Verfilmte Amazon-Kundenrezension Wenn ein Elektro-Grill das eigene Leben zerstört

Kempen · Eine fiktive Geschichte um einen Elektrogrill wird in diesen Tagen zum Hit im Netz. Vor Jahren erzählte sie ein Blogger in einer bizarr-witzigen Amazon-Kundenrezension über das Gerät. Filmemacher aus Kempen haben das Werk verfilmt - und werden nun gefeiert. Wir haben mit einem der Macher gesprochen.

 Schauspieler Lutz Scheffer als "Karsten" im Kurzfilm "520015".

Schauspieler Lutz Scheffer als "Karsten" im Kurzfilm "520015".

Foto: Screenshot / Youtube/Kurzfilm

"Ich ertappte mich immer wieder dabei, wie ich kurz meine Handfläche auf das heiße Rost presste. Ich genoss es irgendwie, es erregte mich." Zwei Sätze aus einer der wohl bekanntesten deutschen Amazon-Kundenrezensionen, veröffentlicht im März 2012 vom Nutzer "Karsten". Autor ist, wie mittlerweile klar ist, der Blogger Christian Brandes alias Schlecky Silberstein. "Karsten" erzählt in seiner Rezension, wie er dem Elektrogrill 520015 von AEG komplett verfällt, wie er sogar seine Frau verliert. Höchst bizarr, urkomisch, und jetzt Grundlage für den Kurzfilm "520015".

Die Macher sind zwei junge Männer aus Kempen: Martin Mayntz (Adaption) und Patrick Saleh-Zaki (Regie). Der Kurzfilm war die Bachelor-Arbeit von Martin Mayntz (29), der an der Hochschule Niederrhein in Krefeld Kommunikationsdesign studiert hat. Im Dezember 2013 wurde der Film im Rahmen der Bachelor-Präsentation erstmals gezeigt, danach lief er auf Festivals und durfte deshalb noch nicht veröffentlicht werden. Jetzt haben die beiden den Streifen aber auch auf Youtube hochgeladen. So gelangt er zu neuer Berühmtheit, als "erste verfilmte Amazon-Kundenrezension der Welt".

Herr Mayntz, wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Video über diese bizarre Amazon-Kundenrezension zu Ihrer Bachelor-Arbeit zu machen?

Martin Mayntz: Schon vor meinem Studium habe ich ein Volontariat bei einer Fernsehproduktionsfirma gemacht, gemeinsam mit Patrick Saleh-Zaki. Auch ansonsten haben wir viel zusammengearbeitet. Als wir dann diese Rezension bei Schlecky Silberstein gesehen haben, war schnell klar, dass wir daraus etwas machen müssen. Erst dachten wir, das als kleineres Projekt umzusetzen. Dann haben wir aber sehr bald in Szenen gedacht, haben ein Storyboard ausgearbeitet, und so wurde klar, dass das eine größere Nummer wird. Mein Stiefvater hat uns für die 180-Grad-Kameradrehungen sogar einen eigenen Kran gebaut.

Der Kurzfilm ist elf Minuten lang, mit vielen unterschiedlichen auch aufwändigen Szenen. Wie lange haben Sie dafür gedreht?

Mayntz: Insgesamt eine Woche, in Kempen und in Köln. Alle haben für lau gearbeitet, nur die Anfahrtskosten haben wir bezahlt. Trotzdem waren alle mit Feuereifer dabei und das Budget lag gerade einmal bei drei- bis viertausend Euro. Drei Grills hat AEG beigesteuert. Das Haus haben wir von Norma Eirmbter, der Ausstatterin, gratis zur Verfügung gestellt bekommen. Der Kern des Teams mit Patrick (Regie), Timo Seidel (Kamera), Norma und mir war dann immer vor Ort und mit dem Aufstehen direkt am Drehort. So haben wir eine Woche intensiv gearbeitet - aber wir hatten auch viel Spaß.

Das Spannende ist ja: Sie wussten damals noch gar nicht, dass der Blogger Schlecky Silberstein die von Ihnen verfilmte Kundenrezension über den Grill geschrieben hat. Das ist erst jetzt herausgekommen, nachdem der Film auf Youtube gelandet ist. Bislang dachten Sie, er habe den Text nur verbreitet.

Mayntz: Das war sehr witzig, ja. Wir haben den Film vergangene Woche hochgeladen, und den ersten Link dazu, den wir verschickt haben, ging an Schlecky Silberstein, weil wir durch ihn ja erst auf den Text gestoßen waren. Und er hat dazu dann nur gesagt: "Ach wie geil, das ist ja mein Text". Bis zu diesem Zeitpunkt hatte keiner vom anderen gewusst.

Welche Reaktionen bekommen Sie ansonsten auf Ihren Kurzfilm?

Mayntz: Durchweg positive. Beim Kurzfilmfestival in Leipzig haben wir den zweiten Platz belegt. Da saßen 300 bis 400 Leute in einem Saal und haben sich kaputt gelacht. Das ist natürlich das schönste Feedback, was man bekommen kann: Lachen. Auch jetzt auf Youtube gibt es eigentlich nur positive Kommentare, von "Wie geil ist das denn" bis "Ihr habt doch einen Knall".

Wie geht es jetzt weiter für Sie?

Mayntz: Patrick Saleh-Zaki und ich arbeiten derzeit als Cutter bei der Daily-Soap "Alles was zählt" auf RTL. Nach Feierabend und am Wochenende schreiben wir aber auch an einer eigenen Serie für Youtube. Der Plan sieht vor, dass wir dieses Jahr noch den Pilotfilm drehen.

(hebu)
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