Es geht um 70.000 Euro Amazon-Händler verklagt Kunden nach negativer Bewertung

Diese Klage wird für Amazon-Kunden spannend: Ein Kunde hat eine negative Bewertung hinterlassen und soll jetzt 70.000 Euro Schadensersatz an den Händler bezahlen. Kommt der Händler mit der Klage durch, könnte dies das gesamte Bewertungssystem im Internet auf den Kopf stellen.

Es geht um 70.000 Euro: Amazon-Händler verklagt Kunden nach negativer Bewertung
Foto: dpa, ud mut stj

Es geht um ein Fliegengitter für 22,51 Euro. Ein Bayer hat im vergangenen Sommer das Gitter bei einem Händler über Amazon bestellt. Nach einer zügigen Lieferung begannen aber die Probleme. Der Zuschnitt des Gitters gelang nicht, da, laut des Kunden gegenüber der Augsburger Allgemeinen, die Anleitung mißverständlich ausgedrückt gewesen sein soll.

Auch die Kontaktaufnahme mit dem Support des Händlers stellt den Kunden nicht zufrieden, sodass dieser auf Amazon folgende negative Bewertung hinterließ: "Die Lieferung erfolgte schnell. Das war das positive. In der Anleitung steht ganz klar Mann muss den Innenrahmen messen das ist falsch. Damit wird das ganze zu kurz! Die Ware selbst macht guten Stabilen Eindruck, Der Verkäufer nie wieder!"

Der Händler ärgerte sich über diese Bewertung und forderte den Kunden zur Löschung auf. Als dieser nicht reagierte, hat der Händler dem Amazon-Kunden eine Abmahnung geschickt. Der Kunde war zwar bereit die Bewertung zu löschen, wollte aber nicht die 800 Euro Anwaltskosten übernehmen.

Der Streit eskalierte. Der Händler verklagte den Kunden auf Schadensersatz in Höhe von 70.000 Euro. Der Grund: Amazon hatte zwischenzeitlich das Konto des Händlers gesperrt.

Wieviel dürfen Kunden sich beschweren?

Wenn im Juni das Augsburger Landgericht über diesen Fall verhandelt, hat dies Auswirkungen auf das gesamte Bewertungssystem im Internet. Sollte der Händler mit seiner Klage durchkommen, müssen Tausende Kunden mit negativen Bewertungen ähnliche Verfahren befürchten.

Wie bewerten Experten den Fall? "Grundsätzlich muss jeder Händler im Netz tolerieren, dass er bewertet wird", sagte der Kölner Medienrechtsanwalt Christian Solmecke unserer Redaktion. "Wenn man aber jemanden zu Unrecht schlecht bewertet aufgrund falscher Tatsachen, dann könnte das problematisch werden."

Eine falsche Tatsachenbehauptung kann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen. "Die Frage ist, ob Amazon den Händler wegen dieser Behauptung, wegen der schlechten Bewertung oder wegen der vom Kunden berichteten Drohung gesperrt hat", sagt Solmecke. Die Bewertung sei grundsätzlich eine freie Meinungsäußerung, die grundrechtlich geschützt ist.

"Ich halte für wahrscheinlich, dass die Sperrung durch Amazon aufgrund der Drohung erfolgt ist", sagt Solmecke. Dann wäre zu klären, ob es die Bedrohung tatsächlich gegeben hat. Der Ausgang des Verfahrens, so Solmecke, hängt also wesentlich von der Stellungnahme durch Amazon ab.

"Das Ergebnis hängt von der Beweisaufnahme ab. Theoretisch halte ich eine Erfolg des Klägers für denkbar, aber nach derzeitigem Sachstand halte ich die Klage für wenig aussichtsreich."

Bisher haben sich Bewertungssysteme als Verteidiger der Kundenrechte bewiesen. Nicht nur in diesem Fall scheint sich jetzt der Wind für die Kunden zu drehen. Spanische Hoteliers nutzen Online-Bewertungen, um sich vor unbeliebten Gästen zu warnen.

(csi)
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