Sorge vor KI-Schummeleien ChatGPT verändert den Unterricht – wie die NRW-Schulen damit umgehen

Düsseldorf · Hat ein Schüler das selbst geschrieben – oder hat der Chatbot geholfen? Software auf Basis von künstlicher Intelligenz drängt derzeit mit Macht in alle Bereiche der Gesellschaft. Das betrifft auch die Schulen in NRW. Ministerin Dorothee Feller plant nun konkrete Handlungsanweisungen.

 Neuntklässler mit Laptops und Tablets im Unterricht (Symbolbild). Bei neuen digitalen Entwicklungen wolle man Chancen und Risiken gleichermaßen in Blick nehmen, sagt das Land.

Neuntklässler mit Laptops und Tablets im Unterricht (Symbolbild). Bei neuen digitalen Entwicklungen wolle man Chancen und Risiken gleichermaßen in Blick nehmen, sagt das Land.

Foto: dpa/Marijan Murat

Die neue Software ChatGPT kann vieles. Unter anderem: Aufsätze und Referate erstellen, von denen Leser und Zuhörer nicht ahnen, dass sich da eine künstliche Intelligenz (KI) etwas ausgedacht hat und nicht etwa – beispielsweise – ein Schüler, der dafür eine Note bekommen soll.

Das NRW-Schulministerium sieht keinen Sinn darin, solche Programme aus der Schule zu verbannen. Im Gegenteil: „Das Ministerium für Schule und Bildung erarbeitet zurzeit eine Kurz-Info mit Handlungshinweisen für die Schulen, die zeitnah an die Schulen versendet werden wird“, kündigt das Schulministerium von Dorothee Feller (CDU) an. „Ein generelles Verbot zur Nutzung von KI-Anwendungen ist nicht geplant und würde der zunehmenden Relevanz solcher Anwendungen mit Blick auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen zuwiderlaufen.“

Man begleite die Diskussionen um Möglichkeiten derartiger Software für den Unterricht „konstruktiv-kritisch“. Wie bei anderen technischen Entwicklungen seien auch hier Potenziale und pädagogische Perspektiven in den Blick zu nehmen, Risiken und Konsequenzen gleichermaßen zu bedenken.

Die Schummel-Gefahr sieht man im Ministerium eher nicht im Vordergrund. „Lehrerinnen und Lehrer verfügen über ein hohes Maß an professioneller Erfahrung und können in der Regel erkennen, ob Schülerinnen und Schüler Produkte, die sie zu Hause angefertigt haben und der Leistungsüberprüfung dienen sollen, eigenständig erledigt haben“, heißt es.

Hausaufgaben sollten ohnehin so mit dem Unterricht verknüpft sein, dass sie nicht von Anderen oder auch KI-Anwendungen bearbeitet werden können. Beispielsweise, indem es zur Aufgabenstellung gehört, dass die jungen Leute beschreiben, wie sie zu ihren Erkenntnissen gekommen sind.

Jedoch stellt der Präsident des nordrhein-westfälischen Lehrerverbandes, Andreas Bartsch, nach eigenen Tests selbst fest: Was sich mit ChatGPT anfangen lässt, das sei „phänomenal und beinahe beängstigend“. Bartsch sagte, er glaube, es werde Einfluss auf die Lehre haben, dass solche Programme jetzt in der Welt sind. „Richtiges Zitieren lernen Schüler heute in der Oberstufe. Künftig muss das eben schon ab der Grundschule stattfinden: Ich muss angeben, woher ich eine Information habe“, sagte er. Junge Menschen müssten erfahren, wie sie ChatGPT als Fundgrube für Wissen richtig nutzen, ohne die am Rechner erstellten Texte als eigenes Werk auszugeben. „Ich erwarte vom Schulministerium eine rechtliche Regelung dafür, wie mit solchen Informationsquellen umzugehen ist. Dann kann und darf das den Unterricht auch bereichern.“

Außerdem dürften, so seine Einschätzung, Unterrichtsgespräche mehr in den Fokus rücken, um abzuprüfen, wie viel eigener Erkenntnisgewinn beispielsweise in einer vorgelegten Hausaufgabe tatsächlich steckt: „Man fragt gezielt nach und kann sich schnell einen Reim darauf machen, ob jemand wirklich weiß, wovon er spricht, oder nur etwas Vorverfasstes abspult.“

Für solche Methodik und für eine anschließende Notenvergabe bräuchten Lehrkräfte einen juristisch klaren Rahmen, ergänzte Harald Willert, Vorsitzender der Schulleitungsvereinigung NRW. „Jede Leistungsbeurteilung in der Schule muss rechtssicher sein“, begründete er. Wenn dafür nicht gesorgt sei, würden Noten oder Versetzungsentscheidungen vor Gericht landen. Zugleich betonte Willert, dass es immer noch sehr viel mehr darauf ankomme, welches Können ein junger Mensch im alltäglichen Unterricht zeige: „Große Hausarbeiten machen bei der Leistungsbemessung nur einen Bruchteil aus.“

Das Landesschulministerium betont: Medienkompetenz heiße auch, dass Schüler sich in einer zunehmend von Algorithmen geprägten digitalen Welt kompetent bewegen könnten, betont das Ministerium. „Unter dieser Perspektive ist es möglich und geboten, den Chat GPT oder auch andere KI-basierte Anwendungen im Unterricht kritisch auf Chancen und Risiken hin zu hinterfragen.“

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