Kolumne "Total Digital" Digitale Parallelwelten beim Superbowl

Düsseldorf · Meine Kinder und ich leben als Mediennutzer in verschiedenen digitalen Welten. Das American-Football-Finale ist der beste Beweis dafür.

Twitter-Reaktionen zum Sieg der New England Patriots
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Foto: Screenshot Instagram

Der 1. Februar war kein guter Tag für Footballfans in Seattle. Die Seahawks verschenkten nach einem packenden Superbowl-Match in letzter Minute den Sieg an die New England Patriots. Meine Kinder und ich haben das Spiel live bei Freunden verfolgt, denn wir sind "Cord Cutter".

Das bedeutet: Statt Kabelfernsehen nutzen wir die Videotheken von Netflix, Hulu und Amazon. Auch die Telefone hängen bei uns nicht an der Strippe, uns reichen unsere Mobiltelefone als unentbehrliche Alltagshelfer. Radio kommt nicht per UKW-Empfänger zu uns, sondern als Stream in diversen Apps. Kurzum: Wir sind eine ziemlich digitale Familie. Doch meine Kinder und ich nutzen digitale Medien und Plattformen ganz unterschiedlich.

Die Football-Spielregeln habe ich mir mittels Wikipedia angeeignet. Wenn meine beiden Teenager komplizierte Vorgänge verstehen wollen, sehen sie sich Video-Tutorials bei Youtube an. Wenn ich einen Spieler nicht kenne, schaue ich bei Google nach. Meine Kinder sparen sich lieber das Tippen auf der mobilen Tastatur und fragen Siri oder Google Now.

So ein Superbowl dauert mehr als vier Stunden. Deshalb schaute ich zwischendurch immer mal wieder bei Facebook nach, was meine Freunde in den übrigen Teilen der USA gerade so machten. Meine zwölfjährige Tochter chattete unterdessen mit ihrer besten Freundin per Snapchat - dem Netzwerk, das versendete Kurznachrichten nach wenigen Sekunden wieder löscht. Meine Tochter nutzt wie Klassenkameradinnen am liebsten Instagram für die digitale Selbstdarstellung. Sie liest Blogs bei Tumblr und Nachrichten bei Buzzfeed. Facebook ist in den Jahrgangsstufen meiner Kinder völlig "out".

Während ich beim Superbowl auch bei Twitter aktiv war, schaute mein 15 Jahre alter Sohn nur einmal kurz dort vorbei, denn von seinen Freunden ist niemand bei dem Kurznachrichtendienst angemeldet. Mein Sohn verschickt dafür kostenlose Nachrichten über die App TextNow. Außerdem ist er in mehreren Gamer-Netzwerken aktiv, verfolgt Nachrichten in den Diskussionsforen von Reddit und als Youtube-Schnipsel aus der TV-Show des Comedians John Oliver.

Am Tag nach dem Superbowl las ich im Netz, was die Tageszeitung "Seattle Times" und das Sportmagazin "SBNation" über das Spiel schrieben. Meinen Kindern begegnen sie nur als Auswahl einzelner Artikel in der mobilen Magazin-App Flipboard.

Was zeigt: Die Niederlage gegen die Patriots haben meine Kinder und ich am Superbowl-Sonntag zwar gemeinsam erlebt. Aber als digitale Nutzer trennten uns wieder einmal Welten.

Ulrike Langer ist freie Korrespondentin an der US-Westküste und Digital-Expertin. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de. Folgen Sie unser Kolumnistin auch auf Twitter und ihrem Blog.

(RP)
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