Telekom-Studie Kollege Roboter, übernehmen Sie!

Düsseldorf/Bonn · Einer Telekom-Studie zufolge stellt bald jede zweite Firma mit mehr als 100 Mitarbeitern intelligente Maschinen ein. Damit droht Arbeitsplatzabbau über alle Branchen hinweg. Ein Manager meint: Wir brauchen mehr Umschulungen.

Telekom-Studie: Kollege Roboter, übernehmen Sie!
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Könnte in einigen Jahren ein besonders schlauer Roboter Vorstand der Deutschen Telekom werden und dann die besten Vorschläge machen? Auf diese Frage eines Technikers reagiert Telekom-Personalvorstand Christian Illek halb verblüfft, dann doch geschickt: "Natürlich könnte ein solcher Roboter viele Dinge hervorragend analysieren. Aber wir teilen beim Diskutieren oft so schnell und auch emotional die Argumente aus, dass auch der tollste Roboter nicht mitkäme."

Der Siegeszug von künstlicher Intelligenz und von Robotern ist wohl der wichtigste Trend der internationalen Wirtschaft. Das bestätigte sich gestern, als Illek vor rund 400 Mitarbeitern in Bonn zum Thema sprach - europaweit waren 1500 Kollegen per Videodienst Periscope zugeschaltet. Dies zeigte sich auch jüngst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Und während Ex-Bauunternehmer Donald Trump als US-Präsident laufend preisgibt, dass er kein Interesse für technische Trends hat, schaffen viele US-Konzerne Fakten.

Apple, Google und Amazon sind mit ihren Sprachassistenten Siri, Google Now und Echo einige der wichtigsten Vorreiter beim Einsatz künstlicher Intelligenz. Umgekehrt spielen deutsche Konzerne und Mittelständler eine große Rolle beim Vernetzen von Maschinen und künftig Autos unter anderem mit Hilfe von künstlicher Intelligenz sowie von Mobilfunknetzen.

Künstliche Intelligenz lässt sich dabei grob beschreiben als immer schnellere Rechensysteme, die sich mit Hilfe gesammelter Informationen selbst immer weiter entwickeln und immer mehr Vorgänge ohne menschliches Zutun regeln.

Wohin die Reise geht, zeigt eine Studie, die Telekom-Mann Illek erstmals vorstellte: Aktuell setzen erst 21 Prozent der großen Unternehmen intelligente Maschinen ein. Aber weitere 31 Prozent planen dies. In zehn Jahren erwarten 85 Prozent der Manager, dass ihr Unternehmen auf digital vernetzte Roboter setzen wird. Dies ergab eine Befragung von 1000 Führungskräften von Firmen mit jeweils mindestens 100 Beschäftigten durch TNS Infratest für die Telekom.

Interessant ist, in welchen Bereichen die Manager Roboter einsetzen würden: "Voll und ganz" würden 72 Prozent den schlauen Maschinen vertrauen, wenn diese in der Produktion eine größere Rolle spielen - da steht also sicher die nächste Rationisierungswelle an.

Nur 40 Prozent der Befragten würden autonom fahrenden Autos komplett vertrauen. Also muss die Branche wohl noch einige Überzeugungsarbeit leisten, bevor 2020 oder 2025 immer mehr Autos ohne Fahrer navigieren können.

In der Alten- und Krankenpflege halte nur ein Drittel der Befragten einen Einsatz von Robotern für unproblematisch - auch Telekom-Mann Illek zeigt seine Bedenken: "Manuelle, komplexe Aufgaben werden sicher weiter eher von Menschen erledigt, beispielsweise beim Friseur. Und überall, wo Gefühle eine Rolle spielen, können uns Roboter auch nicht helfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Roboter einen Therapeuten ersetzt."

Im Service von Unternehmen ist dagegen mit einem massenhaften Einsatz intelligenter Maschinen und Computer zu rechnen. In der Studie meinen 42 Prozent der Manager, sie würden solchen automatisierten Hotlines oder einem digital gesteuerten Kundendienst völlig vertrauen, weitere 34 Prozent sehen zumindest einige Möglichkeiten.

Was möglich ist, zeigt der von der Telekom-Tochter T-Mobile Austria eingesetzte Chatbot Tinka (T-Mobiles Interaktiver Assistent). Auf bis zu 1500 Fragen von Kunden hat die Suchmaschine Antworten eingespeichert. Dabei wird Tinka immer schlauer: So unterstützt das System anrufende Kunden dabei, ein W-Lan aufzubauen. Oder Tinka erklärt Kunden, wie diese eine Sim-Karte in ihr Smartphone einlegen. Als nächstes Ziel nannte ein Manager in Bonn, dass das System die Stimme der Kunden erkennen soll. "Dann weiß Tinka direkt, wer anruft und welches Anliegen er vielleicht hat", heißt es. Dabei wurde angekündigt, das System nach Deutschland zu exportieren.

Klar, dass die Telekom nur einer der NRW-Konzerne ist, die massiv auf schnelle weitere Digitalisierung setzen. So haben Bayer, Eon, Henkel oder Metro entsprechende Aktivitäten angekündigt.

Manche Studien sagen, dass wohl viele Millionen Jobs durch die neue Automatisierungswelle wegfallen. Auch darum unterstützt Telekom-Chef Tim Höttges die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens für die dann vielen Arbeitslosen. Sein Personalvorstand Illek setzt eher andere Akzente: "Wir kennen die Zukunft nicht, aber ich bin Optimist. Viele Jobs werden wegfallen, aber wir werden auch viele neue Aufgaben haben. Darum müssen wir die Mitarbeiter fit machen für diese neuen Möglichkeiten und damit schon jetzt anfangen."

(RP)
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