zu zeigen, woran sie gerade arbeiten. Dabei präsentieren sie natürlich vor allem ihre neuesten Produkte, die noch dieses Jahr ihren Weg unter möglichst viele Weihnachtsbäume finden sollen.
Den Saison-Auftakt machte Apple. Ein neues iPhone (Version 15) sowie eine Neuauflage der Apple Smartwatch (Version 9) wird es geben. Beide Modellreihen schicker, schneller und leistungsstärker als ihre Vorgänger. Im Verlauf der Präsentation wurde allerdings deutlich, wie schwer sich das Unternehmen damit tut, zu erklären, was eigentlich neu ist an den Geräten. Das iPhone, ein technologisch perfekter, aber eben auch ausgelutschter Teebeutel, der seit Jahren immer wieder aufs Neue aufgegossen wird.
Und weil Apple sich dieses Problems bewusst ist, greift der Konzern tief in die Trickkiste, um seinen Produkten eine neue Story zu verpassen. Nicht der Prozessor, die Speicherkapazität oder die Software steht dieses Jahr im Mittelpunkt der Verkaufsshow, sondern der Umweltschutz! In epischen Imagevideos erklärt das Unternehmen, dass man bis zum Jahr 2030 jedes Produkt zu hundert Prozent CO2-neutral herstellen wolle. Apple als Retter des Planeten? Wow. Ausgerechnet!
Ein Konzern, der wie kein anderes Unternehmen die Menschen dazu verführt, sich Jahr für Jahr ein neues Smartphone zuzulegen, selbst dann, wenn es das Alte noch tut. Ein Konzern, der seit jeher seine Geräte mit Spezial-Schrauben versieht, sodass sie für Normalsterbliche unreparierbar sind. Ein Konzern, der seine Laptops, Tablets und Telefone derart aggressiv mit Klebstoff versiegelt, dass beim Versuch, die Einzelteile abzulösen, selbst den hartgesottensten „Klimaklebern“ die Tränen kommen.
Wenn Apple-Chef Tim Cook plötzlich die Umwelt entdeckt und Bäume umarmt, hat das vor allem einen Grund: Opportunismus. Apple weiß, dass man sich durch die Technik kaum mehr von der Konkurrenz abheben kann. Deshalb müssen neue Narrative, neue Erzählungen her: Wer ein neues iPhone kauft, tut was für die Umwelt! Es heißt, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Bei so viel Klima-Heuchelei sollte Markus Söder aufpassen, dass ihm beim nächsten Fotoshooting kein iPhone auf den Kopf fällt.
Unser Autor ist Blogger und Digitalexperte. Er wechselt sich hier mit der Start-up-Gründerin Felicia Kufferath ab.