Ehrgeiziges Bauvorhaben Der Kölner Dom entsteht in Second Life

Köln (RP). Noch haben die Säulen keine Sockel, und auch den Kapitälchen fehlt die Zier. Doch das Gefühl der Erhabenheit stellt sich schon ein, wenn ein kleiner Avatar zwischen den ins Unendliche strebenden Säulen des Kölner Doms umherspaziert.

Der Kölner Dom entsteht in Second Life
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Foto: Virtuelles Köln/Seminal Considerations GmbH

Avatar? Das sind die Bewohner des Second Life, einer Welt im Internet, die virtuell nachbaut, wie es bei den realen Menschen zugeht. Im Second Life gibt es Häuser, Schulen, Diskotheken ­ und bald auch den Kölner Dom. Techniker des Unternehmens Seminal Considerations wollen Maßstäbe setzen in der virtuellen Baukunst und haben sich dazu eines der imposantesten Bauwerke der Menschheit ausgesucht. Bis ins Detail originalgetreu wollen sie den Kölner Dom aus Internetbauelementen ­ sogenannten Prints ­ zusammensetzen.

Noch trifft man im Internet auf geschlossene Pforten. Doch werden jede Woche fünf neue Bilder von der Baustelle präsentiert: Den Bau der Säulen kann man dort erkennen, die Gestaltung der Kirchenfenster, auch den Grundriss, auf dem das künstliche Gotteshaus errichtet wird. Das Unternehmen arbeitet mit der Dombauverwaltung zusammen, hat jetzt auch Grundrisspläne bekommen, die den Bau beschleunigen werden. Trotzdem ist man nervös, ob der Eröffnungstermin im August zu halten sein wird.

Natürlich steckt hinter dem Projekt nicht nur neuzeitlicher Baueifer, sondern auch eine Geschäftsidee. Der Dom wird nur zentraler Punkt einer virtuellen Stadt Köln sein ­ und als beeindruckende Programmierungsleistung wohl auch ein Publikumsmagnet im Internet. Das lässt sich vermarkten. In zwei Ringen können sich Besucher demnächst um den Dom bewegen und andere markante Punkte der Stadt besichtigen. Gedacht ist etwa an Museen oder den Hauptbahnhof.

Doch eine Niederlassung nahe der virtuellen Attraktion Kölner Dom gibt es nicht kostenlos. Die virtuellen Grundstücke werden den Internet-Dombauern Geld einbringen, die Institute, die sich dort niederlassen, erhoffen sich viele virtuelle Besucher, denen sie Informationen über ihre Einrichtung geben können, um sie so vielleicht auch als reale Besucher zu gewinnen.

Auch Veranstaltungen sind geplant. Zunächst im August das Fest zur Eröffnung des Doms, dessen Programm noch gehütet wird wie ein Protokoll bei Hofe. Später sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Es könnte virtuelle Führungen durch den Dom geben, vielleicht auch Beichtgelegenheiten, sogar eine Direktübertragung von Messen aus dem echten Dom in die virtuelle Welt wäre technisch möglich.

Das Domkapitel steht dem Ganzen reserviert gegenüber. Man sei in Verhandlung mit der Internet-Baufirma, hieß es, hat dem Projekt aber noch nicht seinen Segen gegeben. Dafür sind die Interneterbauer des Kölner Doms von einer Organisation bisher unbehelligt geblieben: Die Unesco, die dem Dom fast den Welterbestatus abgesprochen hätte, weil ein Hochhaus den Blick aufs Gotteshaus behinderte, hat sich noch nicht gemeldet. Im Netz sind Sichtachsen flexibel.

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