Erstmals stehlen die Hacker Geld Anonymous spielt Robin Hood

An den Weihnachtsfeiertagen haben Aktivisten des Hacker-Netzwerks Anonymous nicht nur den Ruf einer bekannten US-Sicherheitsfirma runiniert, sondern auch Geld gestohlen – angeblich in Millionenhöhe. Die Aktion ist offensichtlich Teil der lang angekündigten Operation "Robin Hood". Das Geld wurde laut Anonymous an wohltätige Organisationen gespendet. Doch selbst in den eigenen Reihen stößt der Diebstahl auf entschiedenen Widerspruch.

 Die Hacker-Gruppe Anonymous kämpft für völlige Freiheit im Netz.

Die Hacker-Gruppe Anonymous kämpft für völlige Freiheit im Netz.

Foto: afp, JOSEPH EID

An den Weihnachtsfeiertagen haben Aktivisten des Hacker-Netzwerks Anonymous nicht nur den Ruf einer bekannten US-Sicherheitsfirma runiniert, sondern auch Geld gestohlen — angeblich in Millionenhöhe. Die Aktion ist offensichtlich Teil der lang angekündigten Operation "Robin Hood". Das Geld wurde laut Anonymous an wohltätige Organisationen gespendet. Doch selbst in den eigenen Reihen stößt der Diebstahl auf entschiedenen Widerspruch.

Pünktlich zu Weihnachten meldeten die "Hacktivisten" den Angriff auf das amerikanische Sicherheitsunternehmen "Stratfor". Das ist keine kleine IT-Klitsche, sondern vielmehr ein mächtiges Unternehmen. Zu seiner Kundschaft zählen unter anderem das Pentagon, das US-Heimatschutzministerium oder große Industrieunternehmen.

Über Twitter brüstete sich Anonymous mit seinem neuen Coup. Tausende Email-Adressen und Kreditkartennummern von tausenden Kunden seien geknackt. Am Sonntag wurde über Twitter ein Link zu einer Liste veröffentlicht, die angeblich die betroffenen Opfer aufzählt. Ein mutmaßlicher Anonymous-Hacker twitterte, die Zugangsdaten für 90.000 Kreditkarten seien gehackt worden.

Mit Privatadresse veröffentlicht

Damit sei es möglich gewesen, von diesen Karten unfreiwillige Spenden im Gesamtumfang von mehr als einer Million Dollar abzubuchen. Wohlgemerkt für wohltätige Zwecke. Die Hacker versuchen das mit veröffentlichten Beispielen zu untermauern: eine 494-Dollar-Spende an die Hilfsorganisation Care von Seiten des US-Verteidigungsministeriums, eine 180-Dollar-Spende von einem Mitarbeiter des Heimatschutz-Ministeriums an das Rote Kreuz, 200 Dollar eines früheren Angestellten der Bankenaufsicht in Texas ebenfalls für das Rote Kreuz. Aufgelistet sind jeweils Name, Privatadresse, E-Mail-Daten und die Steuernummer.

Aktivisten von Anonymous hatten eine derartige Aktion bereits vor Wochen angekündigt. "Wir werden den Spieß umdrehen", hieß es Anfang Dezember in einem Youtube-Video, in dem eine digitale Guy-Fawkes-Maske mit Computerstimme die Pläne verkündet: "Operation Robin Hood wird das Geld zu jenen zurückfließen lassen, die von unserem System und besonders von unseren Banken geschädigt wurden. Operation Robin Hood wird Kreditkarten nehmen und an die 99% sowie diverse Stiftungen auf der ganzen Welt spenden."

Nur der Anfang von "Robin Hood"

Glaubt man diversen Tweets, war der Angriff auf "Stratfor" nur der Anfang. Die Operation "Robin Hood" soll fortgesetzt werden. Es gebe eine ganze Reihe von Zielen im Visier, um über die Weihnachtstage jede Menge Spaß zu haben, heißt es unter einem Anonymous-Account auf Twitter.

Die Aktivisten mit den typischen Guy-Fawkes-Masken treten seit 2008 unter diesem Namen für Redefreiheit und Demokratie innerhalb und außerhalb des Internets ein. Dabei setzt die Organisation auf legale Demonstrationen und illegale Hacker-Angriffe. Bekannt wurden sie mit Attacken auf Gegner von Wikileaks. Die Hacker hatten Angriffe gegen das Kreditkartenunternehmen Visa und den Internet-Bezahldienstleister PayPal gestartet, die nach der Veröffentlichung von geheimen US-Diplomatendepeschen Zahlungen an Wikileaks eingestellt hatten.

Ein loser, widersprüchlicher Haufen

Das aber ist nur die Speerspitze. Die ausgerufenen Angriffsziele sind so heterogen wie die Hacker-Gruppe selbst. Dazu sollen etwa die Internetseiten des syrischen Verteidigungsministeriums zählen, die Hacker nach eigener Darstellung aus Protest gegen die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung attackierten. Im August wurde ein Aufruf verbreitet, der zur Zerstörung von Facebook aufrief. Im Juni traf es die Systeme der spanischen Nationalpolizei, im November die Computer von israelischen Regierungsbehörden, im Mai das Sony Playstation Network. Sogar mit einem brutalen Drogenkartell aus Mexiko legten sich einige Hacker an und riskierten damit fraglos Kopf und Kragen.

Das alles zeigt: Anonymous ist mehr ein loser Verbund aus unterschiedlichsten Hackergruppen als eine systematisch operierende Truppe. Jeder Aktivist, so scheint es, hat sein eigenes Steckenpferd und sucht sich von zu Fall verschiedene Verbündete. Ein geschlossenes Auftreten ist folglich nur bedingt möglich, wie sich nun auch im Fall "Stratfor" zeigt: In den eigenen Reihen ist die Aktion "Robin Hood" alles andere als unumstritten.

Kritik am Angriff auf Stratfor

So wurde der Angriff auf "Stratfor" über einen etablierten Anonymous-Account bei Twitter der Außenwelt verkündet. Inzwischen meldeten sich jedoch andere Aktivisten mit einer "offiziellen" Pressemitteilung zu Wort — und kritisierten den Angriff scharf. Der Hack sei nicht durch Anonymous erfolgt und auch nicht im Sinne der Bewegung. Das IT-Unternehmen "Stratfor" nimmt die Mitteilung hingegen in Schutz. Das Unternehmen operiere unabhängig und werde durch die den Angriff in ein falsches Licht gerückt.

Auf Twitter findet das eigentümliche Hickhack bei Anonymous bereits eine ganz eigene Resonanz. "Ich finde es sehr erheiternd, wenn sich Anonymous von Anonymous distanziert", schreibt dort ein Nutzer. Die Manager von "Stratfor" werden die Angelegenheit weniger erheiternd finden.

Mit Agenturmaterial

(pst)
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