Star Wars Outlaws auf PS5 und Xbox Jede Menge Spaß in der Unterwelt

Düsseldorf · Star-Wars-Fans wurden nicht gerade mit vielen Games verwöhnt, seit Disney 2012 Lucasfilm erworben hat. Doch nun taucht Ubisoft in den „Krieg der Sterne ein“ ein. „Outlaws“ macht Spaß und ist abwechslungsreich. Erzählerisch gibt es ein paar Schwächen.

Unsere Schmugglerin Kay Vess ist mit ihrem Begleiter Nix in dunklen Gassen unterwegs.

Foto: Ubisoft

Da hocken wir nun versteckt hinter einer Kiste, beobachten zwei Wachen eines Syndikats und suchen nach einem Weg, ungesehen an ihnen vorbeizukommen. Wir sollen ein paar Daten beschaffen, an denen wiederum ein zweites, konkurrierendes Syndikat interessiert ist. Es ist dunkel. Irgendwo im Schatten muss es einen Weg geben. Und am Ende läuft unser Haustier und treuer Begleiter Nix – eine putzige Mischung aus Weltraum-Frettchen und Gürteltier – los und lenkt die Wachen ab. Das verschafft uns etwas Zeit …

Das ist nur eine Erfahrung aus dem Spiel „Star Wars Outlaws“ von Ubisoft, das für Vorbesteller am 27. August erscheint. Für alle anderen am 30. August. Entwickelt wurde es vom schwedischen Studio „Massive Entertainment“, das für Ubisoft auch an der Division-Reihe sowie „Avatar: Frontiers of Pandora“ gearbeitet hat. Und es hat sich mit Outlaws sehr viel vorgenommen. Um es direkt zu sagen: mit Erfolg.

Neue Orte in bekanntem Universum

Das Spiel beginnt in einem Arbeiterviertel auf dem Planeten Cantonica. Nicht weit weg von der Casino-Metropole Canto Bight, die in dem Film „The Last Jedi“ eine Rolle spielte. Dort übernehmen wir die Figur Kay Vess. Sie ist eine Waise und in einer Bar aufgewachsen. Sehr viel mehr erfahren wir zunächst nicht über sie. Außer, dass sie einen Begleiter hat. Nix eben. Und leider lernen wir die Hauptfigur auch nur sehr langsam besser kennen. Für das Spiel wichtig ist indes nur eins. Sie schlägt sich vor allem mit illegalen Geschäften durchs Leben. Nur ist sie dabei nicht sonderlich erfolgreich, sondern hoch verschuldet. Das reicht als Grundgerüst für die ersten Missionen. Und tatsächlich ist das die Stärke des Spiels. Nicht die Charakterisierung der Hauptfigur. Oder die Story, bei der der Krieg zwischen Imperium und Rebellen nur eine Begleiterscheinung ist – die aber Konsequenzen für Kay hat. Vielmehr begleiten wir eine durchschnittliche Figur, die nur ihre eigenen Interessen verfolgt und überleben will. Das erinnert an den Beginn der Serie „Andor“. Und das funktioniert als Spiel sehr gut.

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Foto: dpa/Oliver Berg

Doppelagent der Syndikate

Ohne zu spoilern: Wir treten dem Syndikat „Zerek Besh“ unter dem Anführer Sliro mächtig auf die Füße, stehlen das Schiff Trailblazer (holprig als „Bahnbrecher“ übersetzt) und müssen fliehen. So landen wir auf dem ersten Planeten unserer Reise, Toshara, und nun beginnt das eigentliche Spiel – nachdem sich die erste Stunde ein wenig gezogen hat.

Sliro hat ein Kopfgeld (Todesmal) auf uns ausgesetzt. Wenn wir überleben wollen, müssen wir uns nun mit den Kartellen gut stellen: den Hutten, Crimson Dawn und den Pykes. Zudem regiert das Imperium die Welt. Und wir brauchen keine zusätzlichen Feinde. Das aber führt dazu, dass wir nicht jede Aufgabe mit gezücktem Blaster lösen können. Oft müssen wir schleichen, versteckte Wege finden und unsere technischen Gimmicks nutzen. Oder eben Nix.

Offiziell gehören wir zu keinem Syndikat. Damit die uns aber nicht verraten, müssen wir uns unentbehrlich machen. Das heißt dann auch, dass wir zwar recht schnell gute Beziehungen zu den Pykes haben. Damit uns aber Crimson Dawn ebenfalls wohlgesonnen ist, übernehmen wir Aufträge von ihnen – die gegen die Pykes gerichtet sind. Und wir wollen nicht auffliegen. Also versucht man, alles möglichst unentdeckt zu erledigen. Damit die Pykes nicht sauer auf uns werden. Weil die Missionen sehr unterschiedlich und selbst schon auf „Normal“ oft herausfordernd sind, macht das Spiel jede Menge Spaß. Denn es gibt immer mehrere Wege zum Ziel – wenn man sie findet. Und vor allem in der Open World außerhalb der Städte lohnt es sich, die Gegend zu erkunden und neue Möglichkeiten zu entdecken, bestimmte Areale zu betreten.

In dieser Bar nimmt die Geschichte ihren Anfang.

Foto: Ubisoft/Screenshot

Chronisch Pleite

Die Gimmicks, die einem dabei zur Verfügung stehen, lassen sich alle aufwerten. Sofern man das Geld und die Bauteile dafür hat. Das ist der Grund, warum Kay gerade anfangs nie besonders reich sein wird. Mal benötigt sie ein Bauteil für das Schiff, dann für den Blaster, die Ausrüstung oder den Gleiter. Das Geld verschwindet schneller wieder, als man es verdient, gestohlen oder durch Betrug erschwindelt hat.

Ja, das alles macht man in dem Spiel. Neben vielen anderen Dingen, wie bei manipulierten Rennen zu wetten. Oder wir spielen Sabacc. In das Star-Wars-Kartenspiel muss man sich ein wenig einarbeiten und die ersten Partien womöglich verlieren, um die Regeln zu verstehen. Danach macht auch das Spaß. Natürlich öffnet auch das wieder neue Türen. Über Items, die man gewinnt. Oder Beziehungen, die man darüber aufbaut.

Die Syndikate in ihrem Streit um die Dominanz haben zudem ständig Aufträge zu vergeben. Weil wir indes nur uns und Nix gegenüber loyal sind, passiert es auch während einer Mission, dass wir die Seiten wechseln oder unsere Auftraggeber am Ende hintergehen. Diese Abwägung, dieser Versuch, allen den Pelz zu waschen, ohne selbst nass zu werden, macht einen besonderen Reiz des Spiels aus. Manchmal fühlten wir uns wie der namenlose Cowboy in dem Clint-Eastwood-Klassiker „Für eine Handvoll Dollar“, der auch versucht, die Gangs auszuspielen.

Zufrieden öffnet Kay eine Beutetruhe.

Foto: Ubisoft/Screenshot

Dafür klettern wir, hangeln uns entlang von Abgründen oder schwingen uns über eine Kluft. Wir hacken, wir knacken Schlösser oder treffen vor allem in der Open World auf Schmuggler, Piraten oder verlorene Hinterlassenschaften. Das ist verbunden mit kleinen Rätseln, wie wir sie auch aus „Assassin’s Creed Valhalla“ kennen – um Türen zu öffnen, oder auf Dächer zu klettern. Andere Belohnungen gibt es indes nur nach Parcours-Passagen. Das Spiel bietet eine ganze Menge und noch mehr Freiheiten. Und nichts davon wirkt in der Open World aufgesetzt. Alles ist sehr gut integriert in die Geschichte und den Planeten. Und es hat den Star-Wars-Flair.

Keine Erfahrungspunkte

Die eigenen Fähigkeiten baut man zudem nicht mit Erfahrungspunkten aus. Kay findet „Spezialisten“, denen man helfen kann. Dafür bringen sie einem ihre Fähigkeiten bei. Die stehen allerdings nicht sofort zur Verfügung. Vielmehr ist es ein Skillset. Und die Skills wiederum schaltet der Spieler frei, indem bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen. Beispielsweise Nix mehrmals einsetzen und abgelenkte Wachen betäuben. Man erarbeitet es sich im Laufe des Spiels und muss nicht sinnbefreit Erfahrungspunkte sammeln.

Die Star-Wars-Atmosphäre wurde sehr gut eingefangen und umgesetzt. Wenn man sich insbesondere in den Städten Zeit nimmt und lauscht, hört man, wie einige Passanten das Imperium verteidigen und loben. Andere verteufeln es. Oder wir erleben, wie Sturmtruppen Schutzgeld erpressen wollen. Abhängig von unserem Standing bei den Syndikaten können wir da auch eingreifen, immer den Syndikatsboss im Hinterkopf, der so etwas nicht gerne sieht.

Wer hoch hinaus will, darf keine Höhenangst haben.

Foto: Ubisoft/Screenshot

Geschichten entwickeln sich

Immer mal finden wir Datapads oder hören zufällig Gespräche mit an, aus denen sich Hinweise für kleine Nebenmissionen ergeben. Mal erfahren wir, dass ein Rennen gezinkt ist, auf das wir wetten können. Mal bekommen wir den Hinweis auf ein Schmugglerversteck, das wir ausheben können.

Erzählerisch sind es insbesondere die Hauptmissionen, die punkten. Mit unerwarteten Wendungen und Überraschungen, die positiv oder negativ sein können. Sagen wir es so: Die Paranoia, die man als Figur hat, ist durchaus berechtigt. Während der Hauptmissionen reißt das Spiel einen auch gerne aus seiner Komfortzone. Nachdem man sich lange durch eine Station geschlichen hat, wird man in ein Feuergefecht gezwungen. Im Stil eines Deckungsshooters. Die Gegner-KI macht dabei, was sie soll. Weil Kay nur wenig aushält und ohne Aufrüstung ihre Waffe eher schwach ist, kann das schon knifflig werden. Aber diese Actioneinlagen tun dem Spiel tatsächlich gut.

Wenn man etwas kritisieren möchte, dann den Raumkampf, der etwas simpel ist. Dafür ist der Start in den Orbit oder eine Landung nahezu nahtlos. Das heißt: Das Nachladen wurde geschickt kaschiert über dichte Wolkenfelder, die man durchfliegt. In der Open World kann man seinen abgestellten Gleiter zudem recht schnell aus den Augen verlieren. Insbesondere, wenn man einen Speicherpunkt neu laden muss. Und das wird anfangs oft passieren. Das Spiel ist herausfordernd, wenn man nicht entdeckt werden möchte – und mit den Spielmechaniken noch vertraut werden muss. Glücklicherweise kann man ihn auf Knopfdruck wie das Pferd in den Assassin’s-Creed-Spielen herbeirufen. Immersion hin oder her.

Filmreif und bedrohlich.

Foto: Ubisoft/Screenshot

Ein Hoch auf die Einstellungen

Was Ansichtssache ist: das Mini-Spiel, um Schlösser zu knacken. Der Sound dazu kann einen schnell auf die Nerven gehen. Zumindest einer von uns hat das in den Einstellungen darum nach wenigen Minuten auf „einfach“ gestellt. Das machte es erträglich. Mit dem Gamepad kommt zusätzlich hinzu, dass die Trigger, die an dieser Stelle benutzt werden, nicht sofort, sondern erst auf halber Strecke die Eingabe registrieren. Was dazu führt, dass man am Anfang regelmäßig zu spät reagiert.

An dieser Stelle ist aber grundsätzlich ein großes Lob für das Optionsmenü angebracht. Wir können jedes Minigame, jede Schwierigkeit einzeln einstellen. Die Kämpfe schwerer, aber die Rätsel leichter? Kein Problem. Gar keine Minigames? Geht auch. Nix soll seine Aufgaben ohne zusätzlichen Input automatisch erledigen? Auch das ist möglich. Für alle, die keine Lust auf ständiges Knöpfedrücken in engen Zeitfenstern haben, ist das ein Fest.

Gewöhnungsbedürftig ist hingegen die Wahl zwischen dem Standard-Fernsehformat 16:9 und dem Kinoformat 21:9. Letzteres bietet deutlich mehr Übersicht nach rechts und links, hat dafür breite schwarze Balken oben und unten. Das trägt zwar dazu bei, sich mehr wie in einem Film zu fühlen, ist aber sicherlich nicht jedermanns Sache.

Die High Society kennt Kay nur aus der Ferne.

Foto: Ubisoft/Screenshot

Wermutstropfen Hauptfigur

Unser größter Kritikpunkt ist: Die Hauptfigur Kay bleibt lange Zeit blass. Wir verstehen, dass sie anfangs oft herumstottert – auf der Suche nach einer coolen Erwiderung. Schließlich wurde sie ungefragt in diese Welt gestoßen. Aber es bleibt über weite Strecken ihr herausragendes Charaktermerkmal. Das wird erst nach vielen Stunden und Rückblenden besser. Das haben aber auch die Entwickler erkannt und Nix eingebaut. Und es gibt eine Begebenheit auf Toshara in der Nähe des Crimson-Dawn-Bezirks mit einem Droiden bei einem Imbiss. Wenn der Spieler dort ein mit 200 Credits relativ teures Essen bestellt, mündet das in eine Szene mit kleinen, simplen Quicktime-Events. Danach muss man Nix einfach lieben. Dieser tierische, halb-intelligente Begleiter war eine grandiose Idee der Entwickler.

Die Technik

Technisch sind uns bei unseren mehrstündigen Sessions auf der PS5 keine großen Mängel aufgefallen. Sehr selten gab es einen Glitch, bei dem Kay ohne jede Bewegung über den Boden gleitet. Einmal wurden beim Gleiterflug über die Oberfläche Tosharas sichtbar Texturen nachgeladen. Die Ladezeiten insgesamt sind angenehm kurz, der Download auf der Series S war 50 Gigabyte groß.

Der Nebel wabert in diesem zwielichtigen Untergrundclub stimmungsvoll.

Foto: Ubisoft/Screenshot

Selbst auf der Xbox Series S läuft das grafisch opulente Outlaws flüssig und sieht abgesehen von der niedrigeren Auflösung fantastisch aus. Die verwendete Snowdrop-Engine schafft es, Raytracing-artige Licht- und Schatten-Effekte zu produzieren, ohne tatsächlich Raytracing einzusetzen. Und sie skaliert enorm gut mit schwächeren Systemen. Das hatte auch schon „Avatar: Frontiers of Pandora“ bewiesen. Nur ab und an sehen wir nachgeladene Texturen aufploppen und gelegentlich scheint sich die Gesamtbeleuchtung (Global Illumination) kurz zu resetten. Vermutlich kommt der Speicher der kleinen Series S bei diesem Spiel an seine Grenzen.

Fazit

Es war eine gute Entscheidung von Disney+, die Lizenz-Vereinbarung mit Electronic Arts nicht zu verlängern, sondern die Marke freizugeben. Als Disney 2012 „Star Wars“ von George Lucas übernahm, bedeutete das auch das Aus für Star-Wars-Games des hauseigenen Studios LucasArts. Der Mickey-Mouse-Konzern hatte weder die Expertise noch das Interesse, eigene Games im Krieg-der-Sterne-Universum zu entwickeln. Und dem fiel auch das bereits mit einem längeren Gameplay-Trailer angekündigte Spiel „1313“ zum Opfer – das in der kriminellen Unterwelt von Coruscant spielen sollte.

Dafür erhielt 2013 „Electronic Arts“ für zehn Jahre die Exklusiv-Lizenz für Star-Wars-Games. Und das Ergebnis fiel mager aus. Fünf Spiele erschienen. Doch nun ist die Lizenz abgelaufen und Disney hat die Vereinbarung nicht verlängert. Darum hat Ubisoft mit Outlaws die Chance bekommen, das die Grundidee von „1313“ aufgegriffen und weiterentwickelt hat. Mit Erfolg. Und es tut tatsächlich gut, keine epische Geschichte zwischen Jedi und Sith zu erleben. Oder den Kampf der Rebellen gegen das Imperium, nach der Eroberung von Hoth.

Vielmehr begleiten wir eine eher durchschnittliche Figur, die sich in den Wirren der Unterwelt behaupten und überleben will. Und wir hätten nicht gedacht, dass diese Idee uns so in den Bann zieht, dass wir den Controller nicht mehr aus der Hand legen wollen. Für eine weitere Mission ist noch Zeit und dann können uns das Update für den Gleiter leisten, denn die nächste Mission wird das ganz große Ding. Das haben wir uns allerdings vor drei Missionen auch schon gesagt …