Nach der Übernahme von Elon Musk Bundeskanzler prüft den Rückzug von Twitter

Berlin · Die problematische Entwicklung bei Twitter lasse sich nicht ignorieren. Die Online-Plattform wird seit Übernahme durch US-Milliardär Elon Musk zunehmend kritisiert. Das Bundespresseamt erwägt Alternativen.

 Bundeskanzler Olaf Scholz am Abend nach einer Besprechung im Kanzleramt

Bundeskanzler Olaf Scholz am Abend nach einer Besprechung im Kanzleramt

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Angesichts der unklaren Entwicklung bei Twitter nach der Übernahme durch den US-Milliardär Elon Musk prüft Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen Rückzug von der Online-Plattform. „Der Bundeskanzler und das Bundespresseamt sehen sich die Entwicklung von Twitter seit der Übernahme durch Elon Musk sehr genau an“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Dabei werde abgewogen „zwischen der Entwicklung der Plattform einerseits und andererseits möglichen Alternativen, die man stattdessen nutzen kann“.

„Wir haben den Auftrag, breit über die Arbeit der Bundesregierung zu informieren, und wollen dafür möglichst viele Kanäle nutzen, um die User da zu erreichen, wo sie sich ohnehin informieren“, sagte Hebestreit in dem RND-Podcast „Geyer & Niesmann“. Twitter sei dabei ein von der Vorgängerregierung etablierter Weg, mit dem Scholz rund 600.000 Follower erreicht, dem Regierungssprecher folgen weitere 100.000 Nutzer.

Es wäre „sehr kurz“ gesprungen, „diesen Informationsweg jetzt sofort aufzugeben, ohne eine Alternative zu haben“, sagte Hebestreit weiter. „Trotzdem können wir nicht die Augen verschließen, wenn problematische Entwicklungen auf diesem Netzwerk immer größere Blüten treiben würden.“

Musk hatte Twitter Ende Oktober für 44 Milliarden Dollar (rund 43 Milliarden Euro) übernommen. Anschließend feuerte er nicht nur das Management, sondern auch rund die Hälfte seiner 7500 Angestellten. Zudem sorgte der Tesla-Gründer mit immer neuen Ankündigungen unter anderem über die Zulassung von Nutzern und die Verifizierung von Konten für Verwirrung. Kritiker befürchten, dass Musk den Kampf gegen die Verbreitung von Hassbotschaften und Falschnachrichten bei Twitter drastisch beschränken könnte.

Als Konsequenz wenden sich immer mehr bisherige Nutzer von dem Kurzbotschaftendienst ab, Anfang dieser Woche löschte beispielsweise auch der niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) seinen Account. Zur Begründung erklärte er: „Fehlende Kontrollen und mangelnde Verifizierungen führen bei Twitter zunehmend zu massenhafter Verbreitung von Hass und Hetze, Falschinformationen und Verschwörungserzählungen.“

Kanzler Scholz ist der erste twitternde Bundeskanzler, der neben dem Sprecher- und Regierungsprofil auch einen persönlichen Account auf der Plattform hat. Die Nachrichten werden allerdings laut Hebestreit nicht von ihm selbst, sondern von einem Team im Bundespresseamt verfasst.

Auf der Videoclip-Plattform Tiktok werde dagegen kein Kanal für Scholz eingerichtet, erklärte Hebestreit. Eine entsprechende Entscheidung sei bereits gefallen. Unter anderem gab es dem Regierungssprecher zufolge einen Prüfvermerk des Bundespresseamtes, „der klar sagte: Wir sollten gut überlegen, ob wir als deutsche Bundesregierung auf einer chinesischen Plattform präsent sein wollen“. Das habe ihn davon überzeugt, darauf zu verzichten, sagte der Regierungssprecher.

(juju/AFP)
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