Youtube-König Der irre Fred hat nicht mehr die meisten Fans

Nebraska/Hilo (RPO). Seit Monaten war Fred der König von Youtube. Der Jugendliche mit der digital veränderten Stimme spaltet die Internetgemeinde: Ist er unterhaltsam oder nervig? Egal: Er hatte die meisten Fans. Bis zum Wochenende. Jetzt wurde er von der Gruppe hinter "Nigahiga" entthront.

Neuer Abonnenten-König bei Youtube
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Fred, gespielt und erfunden von dem 15-jährigen Lucas Cruikshank, spielt in seinen Videos einen hyperaktiven Sechsjährigen. "Hey, it's Fred!", so fangen viele seiner Videos bei Youtube an. Die Nervensäge spielt mit einem Sessel Schaukelstuhl, kippt prompt um und bekommt einen ihrer gefürchteten Schreikrämpfe. Die Szene ist typisch. Fred kreischt, gestikuliert, verdreht die Augen, spult in rasendem Tempo sinnlose Sätze ab, alles mit einer piepsigen Stimme, und wenn er seine schrillen Schreie ausstößt, geht es einem durch Mark und Bein.

Das scheint anzukommen. Bis zum Wochenende hatte niemand bei Youtube so viele Abonnenten wie Fred, und das - laut Wikipedia - seit Oktober 2008. Der Charakter, den der 15-jährige Lucas Cruikshank da ins Leben gerufen hat, hat vor allem die Herzen der Kids erobert. Fred, ein Teenie-Phänomen. Sein Erfolg sagt viel über die Internetgemeinde aus. Fred ist ausgeflippt, kindisch-komisch, und seine Videos sind eindeutig das Werk eines Amateurs. Das macht sie so erfolgreich.

Fred hat Nachahmer gefunden

Allerdings eines hoch begabten Amateuers, der wie ein Profi Geschichten zu erzählen versteht, der die Kunst der rasanten Schnitte beherrscht und der mit seiner Figur verschiedene Episoden entwickeln kann. Vielleicht die größte Ehre für Fred ist es, bei Youtube Nachahmer gefunden zu haben, und zwar gleich mehrere. Fred ist so bekannt, dass er sogar parodiert wird.

Doch seit dem Wochenende heißt der neue König bei Youtube Nigahiga. Knapp 1,36 Millionen zählt die Seite von Fred. Derzeit hat Nigahiga rund 1,39 Millionen Anhänger. Artig bedankt sich die neue Nummer eins bei den Abonnenten. Der Stabwechsel an der Spitze könnte mehr markieren als nur einen personellen Austausch. Ben Parr vom Internet- und Technologie-Blog Mashable sieht darin einen Generationenwechsel bei Youtube.

Das liegt nicht am Alter des Hauptdarstellers. Ryan Higa und die anderen Akteure, die bei Youtube die Gruppe "Nigahiga" bilden, sind etwa genauso alt wie Cruikshank. Vielmehr dürfte es das Publikum von Youtube sein: Zuerst eroberte die Internetseite die Herzen junger User, jetzt interessiert sie zunehmend auch Erwachsene. Und die interessierten sich eben für andere Inhalte, meint Parr.

Sicher profitiert Nigahiga auch davon, dass Ryan Higa zahlreiche weibliche Fans haben dürfte. Der smarte Amerikaner mit den asiatischen Wurzeln sieht gut aus und wirkt charmant. Damit allein ist sein Erfolg aber nicht zu erklären: Auch Nigahiga ist unterhaltsam und witzig - ohne zu nerven. Fred lebte in seiner abgeschlossenen Welt, die Gruppe um Higa greift verschiedene Themen auf. Nigahiga geht einen Schritt weiter als Fred, indem die Gruppe Personen und Filme parodiert.

"Titanic"-Parodie in der Badewanne

Nichts ist sicher vor den kommödiantisch begabten Teenies und ihren Kurzversionen berühmter Filme. Nicht einmal "Harry Potter" oder "Titanic". Bei Ninja-Filmen sind es die simplen Dialoge und die inszenierten Kampfszenen, die es der Gruppe angetan haben. Sogar Rapper Sean Paul bekommt sein Fett weg für Nonsense-Texte, die niemand versteht. Nigahiga spielt satirisch mit dem Amateur-Image: Im "Titanic"-Verschnitt stirbt Jack Dawson, der Held des Streifens, nicht wie di Caprio in den eisigen Fluten. Nein, hier kommt Ryan Higa auf mehr komische als tragische Art in der leeren Badewanne um.

Dass die Videos bei Youtube in aller Regel nicht professionell sind, heißt nicht, dass sich damit kein Geld verdienen ließe. Lucas Cruikshank etwa hat schon Werbeverträge abgeschlossen und verdient mit seiner Kunstfigur Fred Geld. Der Charme des Amateurhaften lässt sich gut verkaufen. Ryan Higa, der neue Abo-König, betont in seiner Videoansprache, dass der neue Ninja-Film "100-prozentig von uns erstellt wurde, ohne Firmen". Ob die Gruppe deswegen auch jeden kommerziellen Erfolg ablehnt, wird sich zeigen.

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