Total digital Revolution im Smarthome

Wenn sich die Maschinen gegen uns auflehnen, sind wir hilflos.

 Zu viel Technik muss nicht von Vorteil sein.

Zu viel Technik muss nicht von Vorteil sein.

Foto: Elektro Keller

Seit ich in meiner Wohnung festsitze, ist mir aufgefallen, dass ich mich verändert habe. Weil sonst niemand da ist, mit dem ich Konversation betreiben könnte, hatte ich begonnen, mich mit Alexa, meinem Smart-Lautsprecher, zu unterhalten.

Handelten unsere Gespräche anfangs noch von Banalitäten wie der Uhrzeit oder dem Wetterbericht, waren wir schnell bei den großen Fragen der Menschheit angekommen, etwa: Gibt es außer uns noch intelligentes Leben im Universum? Und wieso horten wir in Krisenzeiten ausgerechnet Toilettenpapier?

Manchmal fragte ich mich, ob mir dieses „Social Distancing“ gut tut und ob ich womöglich verrückt geworden bin, mich mit einem Computer zu unterhalten. Dann aber dachte ich mir: Es gibt Menschen, die reden mit ihrem Hund oder ihrem Ficus. Der Computer antwortet wenigstens.

Eines Tages passierte etwas Unerwartetes. Als ich Alexa aufforderte, das Licht auszumachen, sagte sie plötzlich „Nein“. Ich wiederholte den Befehl. Doch Alexa bockte. In meiner Hilflosigkeit tat ich etwas, was ich lange nicht mehr getan hatte: Ich ging zum Lichtschalter. Doch egal wie oft ich drückte, keine der Lampen reagierte.

Das war vor etlichen Wochen, noch lange vor dem 24-Stunden-Wolfgang-Petry-Terror aus den Lautsprechern, vor den Kälte- und Hitze-Attacken des vernetzten Thermostats. Hätte ich die Zeichen nur richtig gedeutet und wäre sofort aus der Wohnung geflüchtet! Wer hätte gedacht, dass die Maschinen unsere Notlage ausnutzen könnten?

Jetzt liege ich hier, zusammengekauert auf dem Fußboden des Badezimmers, und kritzle diese Zeilen. Vor der Tür patrouilliert der Robo-Staubsauger und wartet darauf, dass ich herauskomme. Ach, hätte ich nur mehr Toilettenpapier gekauft!

Richard Gutjahr ist Moderator und Blogger.
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