Kolumne „Total digital“ Skandal Digital - Kampf gegen Rufmord im Netz

Düsseldorf · Nicht nur der Amazon-Gründer Jeff Bezos sieht sich Angriffen auf dem digitalen Schlachtfeld ausgesetzt. Wir sollten den Kampf aufnehmen und uns gegen die Macht der Digitalisierung wehren.

 Unser Kolumnist Richard Gutjahr.

Unser Kolumnist Richard Gutjahr.

Foto: RP/Mathias Vietmeier

David Pecker, Herausgeber des Revolverblatts „National Enquirer“ und erklärter Freund von Donald Trump, versucht den Amazon-Gründer und Washington-Post-Eigentümer Jeff Bezos mit Nacktbildern zu erpressen. Doch anstatt auf die Forderungen einzugehen, dreht der Erpresste den Spieß um und macht den Erpressungsversuch öffentlich. Was vor Wochen wie eine drittklasssige TV-Soap begann, könnte am Ende sogar dem US-Präsidenten zum Verhängnis werden. Der reichste gegen den mächtigsten Mann der Welt? Mehr Hollywood geht nicht!

An der Schwelle vom Industrie- ins Digitalzeitalter erleben wir fast täglich, wie E-Mails, Textnachrichten, Bilder benutzt werden, um politische oder wirtschaftliche Gegner aus dem Weg zu räumen. Jede Verfehlung, jede Regelverletzung, jeder Seitensprung entfaltet durch die Digitalisierung eine grenzüberschreitende Wirkungsmacht, die in Echtzeit Karrieren zerstören, Börsenkurse beeinflussen, wohlmöglich sogar Wahlen entscheiden kann. Informationen als Kriegswaffen.

Wer auch immer den jüngsten Hacker-Angriff auf den Amazon-Gründer zu verantworten hat, bei Jeff Bezos sind der oder die Täter an den Falschen geraten. Der Multimilliardär fackelte nicht lange und schaltete eine der größten Privat-Detekteien ein, um herauszubekommen, wer im Hintergrund die Strippen gezogen hat. Politische Kommentatoren in Washington spekulieren offen über die Möglichkeit, dass die Spur ins Weiße Haus führen könnte.

Ob Saudis, Russen oder Donald Trump persönlich; das eigentliche Problem unserer Zeit benennt Jeff Bezos in seinem Statement, das er in Form eines Blogposts an diesem Wochenende veröffentlicht hat: „Wenn ich in meiner Position [als wohlhabener Mann] mich nicht gegen eine solche Form von Erpressung wehren kann, wer sonst wäre dazu in der Lage?“ Damit weist der Milliardär auf einen wesentlichen Punkt hin.

Das Internet, mit all seinen Möglichkeiten der Wissensvermehrung kann auch ein verheerendes Instrument für Rufmord und Unterdrückung sein. Die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die Opfer von Cyber-Mobbing auf Whatsapp, YouTube & Co durch Klassenkameraden werden, steigt auch bei uns in Deutschland besorgniserregend. Schüler, Lehrer, Eltern, wir alle tragen Verantwortung dafür, wie wir die voranschreitende Digitalisierung gestalten wollen. Ob jung oder alt, arm oder reich - die Zukunft der vernetzten Gesellschaft liegt in unserer Hand. Es wird Zeit, dass wir diesen Kampf aufnehmen.

Richard Gutjahr ist Moderator für das Bayerische Fernsehen und Blogger.
Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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