Bundesgerichtshof Amazon unterläuft Buchpreisbindung

Düsseldorf · Der Online-Händler hat unerlaubt Rabatte auf neue Bücher gewährt, urteilte gestern der Bundesgerichtshof. Verlage und Buchhändler werfen Amazon vor, dass der Konzern immer wieder versuche, die Buchpreisbindung gezielt auszuhöhlen.

 Amazon-Gründer Jeff Bezos zeigt "Fluid Concepts and Creative Analogies". Das ist das erste Buch, welches über Amazon verkauft worden ist.

Amazon-Gründer Jeff Bezos zeigt "Fluid Concepts and Creative Analogies". Das ist das erste Buch, welches über Amazon verkauft worden ist.

Foto: ap

Dieses Urteil ließ keinerlei Raum für Interpretationen: "Es lag ein Verstoß gegen das Gesetz zur Buchpreisbindung vor", befand gestern der Vorsitzende Richter des Bundesgerichtshof (BGH), Wolfgang Büscher, in einem Verfahren, in dem sich Amazon und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels gegenüberstanden.

Im September 2012 hatte der Börsenverein, der die Interessen der Verlage, Großhändler und Buchhandlungen vertritt, eine Werbeaktion des Online-Händler per einstweiliger Verfügung gestoppt. Der Verein argumentierte, dass Amazon dabei Rabatte auf neue Bücher gewähre und damit die Buchpreisbindung unterlaufe. Amazon ging gegen die einstwillige Verfügung juristisch vor - Startschuss für einen mehr als zweieinhalbjährigen Rechtsstreit. Diesen hat gestern der Bundesgerichtshof entschieden - mit einer klaren Niederlage für Amazon.

Das Thema Rechtsstreitigkeiten um die Buchpreisbindung ist damit um ein Kapitel reicher. Immer wieder landen Streitigkeiten über das seit 2002 bestehende Gesetz vor den Gerichten der Republik. Dem Börsenverein zufolge liegt die Anzahl der Abmahnungen wegen Preisbindungsverletzungen im dreistelligen Bereich pro Jahr.

Das Buchpreisbindungsgesetz, das "dem Schutz des Kulturgutes Buch" dienen soll, legt fest, dass neue Bücher mindestens für 18 Monate deutschlandweit nur zu den von den Verlagen festgelegten Preisen verkauft werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Preisbindung für ein breites Angebot an Büchern sorgen. Zudem soll dieses Angebot für die Öffentlichkeit leicht zugänglich sein, in dem es ein engmaschiges Netz von Buchhandlungen sichert. Denn durch die festen Preise soll ein ruinöser Preiskampf zwischen den Buchhändlern vermieden werden.

"Die Buchpreisbindung sichert so die Qualität und Vielfalt auf dem Buchmarkt", sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Sein Verein achtet daher mit Argusaugen darauf, ob das Gesetz auch von allen Marktteilnehmern eingehalten wird. Besonders im Visier ist der Online-Riese. "Immer wieder versucht Amazon, die Buchpreisbindung zu unterwandern und auszuhöhlen, um seine Marktmacht zu stärken und letztlich damit Buchhandlungen und Verlage überflüssig zu machen", sagt Skipis.

Im konkreten Fall ging es um eine Werbeaktion für das sogenannte Trade-in-Angebot von Amazon. Dabei können Kunden bestimmte gebrauchte Artikel (Bücher, DVDs oder Elektronik) einschicken und bekommen dafür eine Wertgutschrift. So bringt zum Beispiel ein gebrauchter "Harry Potter"-Film eine Gutschrift von 22 Cent. Um dieses Angebot bekannter zu machen, bot Amazon zwei Wochen lang eine Gutschrift von fünf Euro, wenn Kunden mindestens zwei alte Bücher einschickten. Diese Gutschrift konnte dann beim Kauf neuer Bücher eingesetzt werden, die der Preisbindung unterliegen.

Beim BGH ging es daher um die Frage, ob diese Gutschrift überhaupt einen realen Gegenwert hat, etwa durch die eingesandten Bücher - nur dann wäre die Aktion erlaubt. Der Börsenverein bestritt einen solchen Gegenwert angesichts der niedrigen Preise, die die eingesandten Bücher bringen, erklärte Anwalt Thomas Winter: "Goethes Faust, Teil eins und zwei bei dtv für 16 Cent". Die fünf Euro seien kein "willkürlich überhöhter Betrag", widersprach ein Amazon-Anwalt. Dem Händler gehe es schließlich darum, einen Warenbestand an gebrauchten Büchern aufzubauen.

Allerdings folgten die Richter des BGH dieser Argumentation nicht und sahen in der Fünf-Euro-Gutschrift einen unerlaubten Rabatt. Sie wiesen die Revision von Amazon gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (28. Januar 2014, Az.: 11 U 93/13) daher ab. "Das Urteil hat grundlegenden Bedeutung", erklärt gestern ein Sprecher des Börsenvereins - der Bundesgerichtshof hat als letzte Instanz entschieden. Während dieser Streit entschieden ist, wird der nächste um die Buchpreisbindung wohl nicht lange auf sich warten lassen.

(RP)
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