Podcast "Serial" Mordfall wird möglicherweise neu aufgerollt

New York · Adnan Syed sitzt seit 16 Jahren im Gefängnis. Er soll seine Ex-Freundin Hae Min Lee ermordet haben. Seit einigen Monaten ist sein Name Millionen Menschen in aller Welt ein Begriff. Grund ist ein Podcast, "Serial", der sich mit Syeds Fall beschäftigte und zu einem Überraschungserfolg wurde. Jetzt wird der Mordfall Hae Min Lee möglicherweise neu aufgerollt.

  Sarah Koenig - die Erfinderin von "Serial".

Sarah Koenig - die Erfinderin von "Serial".

Foto: Screenshot serialpodcast.org / Meredith Heuer

Ein Gericht in Maryland hat für Juni eine Anhörung über eine mögliche Wiederaufnahme des Prozesses angesetzt, wie die Produzenten des Podcasts "Serial" am Samstag mitteilen und die "Baltimore Sun" berichtet.

Millionen Menschen in den USA in der ganzen Welt hatten sich den Podcast angehört, der sich mit dem Mord an der 18-jährigen Highschool-Schülerin Hae Min Lee in Baltimore beschäftigte. Die Leiche der jungen Frau wurde in einem Park gefunden, ihr Ex-Freund Adnan Syed geriet bald darauf ins Visier der Ermittler. Ein Freund sagte aus, er habe Syed geholfen, die Leiche dort zu deponieren. Die Aussage war einer der Hauptgründe für die Verurteilung zu lebenslanger Haft. Doch der Belastungszeuge (der sich inzwischen ebenfalls öffentlich zu dem Fall geäußert hat) verwickelte sich immer wieder in Widersprüche.

In zwölf Podcast-Folgen versuchte die Journalistin Sarah Koenig, der Wahrheit um die Ereignisse im Jahr Januar 1999 ein wenig näher zu kommen.

Dass der Podcast zu einem Überraschungserfolg wurde, lag auch an der persönlichen Herangehensweise von Sarah Koenig, die die Zuhörer an ihrem Rechercheweg und auch ihren Zweifeln über die Schuld oder Unschuld von Adnan Syed teilhaben ließ. Das Besondere an "Serial": Die zwölf Folgen des Podcasts wurden nicht vorproduziert, sondern jeweils erst unmittelbar vor der Ausstrahlung geschnitten. So konnten die Macher auf aktuelle Entwicklungen reagieren und zum Beispiel Zeugen mit einbeziehen, die sich erst meldeten, nachdem die ersten Folgen veröffentlicht worden waren.

Der heute 34-jährige Syed hat immer abgestritten, seine Ex-Freundin Hae Min Lee ermordet zu haben. Bis heute ist er bei dieser Darstellung geblieben. Sarah Koenig und ihr Team hatten sich ein Jahr lang mit dem Fall von Hae Min Lee und Adnan Syed beschäftigt und dabei mehrere Ungereimtheiten aufgedeckt. So hatte Syeds inzwischen verstorbene Anwältin eine wichtige Entlastungszeugin weder befragt noch vor Gericht geladen. Auch der zeitliche Ablauf, von dem die Jury bei ihrem Urteil ausging, stellte sich als unrealistisch heraus.

Doch immer wieder stieß Koenig bei ihren Recherchen auch auf Details, die Syed, den sie als höflichen, freundlichen jungen Mann beschreibt, so verdächtig erscheinen lassen, dass sie Zweifel an seiner Unschuld bekam. Nach zwölf Folgen "Serial" wurde klar: eindeutig ist in diesem Fall gar nichts. Das Gericht soll jetzt klären, ob die Ungereimtheiten groß genug sind, um den Fall Hae Min Lee noch einmal vor Gericht zu bringen.

Wer sich den Podcast noch anhören möchte, findet hier die erste Folge.

(jco)
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