Kolumne: Total Digital Wenn die Netzgemeinde Lügen entlarvt

Düsseldorf · Darf ein Donald Trump unwidersprochen jeden Unsinn behaupten? Zeitungen, Twitterer, Blogs und Websites, die Politiker-Aussagen einem Faktencheck unterziehen, lassen das nicht mehr zu.

Donald Trump: Das ist der Unternehmer und Ex-Präsident
14 Bilder

Das ist Donald Trump

14 Bilder
Foto: AP/Andrew Harnik

Unangefochtener Spitzenkandidat ist Donald Trump seit einigen Tagen nicht mehr. Der amerikanische Immobilienmagnat und Bewerber der Republikaner um die Nachfolge von Obama im Weißen Haus entfachte nach den Terroranschlägen von Paris einen Sturm der Entrüstung und stürzte anschließend in den Umfragen um zwölf Prozentpunkte ab.

Trump, der in seinem Wahlkampf bisher ausschließlich auf Krawall und krude Thesen setzt, hat es wohl selbst nach Ansicht der Moderateren unter seinen Anhängern zu weit getrieben. Der Populist hatte mehr oder weniger unverhohlen gefordert, dass Moslems in den USA in einer Kartei verpflichtend registriert werden sollen. Natürlich erhielt er dafür bei Facebook, Twitter und Co. Zustimmung von Rechtsextremisten und "besorgten Bürgern".

Aber zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen freue ich mich darüber, was ich außerdem in den sozialen Netzwerken sah. Viele Twitter-Nutzer protestierten gegen die entweder schamlose oder ignorante Parallele zum gelben Judenstern am Ärmel. Amerikanische Moslems stellten Fotos ihrer Registrierungen ins Netz: Dokumente, die ihre Besitzer als Angehörige der Polizei oder Feuerwehr und somit als Stützen der Gesellschaft ausweisen.

Vor allem ein Tweet verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Militärveteran Tayyib Rashid twitterte ein Bild von seinem Ausweis als Unteroffizier beim Marine Corps mit der Frage an Trump: "Hey @realDonaldTrump, I'm an American and I already carry a special ID badge. Where's yours?" ("Ich bin Amerikaner und habe schon einen Spezialausweis dabei, wo ist Ihrer ?")

Doch der Wahlkampf ist noch lang und mit Trump ist auch weiterhin zu rechnen. Auch damit, dass die amerikanischen TV-Sender in ihrer Quotenjagd jede unsinnige Äußerung des Bewerbers sensationslüstern aufblasen. Deshalb finde ich es umso wichtiger, dass die großen nationalen Zeitungen jetzt von ihrer traditionell unbeteiligten journalistischen Haltung abrücken, die jeder Meinung Platz einräumt, sei sie auch noch so absurd. "New York Times" und "Washington Post" nehmen inzwischen klare Positionen gegen Trump ein. Immerhin geht es hier nicht bloß um die Teilnahme an einem Gesangswettbewerb, sondern um das höchste Amt im amerikanischen Staat und damit auch um die Weltpolitik.

Nicht zuletzt ist zum Glück auch Verlass auf Websites, die sich auf Faktenchecks spezialisiert haben. Eine davon, Politifact, hat bereits 71 Behauptungen von Trump auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte war falsch oder komplett erfunden. Solche Faktencheck-Webportale würde ich mir auch für Deutschland wünschen. Gerade jetzt wären sie wichtig.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort