Kampagnenplattform Avaaz Das Gewissen der Internetgemeinde

Düsseldorf · Sie verfolgen die Nachrichten im Internet und haben bei all den Krisen und Konflikten das Gefühl, dass man doch irgendetwas ändern müsste? Dann sind Sie nicht allein. Die Kampagnenplattform Avaaz gewinnt mit digitalen Petitionen immer mehr Unterstützer.

 Unser Screenshot zeigt die Startseite des Portals.

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Foto: Screenshot

Zu Jahresbeginn erhielten rund zehn Millionen Mitglieder weltweit eine E-Mail. Der Online-Kampagnendienst Avaaz hatte geschrieben. Sie baten um die Teilnahme an einer Umfrage, die die künftige Ausrichtung des Portals beeinflussen sollte. Selbst die Frage, wie entscheidend diese Umfrage sein sollte, wurde gestellt — Graswurzeldemokratie im Netz.

Avaaz ist so etwas wie das Gewissen der Internetnutzer. Zu den Themen zählen Hungersnöte, Menschenrechte, Medienfreiheit und der Klimawandel. Engagierte Nutzer können sich an Problemlösungen beteiligen und durch eine digitale Unterschrift ihre Unterstützung zum Ausdruck bringen.

Digitale Unterschriftenlisten

Einige Kampagnen wurden aufgrund ihrer enorm hohen Teilnehmerzahlen bereits international beachtet. So riefen im März 2010 eine Million Menschen den UN-Sicherheitsrat dazu auf, ein befürchtetes Massaker in Libyen zu verhindern. Gegen das umstrittene ACTA-Abkommen haben sich über 700.000 Teilnehmer bekannt.

Das Prinzip ist einfach: Auf der Webseite werden Aufrufe gesammelt, die unter Angabe des Namens und einer E-Mail-Adresse unterzeichnet werden können. Petitionen, für die man früher den Nachmittag auf der Einkaufsmeile in der Innenstadt verbringen musste, erreichen so online ein viel größeres, globales Publikum. Häufig werden die Listen den politischen Amtsträgern dann vor entsprechenden Abstimmungen überreicht.

Das Ziel: Die Welt verbessern

Die gesamte Mitgliederzahl beläuft sich nach Angaben der Organisation mittlerweile auf knapp 14 Millionen. Dennoch werden auch 52 fest angestellte Aktivisten sowie weitere freie Mitarbeiter beschäftigt. Ihr Ziel ist es, "die Lücke zwischen der Welt, die wir haben und der Welt, die wir uns wünschen" zu schließen.

Gegründet wurde Avaaz 2007 in den USA. Ihr Präsident Ricken Patel spiegelt die Internationalität des Projekts in seiner eigenen Biografie: Seine Mutter ist russisch-britisch, sein Vater indisch-südafrikanisch. Er selbst wurde in Kanada geboren. Der Name Avaaz bedeutet im Persischen "Stimme" und wird von der Organisation gern als "Stimme der Demokratie" ausgelegt.

Internationalisierung des Protests — bald auch offline?

Neben den Online-Kampagnen organisiert Avaaz auch Kundgebungen offline. Eine der Fragen an die Mitglieder war, ob dieses Engagement auf den Straßen verstärkt werden solle. 2010 ordneten die Nutzer diesem Vorhaben eine tendenziell höhere Priorität zu. Hält der Zuspruch der Mitglieder auch außerhalb des Internets, könnte das eine neue Dimension der Protestkultur bedeuten. Eine festgelegte politische Positionierung hat Avaaz nicht.

Die Unabhängigkeit will sich Avaaz auch mit Verweis auf die Finanzierung bewahren. Nach eigenen Angaben werden keine Spenden im Wert von mehr als 5.000 US-Dollar angenommen, zudem dürfen Unternehmen und Stiftungen nichts beitragen. So soll gewährleistet werden, dass nur die Summe der Privatpersonen die inhaltliche Ausrichtung bestimmt.

Anfragen an Avaaz nach einem Gesprächspartner, der die tagtägliche Arbeit der Organisation näher beschreiben könnte, wurden übrigens nicht beantwortet. Bemerkenswert für ein Projekt, das Bürgernähe und Transparenz in ihren Mittelpunkt stellt. Konkrete Pläne, wo es Avaaz mit seiner immensen Gefolgschaft hinzieht, bleiben somit im Unklaren. Die Mitarbeiter sollen aber, so heißt es, die Impulse der Mitglieder aufnehmen und die Kampagnen allein darauf aufbauen.

(chk)
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