Kolumne: Total Digital Langsamer als ein Fahrrad

Düsseldorf · In Großstädten wie Tokio rollt der Verkehr im Schnitt nur noch mit 15 Stundenkilometern. Mobilität in Megastädten ist eines der größten Zukunftsthemen – warum suchen wir die Antwort darauf nicht auch in NRW?

Kolumne: Total Digital: Langsamer als ein Fahrrad
Foto: Andreas Endermann

In Großstädten wie Tokio rollt der Verkehr im Schnitt nur noch mit 15 Stundenkilometern. Mobilität in Megastädten ist eines der größten Zukunftsthemen — warum suchen wir die Antwort darauf nicht auch in NRW?

Kolumne: Total Digital: Langsamer als ein Fahrrad
Foto: Martin Ferl

Ich bin Berufspendler - und ich hasse es. Es nervt mich, morgens im Schneckentempo über die Autobahn zu rollen. Es nervt mich, wenn mal wieder jemand in Düsseldorf in der zweiten Reihe parkt und damit die Straße verstopft. Und es nervt mich, dass ich nie genau weiß, ob mich die Fahrt zur Arbeit dieses Mal 40 oder 90 Minuten kosten wird (und nein, die Bahn ist leider keine Alternative für meinen täglichen Weg zur Arbeit).

Als Pendler in NRW ist man so manchen Frust und Kummer gewöhnt. Und es deutet wenig daraufhin, dass dies in den kommenden Jahren nennenswert besser wird. Ein schwacher Trost ist: Anderswo ist es noch viel schlimmer. Das wurde mir bei der Automesse IAA klar. Dort erzählte Bosch-Chef Volkmar Denner, dass die Autos in Großstädten wie dem japanischen Tokio nur noch mit einem Durchschnittstempo von 15 Stundenkilometern fahren würden. Dies sei langsamer als mit einem Fahrrad.

Die Mega-Städte sind für unsere Welt eine der größten Herausforderungen der Zukunft - und eine der größten Bedrohungen. Das erkennt man spätestens, wenn man einmal die Slums in Mumbai oder Delhi gesehen hat oder die wabernden Smog-Glocken über chinesischen Großstädten.

Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Großstädten, Tendenz steigend. Denn obwohl die Bedingungen teilweise katastrophal sind, zieht es die Menschen weiterhin in die Städte, weil die Perspektiven auf dem Land für viele offenbar noch trostloser sind. Die Probleme werden dadurch nicht weniger: Verkehr, Energie, Luft- und Wasserqualität, Lebensmittelversorgung, Jobs - die Liste ist lang.

Nun fragen Sie sich vielleicht, was meine Probleme auf der Autobahn mit den Slums von Delhi und der Digitalisierung zu tun haben. Ganz einfach: Ohne die Digitalisierung werden wir die Probleme nicht lösen können - weder auf der A46 noch in den Mega-Städten. Es braucht intelligente Verkehrsnetze, um mit weniger Fahrzeugen mehr Menschen zu befördern. Und in den Megastädten kommen weitere Herausforderungen hinzu: Dort braucht es sichere Stromnetze, um die Versorgung sicherzustellen (oder aufzubauen) und stabile Mobilfunknetze, um kommunizieren zu können. Denn ohne eine funktionierende Kommunikation nützen auch die intelligentesten Verkehrsnetze nichts.

NRW könnte für viele Lösungsansätze ein Testfeld werden - speziell beim Verkehr. Im Grunde ist ja auch die Region Rheinland/Ruhrgebiet eine Mega-City. Die Landesregierung will "digitale Modellkommunen" entwickeln. Aber Bosch-Chef Denner sprach auch davon, dass wir die Mobilität verändern müssten, um mobil zu bleiben. Davon merke ich morgens auf der A46 nichts. Wäre das nicht einen Versuch wert?

Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(frin)
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