Hack’n’Slay „Undecember“ Die Klick-Orgie hat endlich ein Ende

Meinung | Düsseldorf · Das südkoreanische Hack’n’Slay Undecember klaut bei allen bekannten Genrevertretern und erfindet kein einziges Rad neu. Und trotzdem könnte es etwas unmöglich geglaubtes schaffen: den schönen Grind.

Am 12. Oktober 2022 erscheint das Free to Play Videospiel „Undecember“ in Europa.

Am 12. Oktober 2022 erscheint das Free to Play Videospiel „Undecember“ in Europa.

Foto: Line Games

Revolutionär unoriginell: Das Hack’n’Slay Undecember des koreanischen Entwicklers Line Games macht wirklich überhaupt nichts neu. Es klaut bei jedem größeren Vertreter des Genres der vergangenen 20 Jahre und das völlig unverhohlen ohne mit der Wimper zu zucken. Unser Autor hat zwischen Donnerstag und Sonntag 25 Stunden in dem Spiel versenkt und will am liebsten sofort weiterspielen. Denn eine einzige Sache macht Undecember besser als alle seine geistigen Vorgänger.

Gut abgeschrieben

Die Entwickler haben sich geschickt die besten und originellsten Merkmale etablierter Vertreter herausgepickt. Um nur einige der offensichtlichsten zu nennen:

  • Das Haustier, das Gold und Gegenstände aufsammelt, gab es schon in Torchlight vor fast 13 Jahren.
  • Gold-Goblins und deren Portale in den Hort voller Reichtümer gibt es seit Diablo 3.
  • Ein modulares Skill-System wie in Path of Exile lässt den Spieler verschiedene Fähigkeiten miteinander kombinieren, einzeln hochleveln und jederzeit tauschen.
  • Kosmetische Gegenstände und zusätzliche Sortierfunktionen für die Schatzkiste gegen Echtgeld kennt man ebenfalls aus Path of Exile.
  • Passive Skillbäume in Form von Sternenbildern kennen Spieler, die mit Grim Dawn vertraut sind.

Die Kombination all dessen gelingt Undecember überraschend gut. Man könnte sagen: Die einzelnen Puzzleteile wurden so geschliffen, dass sie geschmeidig ineinandergreifen.

Das größte Problem

Was ist das größte Problem, vor dem jedes Hack’n’Slay der Computerspielegeschichte zwangsläufig irgendwann steht? Der Grind im Endgame. Zu Deutsch: das langwierige Abfarmen der immer gleichen Gegner und Gebiete, wenn die eigentliche Story vorüber ist und jeder neue Ausrüstungsgegenstand nur noch Verbesserungen im niedrigen Prozentbereich bedeutet. So routiniert das zu diesem Zeitpunkt auch sein mag: Tausende und abertausende Male müssen Gegner angeklickt und virtuell kleingeklopft werden. Immer in der Hoffnung, dass der nächste vielleicht die nächsten paar Prozent Leistungssteigerung fallenlässt.

Die Lösung

Undecember hat eine so simple und elegante Lösung für das Problem gefunden (abgeguckt), dass sich die Frage stellt, wieso das nicht schon früher jemand gemacht hat. In Undecember kann der Spieler den Hauptangriff auf „automatisch“ setzen. Jeder Gegner in Reichweite wird damit automatisch anvisiert und angegriffen. Der Spieler muss sich quasi nur noch um die Bewegung und das Auslösen von sekundären Fähigkeiten kümmern. Mit exakt diesem Prinzip war 2021 zum Beispiel „Vampire Survivors“ ebenfalls sehr erfolgreich.

Und weil das automatische Monster-Gemetzel auch optisch sehr gut daherkommt, kann man sich als Spieler zurücklehnen und genießen. Zwischen den Runden wird der Charakter gemanagt, Tränke gebraut, Gegenstände verglichen usw. Aber der eigentlich anstrengende, weil repetitive Teil wird über weite Strecken zum stressfreien Zuschau-Erlebnis.

Free to Play

Der einzige Haken, wenn man so möchte, ist das „free to play“-Modell. Gespielt werden kann kostenlos, aber dem eifrigen Sammler werden zahlreiche Echtgeld-Knüppel zwischen die Beine geworfen. Mehr Platz in Kiste und Inventar? Nur gegen Geld. Sortierfächer für die zig verschiedenen Materialien? Gegen Geld. Mehrere Tränke parallel und schneller brauen? Natürlich, gegen Geld.

Wie aggressiv und lästig das Bezahlmodell den Spielfortschritt am Ende tatsächlich ausbremst, muss jeder für sich entscheiden. Path of Exile hat bewiesen, dass es auch einen Weg gibt, der von der Community wohlwollend (und auch finanziell ausreichend) honoriert wird.

Veröffentlichung im Oktober

Eine Woche lang, vom 3. bis 10. Oktober, war „Undecember“ als Demoversion auf Steam spielbar. Am 12. Oktober soll das Hack’n’Slay weltweit erscheinen, in Asien läuft das Spiel bereits seit Januar.

Ob das Spiel, das bereits jetzt sehr rund läuft, seinen Erfolg im Rest der Welt wird fortsetzen können, wird nicht zuletzt auch davon abhängen, wie gut die Entwickler weiter daran arbeiten. Erfahrungsgemäß hat ein großer Teil der Spielerschaft schnell das Endgame erreicht und dürstet dann nach neuen Inhalten. Und eine vollständige Controller-Unterstützung wäre auch fein. Aktuell muss man als PC-Spieler immer wieder zwischen Controller und Maus wechseln, um etwa das Inventar sinnvoll verwalten zu können.

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