Hacker-Angriffe auf Nato und US-Behörde Der politische Krieg im Internet

Brüssel/Phoenix (RPO). Lahmgelegte Webseiten, gestohlene Kundendaten - es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein neuer Hackerangriff gemeldet wird. Nun soll es die Nato und das Amt für öffentliche Sicherheit im US-Staat Arizona erwischt haben. Besonders zwei Gruppen machen sich derzeit mit ihren Attacken einen Namen: Anonymous und Lulz Security. Und das dürfte erst der Anfang sein in einer immer digitaleren Welt.

Da muss den Mitarbeitern des Amtes für öffentliche Sicherheit in Arizona der Schreck in die Glieder gefahren sein. Mit einem Mal war alles auf einer Webseite nachzulesen: ihre persönlichen E-Mails, Telefonnummern oder auch ihre Adressen. Und das alles aufgrund eines Hackerangriffs von Lulz Security (auch LulzSec genannt). Die Aktion, so erklärte die Gruppe, sei ein Protest gegen das Vorgehen gegen illegale Einwanderer.

In der Nacht zu Samstag sollen private Daten des ehemaligen britischen Premiers Tony Blair veröffentlicht worden sein, meldet Spiegel-Online. Demnach haben Unbekannte im Internet knapp hundert Datensätzen, die angeblich aus einem digitalen Adressbuch Blairs stammen sollen, veröffentlicht.

Auch die Nato, die erst im November den Kampf gegen Cyber-Attacken zu einer Priorität erklärt hatte, scheint Opfer eines Hacker-Angriffs geworden zu sein. Allerdings soll dieser den E-Bookshop des Verteidigungsbündnisses betroffen haben, und der wird von einem externen Unternehmen betrieben. Dennoch lässt es sich nicht verleugnen: Angriffe auf große Unternehmen oder auch Regierungsbehörden nehmen immer mehr zu.

Unterstützung für Julian Assange

Ob Sony, Mastercard oder auch die CIA - sie alle sind in jüngster Zeit Opfer eines Hackerangriffs geworden. Und dahinter steckt nicht mehr nur der vermeintliche Spaß von Computer-Nerds, sondern oft politische Botschaften. Mastercard etwa musste dran glauben, weil sie die Spendengelder für die Enthüllungsplattform Wikileaks nicht freigegeben hatte. Derzeit sind es vor allem zwei Gruppen, die regelmäßig in die Schlagzeilen geraten.

Anonymous gibt es nun schon seit einigen Jahren. Anfangs hatten sie es vor allem auf Scientology abgesehen. Das "Projekt Chanology" wurde aus der Taufe gehoben, die Webseite von Scientology mehrmals lahmgelegt. Die Aggressivität, mit der Scientology Youtube-Videos mit Tom Cruise aus dem Netz habe entfernen wolle, sei der Grund für die Aktion gewesen, hieß es.

Dabei beließ es die lose Organisation, zu der rund 4000 Hacker gehören sollen, aber nicht. Mit der "Operation Payback" wollten sie für die Freiheit im Internet und vor allem für Wikileaks-Gründer Julian Assange kämpfen. Das Lahmlegen der Mastercard-Webseite war nur eine Folge.

Bei Anonymous gibt es aber unterschiedliche Richtungen, wie die US-Anthropologin Gabriella Coleman gegenüber dem "Stern" sagte. Die einen kämpften für Transparenz und gegen Zensur, die anderen hätten es vor allem darauf abgesehen, Spaß zu haben, Collagen und Satirezeichnungen auszutauschen.

Wurm Stuxnet Vorbote für Zukunft?

Die Häufung der jüngsten Hackerangriffe ist aber auf Luz Security zurückzuführen. Die Gruppe, von der nicht bekannt ist, wie viele Anhänger dahinter stecken, war beispielsweise für den Angriff auf Sony, bei der massenhaft Kundendaten gestohlen wurden, verantwortlich. Auch die jüngste Attacke auf die CIA wird der Gruppe zugeschrieben. Wie das Medienportal meedia.de schreibt, sei es dieser Gruppe anfangs nur um den Spaß am Hacken, dem Knacken der Sicherheitsmaßnahmen, gegangen.

Doch in einer Erklärung habe die Gruppe jüngst geschrieben, dass sie gegen die fortschreitenden Bemühungen von Regierungsseite vorgehen wollten, das Internet zu dominieren und zu kontrollieren. "Unser Ziel ist es, jegliche Art von geheimen Regierungsinformationen zu stehlen und zu verbreiten", zitiert das Portal aus der Erklärung. Auch heißt es, sie kämpften jetzt gemeinsam mit Anonymous gegen die Regierungen.

Die politische Dimension der Hacker-Angriffe hat inzwischen auch zahlreiche Regierungen auf den Plan gerufen. Denn noch sind es nur diese Gruppierungen, die etwa Konzern-Webseiten lahmlegen. Doch das Beispiel des Computer-Wurms Stuxnet auf die iranische Atomanlage Buschehr hat deutlich gemacht, dass das Netz immer mehr zu einem Politikum werden könnte. Mancher Politiker spricht schon vom Cyber-Krieg, der in Zukunft den realen ablösen könnte.

Der Europaabgeordnete Axel Voss (CDU) hatte kürzlich erklärt, dass allein das US-Verteidigungsministerium in einer Stunde 250.000 Hacker-Angriffe verzeichne. Um dieser Gefahr zu begegnen, hatte auch die Bundesregierung erst vor Kurzem ein Nationales Cyber-Abwehrzentrum eröffnet, um dieser Gefahr zu begegnen. Ob die Experten dort allerdings Schritt halten können mit der rasanten Entwicklung im Netz, ist fraglich.

(mit Agenturmaterial)
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