Social-Media-Kommissar der Polizei Hagen im Interview "Folgen von Kinderfotos im Netz sind nicht kontrollierbar"

Hagen · "Hören Sie bitte auf, Fotos Ihrer Kinder für jedermann sichtbar bei Facebook und Co zu posten!" Mit diesem Aufruf sorgt die Polizei Hagen auf ihrer Facebook-Seite gerade für viel Aufmerksamkeit. Aktuell hat der Beitrag schon mehr als sechs Millionen Menschen erreicht. Wir haben mit Social-Media-Kommissar Tino Schäfer telefoniert.

 Dieses Bild wurde bei Facebook sehr oft geteilt.

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Foto: Facebook/Polizei NRW Hagen

Herr Schäfer, Ihr Post wurde mehr als 100.000 Mal geteilt. Herzlichen Glückwunsch zu diesem Viralerfolg!

Tino Schäfer Danke. Wir finden natürlich gut, dass unsere Botschaft viele Menschen erreicht hat. Mit unserem Post "Keine Angst vor der Polizei" haben wir schon mal eine ähnliche Reichweite erzielt. Wir wollen mit unseren Postings zum Nachdenken anregen.

Und Sie übernehmen dabei die Rolle als Social-Media-Kommissar?

Schäfer Das kann man sagen, wobei ich "Social-Media-Kommissar" in Anführungszeichen setzen würde. Ich bin Teil der Pressestelle. Wir machen das neben unserer täglichen Arbeit und posten Ereignisse, die unmittelbar unser Hauptkommissariat betreffen. Aber auch allgemeine Sachen, die darüber hinaus gehen. Winterreifen sind ein Thema, der verantwortungsbewusste Umgang mit Kinderfotos auch.

 Diese Warnung stellte die Hagener Polizei ins Netz. Zum Lesen bitte auf den Button "Vergrößern" klicken.

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Foto: Facebook

Sie kritisieren, dass manche Eltern Bilder von ihren Kindern bei Facebook veröffentlichen. Gibt es für dieses Thema einen konkreten Anlass?

 "Social-Media"-Kommissar Tino Schäfer.

"Social-Media"-Kommissar Tino Schäfer.

Foto: Polizei Hagen

Schäfer Nein, den gibt es nicht. Das ist mir persönlich aufgefallen. Meine Kollegen und ich sind auch privat viel im Netz unterwegs und beobachten viel. Mittlerweile wird ja wirklich jede private Situation gepostet: Die Kinder beim Fahrrad fahren, die Kinder in der Badewanne, die Kinder am Strand. Das schwirrte mir schon seit Wochen im Kopf rum, und gestern habe ich es dann gepostet.

Und mittlerweile schon mehr als sechs Millionen Menschen mit ihrer Botschaft erreicht. Warum sollten die Menschen denn keine Kinderfotos posten?

Schäfer Das Internet vergisst nichts. Wenn die Bilder in ein paar Jahren auftauchen, könnte das Kind vielleicht gemobbt werden. Auch Pädophile nutzen das. Sie schauen sich die Bilder an oder laden sie auf anderen Seiten hoch. Früher hat man die Bilder seiner Kinder ja auch nicht von außen ans Haus geklebt. Die Folgen von Kinderfotos im Netz sind nicht kontrollierbar.

Facebook selbst ist auch nicht unbedingt kontrollierbar. Wie stehen Sie zu dem Netzwerk?

Schäfer Mit unserer Seite Polizei NRW Hagen haben wir die größte Fanbase in ganz NRW — sogar noch vor den Großbehörden wie Köln. Wir nutzen das für verschiedene Bereiche und behandeln auf unserer Seite das gesamte polizeiliche Spektrum. Wir hatten mit Hilfe von Facebook auch schon mehrere Fahndungserfolge. Die Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, sind also durchweg positiv. Es ist selten vorgekommen, dass wir Kommentare löschen mussten. Das Label Polizei funktioniert offenbar auch im Netz.

Vor allem funktioniert es anders: Ihre Posts sind längst nicht so langweilig wie ihre Pressemitteilungen.

Schäfer In sozialen Netzwerken läuft vieles über Emotionen — damit arbeiten wir auch. Bei Facebook greifen ganz andere Mechanismen, eine steife Pressemitteilung würde nichts bringen. Aber es stimmt: Wir machen es anders, als man es eigentlich von der Polizei kennt.

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