Petitions-Plattform Change.org droht Entzug der Gemeinnützigkeit

Berlin · Nach mehreren Vereinen droht auch der deutschlandweit größten Kampagnenplattform Change.org die Aberkennung der Gemeinnützigkeit. Die Plattform will sich gegen den drohenden Entzug mit juristischen Mitteln wehren.

Petitions-Plattform Change.org droht Entzug der Gemeinnützigkeit
Foto: dpa/Bernd Wüstneck

Das bestätigte Change.org-Vorstand Gregor Hackmack am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zuerst hatte das Nachrichtenportal „Spiegel-Online“ darüber berichtet.

Hackmack zufolge hat das Berliner Finanzamt der Kampagnenplattform die drohende Aberkennung mitgeteilt. Es fehle nur noch die Unterschrift der zuständigen Senatsfinanzverwaltung. Erst Ende November war bekannt geworden, dass das Berliner Finanzamt auch der Bundesvereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) die Gemeinnützigkeit entzogen hatte. Die Entscheidung war auf scharfe Kritik gestoßen. Unter anderem hatte das Internationale Auschwitz Komitee den Beschluss als „töricht und skandalös“ bezeichnet.

Wie Hackmack betonte, darf Change.org bereits seit Ende Oktober keine steuerabzugsfähigen Spendenbescheinigungen mehr ausstellen. Mit der Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Kampagnenplattform drohe „ein weiterer Schlag gegen die aktive Zivilgesellschaft und damit die demokratische Kultur in Deutschland“.

Demnach begründet das Berliner Finanzamt die drohende Aberkennung damit, dass die Petitionsstarter Einzelinteressen verfolgten. Als Beispiel seien Kampagnen zur Bürgerklage gegen das Handelsabkommen CETA oder die Petition der Mutter eines Loveparade-Opfers, mit der Forderung der strafrechtlichen Aufarbeitung der Loveparade-Katastrophe, angeführt. Beide Petitionen seien jeweils von mehr als 300.000 Menschen unterstützt worden, betonte Hackmack: „Die Anliegen berühren ganz offensichtlich Fragen des Allgemeinwohls - auch wenn natürlich stets eine Einzelperson die Initiative ergreifen muss, eine Petition zu starten.“

„Wir werden uns daher mit allen uns möglichen Mitteln gegen die juristisch fragwürdigen Begründungen des Berliner Finanzamts wehren“, sagte Hackmack weiter. Das Finanzamt verkenne, dass die Plattform die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens durch die Ausübung und Wahrnehmung eines zentralen Grundrechts ermöglicht. Change.org werde rechtlich von der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. unterstützt, die sich mit gerichtlichen Verfahren für Grund- und Menschenrechte einsetzt.

In den vergangenen Wochen und Monaten war bereits anderen bekannten Vereinen von Finanzämtern die Gemeinnützigkeit aberkannt worden, darunter die Globalisierungskritiker von Attac und auch die Kampagnenplattform Campact. Change.org erklärte sich solidarisch mit den betroffenen Vereinen und Initiativen. „Gemeinsam fordern wir ein modernes und zeitgemäßes Gemeinnützigkeitsrecht“, erklärte Hackmack.

Change.org ermöglicht es nach eigenem Angaben jeder Person, eine Petition zu starten und zu unterzeichnen. Damit fördere der Verein die Wahrnehmung demokratischer Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte von Millionen von Bürgern. So habe die Plattform 2018 über 6 Millionen registrierte Nutzer gehabt. Es seien 12.027 Petitionen gestartet und insgesamt 21.128.264 Unterschriften geleistet worden.

(felt/epd)
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