Soziales Netzwerk Riskanter Strategiewechsel von TikTok

Meinung · Whatsapp zum Chatten mit Freunden, Tiktok zum Abtauchen in andere Welten – so funktionierte die App bisher. Jetzt will der Anbieter auch Nutzer vernetzen, aber genau das könnte sie verprellen.

Die TIktok-App auf einem Smartphone (Symbolfoto).

Die TIktok-App auf einem Smartphone (Symbolfoto).

Foto: AP/Kiichiro Sato

Das soziale Netzwerk wurde groß, weil es ignorierte, wen man kennt. Im Gegensatz zu anderen sozialen Apps wurde TikTok nicht dadurch zu einem weltweiten Erfolg, dass es Menschen mit ihren Freunden verbindet. Der Algorithmus der App hat Nutzern Videos auf der Grundlage dessen empfohlen, was ihnen gefällt, und nicht weil sie von jemandem hochgeladen wurden, den sie im echten Leben kennen.

Während man bisher weitgehend davon ausgehen konnte, nie auf nervige Verwandte, Ex-Freunde oder Arbeitskollegen zu treffen, bemüht sich die Plattform nun darum, Nutzer mit Menschen in Verbindung zu bringen, mit denen sie bereits Beziehungen außerhalb der Plattform haben. Diese neue Strategie führt zu Unmut. Mittlerweile kursieren „Horrorstories“ von Teenagern, die mit Erschrecken feststellen, dass ein Elternteil ihrem Profil folgt. Wie konnte das plötzlich passieren?

Alles deutet darauf hin, dass TikTok automatisch einen eindeutigen Verknüpfungscode zum Konto in die URL einbettet, wenn man einen Link außerhalb der App teilt. So kann die App verfolgen, welche Freunde die Person hat und die Accounts einander vorstellen. Es gibt viele Gründe, warum TikTok daran interessiert sein könnte, mehr über Beziehungen in der physischen Welt zu erfahren. Viele Menschen konsumieren TikTok-Videos  – kommunizieren aber nur über andere Apps wie Whatsapp. Indem TikTok die Nutzer dazu ermutigt, Menschen zu folgen, die sie kennen, versucht das Unternehmen möglicherweise, mehr dieser Aktivitäten in seinem eigenen „Ökosystem“ zu halten. Sie wollen, dass man sein gesamtes soziales Netzwerk zu TikTok verlagert.

Die Frage ist, ob diese Bemühungen die ursprüngliche Nutzerschaft verprellt, die sich in die Plattform verliebt hat, weil sie ihrem Alltag entfliehen wollte. Wenn die überwiegend sehr jungen Nutzer wissen, dass ihre Freunde und ihre Familie zuschauen, könnten sie weniger geneigt sein, bestimmte Dinge zu teilen, was die Dynamik der App in einer Weise verändern würde, die nicht unbedingt willkommen ist.

Unsere Autorin ist Start-up-Gründerin und Sprecherin der Initiative NRWAlley. Sie wechselt sich hier mit Blogger Richard Gutjahr ab.

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