Künstliche Intelligenz Warum auch die USA jetzt TikTok verbieten wollen
Meinung · Künstliche Intelligenz plus Datenberge: Das ist eine gefährliche Kombination. Aber es gibt auch noch andere Gründe, warum die chinesische Social-Media-App als bedrohlich wahrgenommen wird.
Nach Indien und Taiwan wollen jetzt auch die USA die chinesische Social-Media-App Tiktok gesetzlich verbieten lassen. Ein drastischer Eingriff für ein Land, das selbst Hassrede und Hakenkreuze mit Verweis auf die Redefreiheit schützt. Ein Schritt, der mit Sicherheit auch ökonomische Gründe hat. Tiktok hat 2022 mehr Geld durch In-App-Verkäufe verdient als Facebook, Instagram, Twitter und Snapchat zusammen. Durch ein Verbot wäre das Silicon Valley auf einen Schlag den größten Konkurrenten los. Zum Anderen geht von Tiktok durchaus eine politische Gefahr aus. Kein westliches Unternehmen hat es bislang verstanden, Künstliche Intelligenz so geschickt mit einem sozialen Netzwerk zu verschmelzen. Dabei ist nicht die KI das Problem. Es sind die Daten, die in Kombination mit der KI eines Tages zur Bedrohung werden könnten.
Die Datenspuren, die wir täglich produzieren, erscheinen uns heute noch als harmlos: Seiten, die wir im Netz besuchen, Kundenkarten, die wir im Supermarkt einsetzen. Bislang kein Problem, denn welcher Mensch sollte je in der Lage sein, diese Datenberge zu durchsuchen? Für eine Maschine hingegen ein KI-nderspiel. Nichts bleibt ihr verborgen. Jede heute vielleicht noch so unbedeutende Whatsapp-Nachricht aus der Vergangenheit könnte uns eines Tages unsere Reputation, den Job, die Ehe kosten.
Selbst Dinge, die heute noch unverfänglich sind, können durch Normverschiebungen in zehn oder 20 Jahren problematisch werden, siehe Cancel Culture. In China bemisst der Social Score die Staatstreue der Bürger – KI als Gesinnungs-Schufa, die aus vermeintlich harmlosen Alltagsdaten Rückschlüsse auf den Charakter eines Menschen zieht.
Eine solche Technologie – egal in welchen Händen – verändert Dinge. Sie verändert unsere Demokratie. Die Kombination von KI mit den Datensätzen, die Google, Facebook & Co. schon heute über uns besitzen (und niemals freiwillig löschen werden), könnte zur größten Herausforderung unserer freiheitlichen Gesellschaft werden. Dafür müssen wir nicht erst nach Moskau oder Peking schauen.
Unser Autor ist Blogger und Digitalexperte. Er wechselt sich hier mit der Start-up-Gründerin Felicia Kufferath ab.