Youtube-Star „Standart Skill“ Der nette Zocker von nebenan

Neuruppin · Der 26-jährige „Standart Skill“ alias Philip Geißler aus Neuruppin ist mit seinen „Fortnite“-Videos einer der zehn erfolgreichsten Gaming-Youtuber in Deutschland. 2,8 Millionen Abonnenten zählt sein Kanal.

 „Standart Skill“ alias Philip Geißler.

„Standart Skill“ alias Philip Geißler.

Foto: Standart Skill / Michael Jahn

„Ich fühl das abnormal“, „Ich hoffe, man kann das mit Paypal zahlen, Digger“, „Insane, was wir hier gerade gemacht haben!“ So klingt jemand, der gerade für 10.000 Euro eine vergoldete Playstation kauft. Nicht zum Spielen, sondern als „Wertanlage“ – und damit Hunderttausende zuschauen können, wie einer etwas wirklich Verrücktes macht. Der Youtuber Philip Geißler alias „Standart Skill“ filmt sich, wie er zockt, wie er schöne Dinge auspackt, wie er stundenlang die neuesten Erweiterungen des Online-Spiels „Fortnite“ ausprobiert. „Standart Skill“ erreicht aktuell 2,88 Millionen Menschen, die seinen Kanal abonniert haben. Der 26-Jährige liebt Spiele, Kraftsport, Autos, und seine Zielgruppe zwischen zehn und 18 Jahren liebt ihn. Denn wo Eltern schnell nur noch große Fragezeichen über dem Kopf haben, ist der junge Mann in seinem Element.

„Ich zocke, seit ich sechs oder sieben Jahre alt bin“, erzählt Geißler, und man könnte beim ersten Blick auf sein Lieblingsspiel „Fortnite“ (FSK: 12 Jahre) glauben, dass auch das etwas für Kinder ist. In quietschbunter Comic-Grafik laufen weltweit schätzungsweise 250 Millionen Spieler umher, fliegen mit Luftballons auf Hochhäuser, ziehen sich mithilfe von Gummipömpel-Kletterhaken an Wänden hoch und schießen einander mit bunten Scharfschützengewehren ab. „Viele mögen ja am liebsten realistische Spiele, das hat mir aber nie so gefallen“, sagt Geißler, der auch gerne Animes schaut, japanische Zeichentrickfilme, die in der Gaming-Gemeinschaft hoch im Kurs stehen.

Auf Instagram sieht man den Influencer auf einem BMX-Fahrrad unter Palmen, beim Anspannen der Bauchmuskeln vor einem Badezimmerspiegel, Geldschein-Pakete schultern und in seinem Lamborghini Huracan. „Das war schon als kleiner Junge so: Ich liebe Autos über alles. Ich würde lieber in einer Einzimmerwohnung leben, als darauf zu verzichten. Ich habe andere Prioritäten als Haus und Garten“, sagt Geißler.

Jeden Tag verbringe er rund zwei Stunden mit Spielen, danach gehe für ihn die Arbeit aber erst richtig los: Videoproduktion, schneiden, Vorschaubilder produzieren, oft ergebe sich so ein Zehn- bis 15-Stunden-Tag: „So ist das, wenn man selbstständig ist. Man muss sehen: Was sind die Ziele, die man hat?“ Youtuber sein, jeden Tag ein Video zu produzieren, das sei für ihn „keine Arbeit, sondern ein Hobby, ein Lifestyle. Ich bin eh immer online“.

Die kleinen Vorschaubilder, hinter denen sich die neuesten Filme oder Streams von „Standart Skill“ auf Youtube verbergen, zeigen das überraschte Gesicht Geißlers, wie er auf Videotitel wie „Nur mit *neuer* Laser Waffe gewinnen (krank)“ blickt. Die Videos selbst, die Geißler zufolge „Entertainment, Spaß und Tipps“ enthalten sollen, nutzen ein geschicktes Mittel, das aus anderen Let’s-Play-Videos bekannt ist: Ein möglichst sympathischer, entspannter Gamer spielt zwischen zehn Minuten und mehreren Stunden ein Computerspiel, während er sich filmt und das digitale Geschehen unterhaltsam kommentiert. Es entsteht eine Wohnzimmer-Atmosphäre, für ältere Zuschauer auch Nostalgie, wie früher, als man sich bei Chips und Cola mit Freunden die Nächte um die Ohren gezockt hat, bis die Eltern einen ins Bett zwangen.

Nur, dass es hier eben kein Schulkumpel ist, dem man beim Labern zuhört, sondern ein Mensch, der sein Geld damit verdient. Das Geschäftsmodell: „Standart Skill“ bekommt einen geringen Prozentsatz der Einnahmen, die das ansonsten kostenlose „Fortnite“ generiert, wenn Spieler sich beispielsweise für das Spiel irrelevante, aber hübsche „Skins“ kaufen, also ein neues Aussehen für die Spielfigur. Diese „Skins“ wiederum stellt Geißler in seinen Videos detailliert vor. Diese Mikrotransaktionen, für die die Spieler immer nur ein paar Euro in die Hand nehmen (und die das „Fortnite“-Stoftwareunternehmen Epic Games die Partnerschaft mit Apple gekostet hat), sind ein rotes Tuch für viele Spieler, manche Eltern sehen in ihnen eine unwiderstehliche Verlockung fürs Taschengeld.

„Hinter dem Spiel sitzen Entwickler, die Updates herausbringen und von etwas leben müssen“; sagt Geißler, und er selbst werde durch seinen Job nicht reich: „Ich muss am Ende des Monats nicht schauen, ob ich meine Miete bezahlen kann.“ Seine Einnahmen ergänzt der Youtuber durch Werbeverträge für Gaming-Schreibtische, Spielecontroller und andere Hardware, die an entsprechenden Stellen in den Videos oben links klein mit „Werbung“ gekennzeichnet werden.

Die Verantwortung, was Kinder und Jugendliche im Internet konsumieren, sieht Geißler bei den Erziehungsberechtigten: „Ich hatte selbst Eltern, die mir viel verboten haben. Ich kann auch nicht sagen, wie viel man am Tag spielen sollte.“ Ob er sich als Vorbild für seine jungen Zuschauer verstehe? „Ein Vorbild will ich nicht sein. So jemand muss alles zu 100 Prozent richtig machen. Das ist eine krasse Position.“ Zumindest harte Beleidigungen, wie sie in manchen Spielen gängig sind, gibt es bei „Standart Skill“ nicht: „Ich sage dann zum Beispiel Quatschbegriffe wie ,Paulberger’ oder so.“

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