Öffentliche Lohntabelle Über Geld spricht man nicht - auch nicht bei Google

Mountain View · Bei Google waren Gehälter ein Tabu-Thema – bis jetzt. Mitarbeiterin Erica Baker hat ihre Kollegen eingeladen, die geheimen Gehälter in einer öffentlichen Tabelle einzutragen. Der interne Lohncheck sorgte für Jubel bei den neugierigen Mitarbeitern, von den Chefs gab es Stress.

 Eine Gehaltsliste von Mitarbeitern hat für Wirbel gesorgt.

Eine Gehaltsliste von Mitarbeitern hat für Wirbel gesorgt.

Foto: dpa

Bei Google waren Gehälter ein Tabu-Thema — bis jetzt. Mitarbeiterin Erica Baker hat ihre Kollegen eingeladen, die geheimen Gehälter in einer öffentlichen Tabelle einzutragen. Der interne Lohncheck sorgte für Jubel bei den neugierigen Mitarbeitern, von den Chefs gab es Stress.

Im Fokus: Mehrere gelangweilte Google-Mitarbeiter, eine mehrspaltige Tabelle und viel Wirbel. Das Ergebnis: Eine Grundsatzdebatte über faire Bezahlung. Aber der Reihe nach. Google-Mitarbeiterin Erica Baker hat diese Story jetzt auf Twitter dokumentiert.

In mehreren Tweets erzählte sie die Geschichte, die es in sich hat: An einem Sonntagnachmittag diskutierte Baker mit Kollegen über Geld. Sie hatten genug davon, über die Gehaltschecks der anderen Google-Mitarbeiter zu mutmaßen. Nach dem Motto "Fragen kostet nichts" erstellten sie eine Tabelle mit mehreren Spalten, in der ihre Kollegen freiwillig die eigenen Daten eintragen konnten. "Das Dokument verbreitete sich wie ein Lauffeuer", twitterte Erica Baker über ihren Coup.

Unfaire Bezahlung kein Geheimnis

Dass es bei Google für gleiche Arbeit nicht unbedingt das gleiche Geld gibt, ist nichts Neues. Laszlo Bock, Personalchef des Unternehmens, gibt das in seinem Buch "Work Rules!" offen zu. Einsteiger verdienen teilweise wesentlich mehr, als gestandene Mitarbeiter, schreibt Bock. Bauchschmerzen macht das dem Google-Personalchef aber nicht. Top-Talente müsse man im Unternehmen halten — die überdurchschnittliche Bezahlung sei nur Mittel zum Zweck.

Wer als "Top-Talent" gilt und wer nicht, wurde bisher allerdings nie klar definiert. Es heißt auch, dass Google-Gehälter in erster Linie Verhandlungssache sind. Wer besonders selbstbewusst ist und am Verhandlungstisch strategisch klug agiert, hat am Ende unter Umständen mehr auf dem Konto, als zurückhaltende Kollegen mit geringem Durchsetzungsvermögen.

Erica Baker hat mit ihrem Vorstoß jedenfalls eine neue Debatte angestoßen. Von ihren Vorgesetzten gab es dafür eine Rüge. Während sich die Belegschaft dafür einsetzte, dass Baker einen sogenannten "Peer Bonus" von 150 Dollar erhalten sollte, verweigerte ihr Chef die Belohnung. Bakers weißer Kollege, der ebenfalls an der Aktion beteiligt war, hat das Extra dagegen kassiert. Sexismus? Rassismus? Vielleicht. Auf jeden Fall beweist diese Reaktion, dass Google ein gewaltiges Problem mit Transparenz hat.

Leistung nicht objektiv messbar

Dabei hätte das Tech-Unternehmen eigentlich genügend Argumente mit den Gehälter-Leaks offen umzugehen. Es ist zum Beispiel kaum möglich einen objektiven Maßstab für die Bezahlung der eigenen Mitarbeiter zu setzen.

In Indien werden vollkommen selbstverständlich andere Löhne gezahlt als in Deutschland. Außerdem sind Vergleiche schwierig, weil die Leistung der einzelnen Mitarbeiter nicht objektiv messbar ist. Ist das eigene Gehalt überdurchschnittlich hoch, könnten die Kollegen neidisch werden. Das sorgt für eine schlechte Stimmung und darunter leidet wiederum das Arbeitsklima und die Gesamtqualität. Ein Dilemma.

Große Gehaltsunterschiede auch in Deutschland

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Die Gehälterdebatte ist hier in Deutschland nicht neu, denn es gibt nach wie vor gravierende Unterschiede. Die Durchschnittslöhne von Männern liegen mehr als 20 Prozent über denen von Frauen. Eine so große Lücke gibt es in kaum einem anderen europäischen Land.

Für ihren mutigen Schritt verdient Erica Baker ohne jeden Zweifel Respekt. Ihren Job bei Google hat sie mittlerweile aufgegeben. Die Differenzen mit der Führungsebene waren einfach zu groß. Jetzt arbeitet Baker bei dem US-Startup Slack.

(RPO)
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