Motorola-Deal und die Folgen Google will kein zweites Apple werden

(RP). Mit der Übernahme des Mobilfunkkonzerns für 12,5 Milliarden US-Dollar sichert sich der Internetriese wichtige Patente, um das Geschäft mit dem Handy-Betriebssystem Android auszubauen. Und wird damit zum Apple-Rivalen. Zu einem zweiten Apple will der Internet-Gigant aber nicht werden. Android soll ein offenes Betriebssystem bleiben, verspricht der Google-Chef.

Nur wenige Monate nach seiner Rückkehr an die Konzernspitze holt Google-Chef Larry Page zum ganz großen Schlag aus: Statt wie bislang von Marktbeobachtern vermutet, um Motorola-Patente zu feilschen, kauft Google-Gründer Page die ganze Mobilfunk-Sparte des US-Handyherstellers Motorola Mobility (MMI).

Teuerster Zukauf der Geschichte

Mit dem teuersten Zukauf in der Unternehmensgeschichte – umgerechnet 8,7 Milliarden Euro – könnte Google sein von Patentklagen bedrängtes Smartphone-Betriebssystem Android stärken und zu Apples großem Konkurrenten werden. Eigene Handys können auf den Markt kommen, die kostenlos verteilte Software Android für Smartphones dank Technikwissen von Motorola besser werden.

Page äußerte sich nach Bekanntwerden der Übernahmepläne enthusiastisch: "Zusammen werden wir einzigartige Nutzer-Erfahrungen ermöglichen, die dem gesamten Android-Ökosystem im Interesse unserer Kunden, Partner und Entwickler einen Schub geben werden."

"Keine Veränderungen bei Android"

Page stellte noch einmal klar, dass es "keine Veränderungen dahingehend geben wird, wie wir Android betreiben." Ziel des Kaufs von Google sei es, Android als offenes Betriebssystem zu erhalten. Beobachter werten gerade diese Offenheit als große Stärke von Android.

Vor allem deshalb sei es der Software gelungen, mit über 43 Prozent Marktanteil den Smartphone-Markt zu dominieren. Apple hingegen handelt in Sachen Betriebssysteme streng proprietär. Das heisst, der Konzern setzt "unfreie" Software ein und achtet peinlich genau auf seine Urheberrechte.

Experten vermuten, dass sich Page mit dem Kauf vor allem die mehr als 17 000 Mobilfunkpatente des Mobilfunk-Pioniers Motorola sichern will, der 1983 zwar das erste Handy der Welt auf den Markt gebracht hatte, in den vergangenen Jahren aber in Schieflage geraten war. Denn drei Jahre nach dem Debüt hat Google mit dem Betriebssystem Android nach Angaben des Marktforschers Gartner zwar schon einen Marktanteil von 43 Prozent (2010: 17 Prozent).

Späteinsteiger auf dem Handymarkt

Doch als Späteinsteiger in dem Mobilfunk-Markt hat Google bislang nur wenige einschlägige Patente, um sein System im zukunftsträchtigen und zurzeit von Apples iPhone dominierten Markt für Alleskönner-Handys weiter auszubauen. Der Versuch, Patente des insolventen Mobilfunkausrüsters Nortel zu sichern, scheiterte jüngst: Page musste dem von Apple und Microsoft organisierten Konsortium den Vortritt lassen.

Zudem waren Google-Vorstandsvorsitzender Larry Page und Andy Rubin, Leiter der Android-Entwicklung bei Google, zuletzt in die Defensive geraten. Denn Android ist zur Zeit einer ganzen Reihe von Patentklagen von Konkurrenten ausgesetzt. So verklagen Wettbewerber wie Apple und Microsoft Unternehmen, die das Google-System einsetzen, weil Android gegen ihre Patente verstoße.

Java-Software

Auch mit dem Software-Riesen Oracle muss sich Google zurzeit vor Gericht auseinandersetzen. Oracle wirft dem Internetriesen konkret vor, bei der Entwicklung von Android wissentlich Patent- und Urheberrechte seiner Java-Software verletzt zu haben und verlangt dafür eine Entschädigung in Höhe von 2,6 Milliarden US-Dollar.

Bis Google Zugriff auf MMI erhält, könnte ohnehin noch einige Zeit vergehen. Zwar erwarten beide Unternehmen, dass die Übernahme bis Ende dieses Jahres oder Anfang 2012 abgeschlossen werden kann. Allerdings dürfte der Deal von den Kartellbehörden genau unter die Lupe genommen werden.

(RP)
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