Künstliche Intelligenz So kann man plötzlich über zehn Sprachen fließend sprechen
Düsseldorf · Ein neues KI-Tool lässt Nutzer im Handumdrehen über zehn Sprachen sprechen, zumindest in Videos. Was „HeyGen“ kann und wie gut die Anwendung wirklich ist, lesen Sie hier.
Sprachen nicht mehr lernen müssen, sondern sie umgehend beherrschen können. Sich mit allen Menschen dieser Erde in ihrer Muttersprache unterhalten können, überall auf der Welt verstanden werden. Das ist sicherlich ein Traum vieler, klingt allerdings zu schön, um wahr zu sein. Oder? Allzu unrealistisch erscheint dieser Traum nicht mehr. In einer Zeit, in der nahezu jede Woche eine neue KI-Anwendung auf den Markt kommt, macht aktuell „HeyGen“ auf sich aufmerksam, weil das Unternehmen alle seine Nutzer mit einem Mal fließend Englisch, Spanisch oder Portugiesisch sprechen lässt.
Auf „X“ (ehemals Twitter) gehen seit wenigen Tagen einige Videos viral, in denen Nutzer zwischen verschiedenen Sprachen hin und her wechseln und diese scheinbar nahezu fließend beherrschen. Den Anfang machte Tech-Influencer „Jon Finger“. Möglich macht das die Künstliche Intelligenz namens „HeyGen“. Das gleichnamige Start-up, das die Anwendung entwickelt hat, wurde 2020 in Kalifornien gegründet. Das Tool übersetzt auf Knopfdruck das gesprochene Wort in Videos in verschiedene Sprachen und passt sogar die Lippenbewegungen des Sprechers auf die neue Sprache an. Erst beim zweiten oder dritten Hinsehen fällt auf, dass die Formulierungen manchmal etwas ungewöhnlich oder holperig klingen und die Lippenbewegungen in wenigen Momenten nicht exakt zum gesprochenen Wort passen.
Zurzeit können Nutzer eine kostenlose Beta-Version des Programms nutzen. Zwei kostenlose Uploads mit einer Länge von 30 Sekunden bis zu fünf Minuten sind derzeit möglich, allerdings beträgt die Wartezeit auf das fertige Ergebnis aktuell mehrere Tage. Mit einem kostenpflichtigen Abonnement (ab 29 Euro) steht das fertige Video nach wenigen Minuten bereit, auch ist der Upload von mehr als zwei Videos möglich. Zum aktuellen Zeitpunkt lassen sich die hochgeladenen Videos in über zehn Sprachen übersetzten, darunter Japanisch, Hindi, Türkisch und Spanisch. Weitere Sprachen wurden bereits für die nächsten Wochen angekündigt.
Um herauszufinden, wie ausgereift und nützlich „HeyGen“ wirklich ist, hat „ZEIT Online“ das Programm getestet. Das Ergebnis: An manchen Stellen wirke die Übersetzung etwas holperig oder die Formulierungen ungewöhnlich. Im Englischen habe die Testperson allerdings einen authentischen deutschen Akzent. Die französische, spanische und italienische Übersetzung sei gut übersetzt, die Lippenbewegungen würden in manchen Momenten nicht zum Gesprochenen passen. Bei der Formulierung „Ich glaube, mein Schwein pfeift“ geriet das Programm an seine Grenzen, übersetzte wörtlich oder ließ das Sprichwort ganz weg.
Im Großen und Ganzen mögen die Videos auf den ersten Blick täuschend echt wirken, bei genauerem Hinsehen fallen jedoch Ungereimtheiten auf. Für Erklärvideos, in denen der Inhalt exakt übersetzt werden muss, kann „HeyGen“ bereits heute sehr nützlich sein. Vor allem aber macht die KI-Anwendung das große Potenzial deutlich, das in dem Start-up und in der ganzen Branche steckt.