Wikileaks-Unterstützer melden sich zu Wort "Das ist ein Daten-Krieg"

London (RPO). Internet-Aktivisten blasen weiter zum "Daten-Krieg" gegen Gegner der umstrittenen Enthüllungsplattform Wikileaks. "Die Schlacht ist noch nicht vorbei", sagte ein Sprecher der Hacker-Gruppe "Anonymous" (Anonym) am Donnerstag in London dem britischen Sender BBC. Zuvor war unter anderem auch die Website des Kreditkarteninstituts Visa attackiert worden, die Zahlungen an Wikileaks eingestellt hatte.

Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange
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"Wir wollen das Internet offen und frei für alle halten, so wie es immer war", sagte ein Sprecher der Hacker-Gruppe, der sich lediglich unter dem Pseudonym "Coldblood" (kaltblütig) zu erkennen gab. "Das ist ein Daten-Krieg", fügte er hinzu. Immer mehr Nutzer würden sich an sogenannten Botnetzen beteiligen, bei denen die geballte Rechenkraft von tausenden Computern für Angriffe auf Internetseiten genutzt werden kann.

PayPal gibt Spendengelder frei

"Wir haben mit etwa 50 Nutzern angefangen", erklärte die Hacker-Gruppe zuvor in einem Internet-Chat. Mittlerweile zähle "Anonymous" bereits rund 4000 Unterstützer. Diese würden überall via Internet in aller Welt "rekrutiert", unter anderem in Foren, im sozialen Netzwerk Facebook und über den Kurznachrichtendienst Twitter. Mittlerweile wurden die Benutzerkonten der Hacker-Gruppe unter dem Namen "Operation Payback" ("Operation Rache") bei Facebook und Twitter allerdings gelöscht.

Unterdessen haben die Aktivisten einen ersten Sieg errungen: Der Bezahldienst PayPal hat auf den massiven Druck durch Wikileaks-Anhänger und Hacker-Attacke reagiert und die eingefrorenenSpendengelder für Wikileaks wieder freigegeben. Das Geld werde an die Organisation ausgezahlt, von der die Spenden für Wikileaks gesammelt worden seien, teilte PayPal-Justiziar John Muller im Firmenblog mit. Das Konto der Enthüllungsplattform bleibe jedoch weiterhin gesperrt. Zur Zeit ist die Seite nicht erreichbar.

Der auch für Wikileaks tätige isländische Finanzdienstleister Data-Cell-Chef hat zudem am Donnerstag eine Klage gegen die Kreditkartenunternehmen Visa und Mastercard angekündigt. Die beiden Unternehmen hatten bekannt gegeben, keine Zahlungen mehr an die Enthüllungsplattform weiterzuleiten. Data-Cell-Chef Andreas Fink sagte der Nachrichtenagentur AP, er wolle die Kreditkartenunternehmen in London vor Gericht ziehen.

Jetzt auch Angriff auf Amazon

Die Unterstützer nehmen nach eigenen Angaben bei ihren Cyber-Angriffen nun auch den US-Internetriesen Amazon ins Visier. Die Hacker-Gruppe "Anonymous" rief am Donnerstag über den Kurznachrichtendienst Twitter dazu auf, im Rahmen der "Operation Payback" ("Operation Rache") die Internetseite www.amazon.com massenhaft zu attackieren. Zuvor hatten die Internet-Aktivisten angekündigt, ihren "Daten-Krieg" gegen Gegner der umstrittenen Enthüllungsplattform ausweiten zu wollen.

In der vergangenen Woche hatte Amazon Wikileaks von seinen Servern verbannt. Das Internetversandhaus, das als Dienstleister auch Platz auf seinen Servern an Kunden rund um die Welt vermietet, warf Wikileaks eine Verletzung der Nutzungsbestimmungen vor, wonach alle Kundenwebseiten im Besitz der Nutzungsrechte jener Inhalte sein müssen, die auf der Seite veröffentlicht werden. Dies sei bei den US-Geheimunterlagen, mit deren umstrittener Veröffentlichung Wikileaks Ende November begonnen hatte, nicht der Fall.

Finanzdienstleister angegriffen

Zuvor war nach Angriffen auf die Internetseite von Mastercard auch die Seite des Kreditkarteninstituts Visa lahmgelegt worden. Visa.com war seit Mittwochabend 22 Uhr nicht mehr aufrufbar. Über Twitter hatte "Anonymous" das Startsignal für den Cyber-Angriff gegeben. Mastercard und Visa hatten nach der Veröffentlichung von geheimen US-Diplomatendepeschen auf Wikileaks Kreditkartenzahlungen an die Website eingestellt, das sich über Spenden finanziert. Weitere Ziele von Cyber-Attacken waren bislang auch die Schweizer Postbank Postfinance, die das Konto von Wikileaks-Mitbegründer Julian Assange gesperrt hatte, sowie das Bezahlsystem Paypal.

Angegriffen wurde nach der Verhaftung von Assange laut einem Pressebericht auch der Internet-Auftritt der schwedischen Regierung. Deren Website sei in der Nacht zum Donnerstag einige Stunden offline gewesen, berichtete die schwedische Zeitung "Aftonbladet". Attackiert wurde auch die Internet-Seite des schwedischen Anwalts im Strafverfahren gegen Assange, den die Hacker-Gruppe zum "Märtyrer der freien Meinungsäußerung" erklärte. Der 39-jährige Australier hatte sich am Dienstag in London gestellt und befindet sich seitdem in der britischen Hauptstadt in Haft. Ihm werden Sexualdelikte in Schweden zur Last gelegt. Über seine Auslieferung muss die britische Justiz entscheiden.

Auch Sarah Palin, die Galionsfigur der Ultrakonservativen in den USA, wurde zur Zielscheibe der Wikileaks-Unterstützer. Ihre Internetseite war vorübergehend blockiert. Dem Sender ABC News zufolge waren auch die Kreditkartenkonten von Palin und ihrem Mann betroffen. Palin hatte Assange unter anderem als "anti-amerikanischen Agenten" bezeichnet, "der Blut an den Händen hat". Auch die Webseite des US-Senators Joe Lieberman geriet ins Visier von Cyber-Angreifern. Er hatte an Unternehmen appelliert, ihre technische Unterstützung für Wikileaks einzustellen.

(AFP/ap/felt)
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