„Frauenfeindlich“ Was hinter der Aufregung um das neue Rezo-Video steckt

Düsseldorf · Das Spiel „Kiss, Marry, Kill“ ist bei Youtube-Stars angesagt – auch bei Rezo, der im Mai mit seinem CDU-Video für Aufsehen gesorgt hat. Er hat nun mit zwei weiteren Filmemachern eine eigene Version hochgeladen – und erntet harsche Kritik.

Erst drei Namen von Prominenten oder anderen Youtube-Stars ziehen und dann entscheiden, mit wem aus dieser Gruppe man schlafen würde, wen man heiraten würde – und wen man doch lieber töten würde. So kurz lässt sich das nicht ernst gemeinte, hypothetische Spiel „Kiss, Marry, Kill“ erklären. Schon seit Jahren machen Youtuber Videos, die sich um dieses Spiel drehen, häufig mit Millionen Aufrufen.

Das Video, das Rezo am 17. November auf seinem Youtube-Kanal veröffentlicht hat, greift den Trend auf. Zu Gast sind die Youtuber Julien Bam und Taddl. Es hat (Stand Freitag, 29. November) bereits fast 1,5 Millionen Aufrufe. Und es sorgt im Internet bei Nutzern für Empörung: Das Video sei gewaltverherrlichend, sexistisch und frauenverachtend. Dass das Spiel oberflächlich und menschenverachtend ist, geben die drei zu – trotzdem drehen sie ihr Video, weil es witzig sein soll. Vor diesem „Kiss, Marry, Kill“ hat Rezo schon einmal so ein Video gemacht, mit der Youtuberin Julia Beautx. Aber Rezo ist eben nicht mehr irgendein Youtuber: Der 27-Jährige hatte im Mai mit seinem Video über die „Zerstörung der CDU“ Schlagzeilen gemacht und damit die Partei und die Medienwelt aufgerüttelt. Seitdem steht er unter genauerer Beobachtung. Und „Kiss, Marry, Kill“ ist eben etwas anderes als eine Abrechnung mit der CDU.

„Alles nur ein Spiel“ schreiben viele sinngemäß als Reaktion auf das nun auf Rezos Kanal veröffentlichte Video – andere sehen das nicht so locker. Tatsächlich sprechen Rezo, Julien Bam und Taddl in eher vulgärer Sprache, immer wieder gemischt mit harmlosen Formulierungen. Sie spielen das Spiel, erklären, warum sie mit diesem und jenem schlafen, ihn heiraten oder eher töten würden – und man merkt beim Zusehen, dass das nicht ernst gemeint ist.

Doch besonders zwei Szenen sorgen wohl dafür, dass nicht alle das Video einfach nur lustig finden. In der ersten Hälfte zieht Rezo einen Zettel mit den Namen Pietro Lombardi (Sänger), Katja Krasavice (Youtuberin) und Shirin David (ebenfalls Youtuberin). Bei Pietro Lombardi ist er sich rasch sicher: Er würde ihn heiraten. Bei den Damen argumentiert er zunächst, er würde lieber mit Shirin David schlafen, weil er Katja Krasavice schon einmal persönlich getroffen habe und Sex mit ihr deshalb irgendwie komisch wäre. Aber er könne sie genau deshalb auch nicht töten. „Okay, dann bring’ ich Shirin um und schlaf’ mit Katja. Dann ist das halt so.“ Punkt, aus, nächste Ziehung, Julien Bam ist dran.

Der 31-jährige Bam ist auch an der Reihe, als es gilt, die Youtuberinnen Julia Beautx, Bianca „Bibi“ Claßen und – erneut – Shirin David in die Kategorien „Kiss“, „Marry“ und „Kill“ einzuordnen. Und das ist der entscheidende Moment: Ab Minute 7:16 wird auch die Schwangerschaft „Bibi“ Claßens zum Thema. Julien Bam: „Ich kann doch keine Schwangere killen.“ Darauf antwortet Youtuber Taddl lachend „Double Kill!“, zu Deutsch „doppelte Tötung“, eine Anspielung auf eine Formulierung in Videospielen. Doch dabei bleibt es nicht. Julien Bam sagt in Bezug auf Claßens Schwangerschaft: „Mit ,Bibi’ kann ich auch keine Nummer schieben.“ Sie werde gerade zum zweiten Mal Mutter. Da klinkt sich Rezo ein: „Hä? Na, und?“, fragt er – und weiter: „Aber man darf doch mit Müttern...“ Es wird das Wort „spielen“ eingefügt als Ersatz für das, was Rezo wirklich gesagt hat. Und Rezo noch einmal: „Warum sollte man denn mit Müddern nicht mehr...“

Es folgt ein Shitstorm. „Ihr müsst mir nicht erklären, dass das ja ,nur’ Spaß ist, ihr müsst mir erklären, warum ihr darüber lachen könnt“, schrieb die Twitter-Nutzerin @keineparolen, nachdem sie die fragwürdige „Bibi“-Szene zitierte. Unter dem Tweet ist eine große Diskussion entbrannt. „Ihr haltet ein patriarchales Gewaltsystem aufrecht, unter dem Menschen reales Leid erfahren“, schrieb dieselbe Nutzerin. Und: „Traut euch doch, euren frauenfeindlichen Idolen zu widersprechen.“

Rezo hat auf die Kritik reagiert und das Gespräch mit der Nutzerin gesucht. Er signalisierte Gesprächsbereitschaft, schrieb ihr zunächst privat und dann öffentlich: „Hier ist jemand, der dich und deine Sicht ernst nimmt und respektiert, aber auch eine eigene Sicht, eigene Beweggründe und eigene Argumente hat.“ Die Userin lehnte ab. Stattdessen forderte sie, das fragwürdige Video müsse gelöscht werden. Rezo schloss das aus: „Wenn du aus dieser Möglichkeit eines konstruktiven Austauschs gar nix machen wollen würdest und von mir nur erwarten würdest, dass ich null widerspreche, einfach nur nicke und meinen Content lösche, dann tut es mir sehr Leid.“

Der Youtuber hat mit seinen beiden Kanälen auf Youtube mittlerweile rund 2,8 Millionen Abonnenten. Das Video, für das er nun kritisiert wird, ist auf seinem Zweitkanal „Rezo ja lol ey“ erschienen. Das erfolgreichste Video des Aacheners ist mit Abstand das über die CDU: Es wurde seit der Veröffentlichung am 18 Mai mehr als 16 Millionen Mal aufgerufen.

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