Gerüchte um Twitter-Übernahme Google auf der Suche nach einer neuen Identität

Düsseldorf · Kauft Google Twitter? Seit Monaten halten sich die Gerüchte. In dieser Woche verdichten diese sich noch einmal. Marketing-Experten bescheinigen Google, nicht gut für die Zukunft aufgestellt zu sein. Die goldenen Zeiten, in denen mit Suchmaschinen einfach viel Geld durch Werbung verdient werden konnte, sind vorbei. Die Menschen verbringen ihre Zeit in sozialen Netzwerken. Am Ende stellt sich gar die Frage: Wird Google etwa das neue Microsoft?

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Es ist nicht das erste Mal, dass es dieses Übernahmegerücht gibt. Der Internet-Konzern Google soll konkretes Interesse an dem sozialen Netzwerk Twitter haben. Auslöser ist ein ungewöhnlich hoher Kurssprung der Twitter-Aktie um vier Prozent am Dienstag gewesen. Ein Medium berichtete, Twitter hätte Goldman Sachs engagiert, um zwei mögliche Übernahmeversuche abzuwehren. Eines dieser Angebote soll von Google stammen. Alle Beteiligten lehnen einen Kommentar ab. Unabhängig vom Ausgang dieses Vorgangs, ist die Symbolik eindeutig: Google steht am Scheideweg. Während Facebook in den vergangenen Jahren seine Hausaufgaben gemacht und nach geschickten Zukäufen (wie die Foto-App Instagram oder den Instant-Messenger WhatsApp) von Branchen-Experten gelobt wird, fehlt eine ähnlich Zukunftsstrategie von Google.

"Der wirkliche Krieg findet im Geheimen zwischen Facebook und Google statt", erklärte Professor Scott Galloway bei einem Vortrag auf der DLD Conference im Januar in München. "Es geht um persönliche Kontakte. Facebook kann nicht nur auf seiner Plattform den Nutzern zugeschnittene Werbeanzeigen ausliefern, sondern auch auf den zugekauften Apps wie Instagram. Das ist ein lukratives Geschäft", so der Experte.

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Google habe diese Fähigkeit in dieser Form nur bei seinem eigenen E-Mail-Dienst Gmail und beim wenig genutzten sozialen Netzwerk Google+. Facebook hat im vergangenen Jahr Google überholt und steht mit 2,4 Milliarden Menschen in Kontakt, während Google konstant 2.2 Milliarden erreicht. Da der Werbemarkt gleich groß bleibt, verschiebt sich immer mehr Online-Werbung in Richtung Facebook. Für Google ist das ein Problem.

Selbst beim Thema Suche verliert Google an Boden. Pro Tag finden auf Google drei Milliarden Suchanfragen statt. Bereits eine Milliarde Suchanfragen laufen über Facebook. In den USA verbringen die Nutzer immer weniger Zeit auf den Angeboten von Suchmaschinen. Bereits seit 2012 muss Google die Preise für die Werbeanzeigen neben den Suchergebnissen deswegen senken. Insgesamt macht Google weniger Profit im Vergleich zu den Einnahmen. "Google+ ist auch bereits tot", so Galloway. "Die Interaktionen sind im vergangenen Jahr um 97 Prozent zurückgegangen", so der Fachmann.

Doch nicht nur mit dem eigenen sozialen Netzwerk tut sich Google schwer. Facebook greift derzeit die Google Video-Plattform Youtube erfolgreich an und das Prestigeprojekt mit der Datenbrille Google Glass liegt auch auf Eis.

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Jetzt liegt es an Google, seine Identität an das mobile Zeitalter anzupassen. Gelingt dies nicht, droht das Schicksal von Microsoft. Der ehemalige Monopolist im PC-Bereich steht zwar finanziell auf soliden Füßen, befindet sich aber seit Jahren in einer Identitätskrise und läuft Apple hinterher. Zumindest mit den Übernahmegerüchten von Twitter wiederholt sich für Google die Geschichte von Microsoft.

Microsoft versuchte im Jahr 2008 Yahoo zu kaufen, um Anschluss an Googles Dominanz im Suchmaschinengeschäft zu bekommen. Auch hier ging es um den Werbemarkt: Google wollte sich als Nummer drei die Nummer zwei im Suchmaschinen-Markt einverleiben, um ein attraktiveres Werbeumfeld bieten zu können. Am Ende scheiterte der Deal. Rückblickend ein Glücksfall für Microsoft. Nur wenige Monate später platzte der Börsenwert von Yahoo im Zuge der Finanzkrise.

Heute reicht es nicht mehr aus, die Nummer eins unter den Suchmaschinen zu sein. Heute dreht sich alles um soziale Netzwerke. Deswegen würde eine Übernahme von Twitter für Google Sinn machen. Die persönlichen Daten der mehr als 290 Millionen Nutzer sind für die Werbewelt wertvoll.

Dem stimmt auch Dan Niles, Portfoliomanager bei Alphaone Capital im Interview mit dem Wirtschaftssender CNBC, zu. "Google ist dabei, in der Kategorie 'soziale Netzwerke' unter die Räder zu kommen. Wer nutzt Google+? Das Netzwerk ist so gut wie tot. Wenn jemand wie Google sein Wachstum wiederbeleben möchte, macht es Sinn, sich Twitter anzuschauen."

Trotz der unklaren Zukunftsstrategie ist Google aber immer noch ein Riese. Laut Business Insider hat Google 2014 fast 70 Milliarden US-Dollar umgesetzt - soviel haben Medienunternehmen wie CBS, Viacom, Time Warner und die "New York Times" zusammen nicht verdient.

(dafi)
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