Starcraft II: Wings of Liberty Bewegende, filmreife Echtzeit-Strategie

Düsseldorf (RPO). Blizzard hat sich 12 Jahre Zeit gelassen, um das erfolgreichste Echtzeitstrategie-Spiel aller Zeiten fortzusetzen – und neue Wege zu gehen. Starcraft braucht etwas Zeit, um in Fahrt zu kommen. Doch am Ende wird Starcraft II für Echtzeit-Strategie das, was Avatar fürs Kino war.

Erste Eindrücke aus Starcraft II
29 Bilder

Erste Eindrücke aus Starcraft II

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Düsseldorf (RPO). Blizzard hat sich 12 Jahre Zeit gelassen, um das erfolgreichste Echtzeitstrategie-Spiel aller Zeiten fortzusetzen — und neue Wege zu gehen. Starcraft braucht etwas Zeit, um in Fahrt zu kommen. Doch am Ende wird Starcraft II für Echtzeit-Strategie das, was Avatar fürs Kino war.

Wie oft ist es passiert, das man ergriffen und aufgewühlt den Abspann eines Spieles sah? Wenn der Protagonist Jim Raynor den menschlichen Teil seiner heimlichen Liebe Sarah Kerrigan wiederfindet, die im ersten Teil zu einem Zerg-Hybriden mutierte. Auf seinen Armen trägt er sie auf einem verwüsteten Planeten in den bedrohlich roten Sonnenuntergang.

Wie oft ist es passiert, dass einem am Ende ein kalter Schauer über den Rücken lief? Selten, sehr selten. Und bei Echtzeitstrategie-Spielen noch nie. Auch nicht beim ersten Starcraft, das durchaus Momente hatte, die bis heute in Erinnerung geblieben sind.

Die bewegende, mitreißende Story ist die große Stärke von Starcraft II: Die Grenze zwischen Spiel und Film verschwimmt. Und fast scheint es, als ob Drehbuchautoren bei Blizzard mehr zu tun haben als Gamedesigner. Denn eigentlich kämpft man sich nur durch die Missionen, um die nächste, beeindruckende Video-Sequenz zu sehen und um zu erfahren, wie die Story weitergeht.

Zugegeben, die Geschichte ist nicht immer frei von Klischees und Stereotypen. Und zumindest die deutsche Synchronisation wirkt an einigen Stellen seelenlos. Aber mit all ihren Wendungen zieht die Story einen langsam mit, um gegen Ende zu einer emotionalen Tour de Force zu werden.

Die Schattenseiten

Allerdings benötigt die komplexe Geschichte Zeit, um in Fahrt zu kommen. Die ersten Missionen wirken für Veteranen des ersten Teils fast wie Tutorials. Und wenn man sich in der dritten Mission gegen den Ansturm der Zerg verteidigen muss, bis man von einem Raumschiff abgeholt wird — das kommt einem aus der ebenfalls dritten Mission des Ursprungs-Starcraft sehr bekannt vor.

Nein, Starcraft II drückt nicht aufs Gas, um die Charaktere zu entwickeln und in Position für die nächste Wendung zu bringen. Weil man zudem die Wahl hat, auch Nebenmissionen zu erfüllen, wird der Fluss der Geschichte immer wieder unterbrochen.

Rollenspiel-Touch

Sicher, man muss sie nicht erfüllen, dafür winken aber Geld und Forschungspunkte. Und die werden dringen benötigt. Denn Starcraft II hat einen Hauch von Rollenspiel. Man kann Upgrades für Truppenteile und Gebäude kaufen. Oder man lässt an Bord seines Raumschiffs danach forschen. Weil man sich im Laufe des Spiels aber niemals alle Upgrades leisten oder genug Forschungspunkte investieren kann, entwickelt sich so langsam rollenspiel-typische Stärken und Schwächen.

Blizzard hat dafür das klassische Stein-Schere-Papier-Prinzip der Einheiten in einem Strategie-Spiel etwas verwässert. Innerhalb gewisser Grenzen kann jede Einheit jede schlagen. Allerdings mal mehr, mal weniger effektiv. Da kommt es auf die Taktik des Spielers an. Und wenn man sich völlig verzettelt hat, kann man immer noch Söldner anheuern. Aber das kostet wiederum Geld, von dem man nie genug hat.

Dirty Space

Gespräche, Upgrades und nächste Mission wählt man an Bord von Raynors Flaggschiff aus: der sehr schön schmutzig gezeichneten Hyperion. Alles an Bord sieht gebraucht oder recycelt oder nach mühsam reparierten Schrott aus.

Schmutzig eben, weil niemand Zeit hat, das Schiff so sauber wie eine Enterprise zu halten, bei der man stets vom Boden essen konnte. Schließlich ist Raynor je nach Standpunkt ein gejagter Widerstandskämpfer oder Verbrecher, der sich mit Terranern, insektoiden Zerg und auch fortgeschrittenen Protoss anlegt. Am besten gleichzeitig.

Die Schlachtfelder

Dafür gibt es die Schlachtfelder. Und die sind sehr viel detaillierter geworden und plastischer geworden. Man kann sogar heranzoomen, um die Pixel-Pracht aus der Nähe zu betrachten. Leider können die animierten Einheiten da nicht immer Schritt halten. Auch die Größenverhältnisse scheinen bisweilen seltsam. Ein Raumschiff beispielsweise wirkt kaum größer als zwei Gebäude. Das stört zwar nicht, fällt aber trotzdem auf.

Am Spielprinzip indes hat Blizzard nach dem Erfolg des Vorgängers anscheinend nicht gewagt, Hand anzulegen. Ja, es sind ein paar Einheiten dazu gekommen, und viele Gebäude lassen sich upgraden. Immer noch werden Versorgungsdepots gebaut, um die eigene Truppenstärke aufzustocken. Mineralien und Vespin-Gas sind notwendige Ressourcen, die geschützt werden müssen — während die eigenen Truppen die gegnerische Basis zerstören.

Schlachten sind nach wie vor hektische Angelegenheiten, bei denen sich nicht aus der Ruhe bringen darf. Auch wenn es an allen Ecken knallt, neue Einheiten rekrutiert und an die richtige Stelle gelotst oder dringend benötigte Upgrades in Auftrag gegeben werden. Wenn sich dann noch die Missionsziele plötzlich ändern, ist es wieder da — das Starcraft-Fieber.Und immer noch ist es die Mischung aus Mikro- und Makro-Management, die eine Schlacht entscheidet. Die KI beherrscht das mittlerweile auch recht geschickt und kann einen bisweilen ganz schön vor Probleme setzen.

Die Wertung

Starcraft-Veteranen erhalten ihr Spiel zurück, nur schöner und etwas anspruchsvoller. Neuen Spieler dagegen dürfte der Einstieg nicht schwer fallen. Beide erhalten ein Echtzeitstrategie-Spiel, das überdurchschnittlich ist und sich mit an die Genre-Spitze setzt. Was das Spiel indes vor allen anderen auszeichnet, ist die filmreife Story.

Das man sich anders als beim ursprünglichen Starcraft nun nur auf die Terraner konzentriert hat, verleiht der Geschichte mehr Tiefe. Und nach dem bewegenden Ende weiß man auch, dass man keine 12 Jahre bis zur Fortsetzung warten muss. Starcraft II ist der erste Teil einer Trilogie. Der Nächste kommt als Erweiterung zum Hauptspiel raus. Und da übernimmt man die Rolle der Zerg. Als zweiter Teil einer Trilogie dürfte das noch düsterer ausfallen.

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