Forderung deutscher Top-Juristen Facebook-Daten sollen den Usern gehören

Essen · Vorschläge für den Juristentag: Nutzer sollen Daten mitnehmen dürfen, die Zugangskontrolle für Jugendliche soll rigide sein.

So klappt die Abmeldung bei Facebook - Konto löschen
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Ab Dienstag kommen in Essen die Spitzen der Justiz aus Kanzleien, Wissenschaft, Staat und Unternehmen zum 71. deutschen Juristentag zusammen.

Als einen Schwerpunkt wird die Zunft diskutieren, wie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) fortentwickelt werden soll, damit dadurch auch die digitale Welt geregelt wird. Einige Vorschläge lesen sich wie eine Kampfansage an die Digitalkonzerne.

Zumindest NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) findet das gut: "Ich begrüße diese Diskussion. Das BGB muss reformiert werden. Unsere digitale Welt passt nicht mehr mit dem analogen Recht zusammen."

Datenrückgabe

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Das ist Facebook Live

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Foto: Facebook

Am meisten könnten sich Facebook, Twitter und andere Netzwerke über das Konzept ärgern, dass das BGB Daten als Eigentum der Nutzer einschätzt.

Die Nutzer stellten den Internetkonzernen diese Daten wie beispielsweise Fotos, Videos oder ihre "Timeline" zwar zeitweise zur Verfügung, doch nach einer Kündigung des Vertrages sollten die Daten von den Nutzern uneingeschränkt mitgenommen werden können - beispielsweise zu einem anderen Netzwerk.

Dies schlägt der Hamburger Zivilrechtler Florian Faust vor. Faust: "Wir brauchen die gesetzliche Pflicht zur Rückgewähr der Daten." Der Anwalt Michael Bartsch aus Karlsruhe sieht das ähnlich: "Bei Vertragsende sind alle Daten zu überlassen."

Jugendschutz

Die meisten Rechtsexperten meinen, dass die Eingabe von Daten juristisch gesehen die Bezahlung dafür ist, einen Dienst wie Facebook, Twitter oder WhatsApp zu nutzen; die sozialen Dienste machen mit diesen Infos dann idealerweise Geld, indem sie passende Werbung einblenden.

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Foto: afp, JOHN MACDOUGALL

Der Abschied von der Fiktion, dass soziale Netzwerke kostenlos sind, hat nun aber für Facebook und Co. eine juristisch unangenehme Folge, so Faust: "Minderjährige dürfen laut deutschem Recht nur Verträge schließen, bei denen alle Vorteile bei ihnen liegen. Da aber die Abgabe von Daten auch Nachteile haben kann, müssen die Eltern solchen Vereinbarungen künftig zustimmen."

Schadenersatz

Faust schlägt vor, dass Online-Firmen verpflichtet werden, Daten ihrer Nutzer zu schützen. Wer sie gezielt knacke, solle dafür wie bei der Computersabotage verurteilt werden.

Gleichzeitig sollten alle Unternehmen, die mit Daten umgehen, zu hoher Sorgfalt verpflichtet werden. Und wenn Daten wie beispielsweise Kreditkartennummern dann doch gestohlen werden, kann das teuer werden. Faust: "Jede fahrlässige Verletzung der Pflicht zum Datenschutz würde Schadenersatzanspruch auslösen."

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Foto: dpa, Jessica Binsch

Arbeitsrecht

Beim Juristentag soll auch diskutiert werden, wie sich die Regeln zum Arbeitsleben wegen der Digitalisierung ändern müssen. Weitgehende Vorschläge wird Gutachter Rüdiger Krause, ein Juraprofessor aus Göttingen, vorlegen.

So sollte die gesetzlich vorgeschriebene minimale Ruhezeit zwischen Arbeitstagen von elf auf neun Stunden an vielen Tagen gesenkt werden. Der Grund: Es kommt oft vor, dass abends noch einige Mails geschrieben werden - aber das ist weniger anstrengende Arbeit als Präsenz im Büro.

Im Gegenzug macht er einen Vorschlag, der vielen Beschäftigten gefallen wird: Arbeitnehmer sollten das Recht auf Telearbeit bekommen, "sofern nicht betriebliche Gründe" dagegen stehen.

Ablauf Die Gutachten sind beim Juristentag Grundlage für die Diskussion der Fachgruppen. Daraus werden dann Empfehlungen des Kongresses destilliert, die am Freitag per Abstimmung festgelegt werden.

(RP)
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