Umstrittene Pläne der Telekom EU will Internet-Drosselung erlauben

Brüssel · Die Brüsseler Wettbewerbshüterin Neelie Kroes möchte Pläne zur Regulierung vorstellen. Damit kommt sie Wirtschaftsminister Rösler in die Quere.

 Neelie Kroes hat vielen Unternehmern in der EU das Fürchten gelernt.

Neelie Kroes hat vielen Unternehmern in der EU das Fürchten gelernt.

Foto: EU-Kommission

Als oberste Brüsseler Wettbewerbshüterin hat Neelie Kroes Europas Konzerne das Fürchten gelehrt. "Nickel Neelie" wurde sie wegen ihrer harten Hand gegen Kartelle genannt. Auch in ihrer jetzigen Funktion als EU-Kommissarin für Digitales liebt sie markige Worte. Vor ein paar Wochen versprach sie vor dem Europaparlament, Netzneutralität gesetzlich zu sichern und Wettbewerbsbeschränkung durch die Drosselung von Inhalten im Netz zu stoppen. Im September will sie ihre Pläne präsentieren. Ein erster Entwurf liegt unserer Zeitung vor — und der spricht eine andere Sprache. "Inhalteanbieter und Telekommunikationsprovider sind frei, miteinander Vereinbarungen zum Umgang mit Volumentarifen und der Übertragung von Daten unterschiedlicher Qualität zu schließen", heißt es in Artikel 20 des Papiers.

Das bedeutet: Inhalteanbieter wie Google könnten mit Betreibern wie der Deutschen Telekom vereinbaren, dass Google-Daten im Netz extra schnell befördert werden. Einzige Bedingung der Kommission: Die Kunden müssen über die Begrenzungen informiert werden.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat das populäre Thema im Wahlkampf für sich entdeckt, plant selbst schärfere nationale Regeln. "Das, was wir gesehen haben, reicht uns in Bezug auf die Gewährleistung der Netzneutralität nicht aus", wetterte er.

Die Niederländerin spricht sich im Entwurf lediglich dafür aus, dass "innerhalb der vertraglich vereinbarten Grenzen für Datenvolumen und Bandbreiten, spezifische Dienste oder Serviceklassen nicht blockiert, verlangsamt oder herabstuft werden sollten. "Die Netzneutralität von Neelie Kroes besteht daraus, dass man lediglich etwas größer in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen reinschreibt, wenn Dienste geblockt oder gedrosselt werden", kritisiert Markus Beckendahl, Experte vom Portal "Netzpolitik.org". Der justizpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Jan Albrecht, wirft Kroes vor, sie erlaube Telekom und Co. die Aufteilung des Marktes.

Kroes wehrte sich gegen die Vorwürfe, gegenüber der Telekom-Lobby eingeknickt zu sein. Es handele sich nicht um einen endgültigen Entwurf, erklärte ein Sprecher. "Einiges an Spekulation ist voreilig."

(RP)
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