Geburtstag der Kult-Konsole Warum wir den Game Boy immer noch so lieben

Düsseldorf · Am Sonntag wird Nintendos Mini-Konsole Game Boy 30 Jahre alt. Ein nostalgischer Rückblick auf ein Gerät, das eine Generation beeinflusste. Von Tetris bis zum Spiele-Tausch auf dem Schulhof.

30 Jahre Game Boy - wir schwelgen in Erinnerungen
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20 Jahre Game Boy

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Auch wenn wir es damals noch nicht wussten, der 21. April 1989 war der Tag, der unsere Kindheit veränderte. Just an diesem Tag brachte in Japan Nintendo einen unscheinbaren, grauen Kasten auf den Markt: Game Boy stand darauf. Eine Videospielkonsole im Hosentaschenformat – wobei man sich heute getrost fragen darf, was das für Hosen gewesen sein müssen. Denn auch wenn das minimalistische Design mit Fadenkreuz, vier Knöpfen und einem grau umrandeten, kleinen grünen Bildschirm längst zur Ikone geworden ist, ähnelte der Game Boy doch mehr einem Backstein als einem handlichen Gerät zum schnellen Verstauen in der Gesäßtasche.

Während das Videospielsystem ab dem Frühjahr 1989 seinen Siegeszug in Japan und den USA antrat, mussten wir Europäer uns noch 16 Monate gedulden, ehe das Gerät auch hierzulande erhältlich war und spätestens an Weihnachten 1990 unter so manchem Christbaum lag.

Game Boy wird 30 Jahre alt: So toll waren die Spiele
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So toll waren die Spiele auf dem Game Boy

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Foto: dpa/Andrea Warnecke

Der Erfolg dürfte Nintendos wildeste Träume noch übertroffen haben. Er war eng verbunden mit einem süchtigmachenden Puzzlespiel, das der russische Entwickler Alexei Leonidowitsch Paschitnow ersonnen hatte: Tetris wurde als pädagogisch wertvolle Einstiegsdroge jedem in Europa erhältlichen Game Boy beigelegt. Ein genialer Schachzug von Nintendo. Kein Ballerspiel, kein Jump n Run (Speilfigur bewegt sich springend und laufend), nein: ein intuitives Klötzchen-Puzzle, das auch Erwachsene spielen konnten, was ihre Skepsis gegenüber dem Gerät zumindest abmilderte. Denn viele Erziehungsberechtigte dürften wohl geahnt haben, was ihr Nachwuchs mit dem Wunsch nach der Mini-Konsole eigentlich bezweckte: den Spieltrieb der elterlichen Kontrolle so weit wie möglich zu entziehen und die Spielzeit so weit wie möglich auszudehnen. Schnell wurden an den Schulen die ersten Game-Boy-Verbote ausgesprochen. Auf den Schulhöfen wurden trotzdem fleißig die viereckigen grauen Steckmodule mit den Spielen darauf getauscht.

In unserer Freizeit konnte man uns Kinder in Trauben um einen Spieler versammelt sehen. Über den kleinen, unbeleuchteten Bildschirm gebeugt begutachteten wir, wie gut unser Mitschüler Super Mario von links nach rechts hüpfen ließ. Zwar hatte Nintendo versucht, dem Gemeinschaftserlebnis auch technisch Rechnung zu tragen. Per Kabel ließen sich zwei Geräte miteinander verbinden, um etwa Tennismatches gegeneinander auszutragen. Für das Spiel „F1 Racer“ gab es sogar ein Zusatzmodul, mit dem man bis zu vier Game Boys koppeln konnte. Doch wirklich durchsetzen konnten sich solche Kopplungsversuche nicht. Das Game-Boy-Spielen blieb ein Ein-Spieler-Erlebnis.

Videospiele im Hosentaschenformat hatte es schon vorher gegeben. LCD-Spiele hießen die kleinen Geräte, die dem Game Boy noch am nächsten kamen. Diese Schmalspur-Varianten bestanden aber jeweils nur aus einem Spiel. Der Hintergrund war in der Regel bemalt, darüber liefen einzelne Bilder, die mit Flüssigkristallen erzeugt wurden – so wie bei einer Digitaluhr oder einem Taschenrechner. Und ähnlich fesselnd. Abwechslungsreicher Spielspaß oder auch nur das Erzählen einer Geschichte waren auf diesen technisch stark limitierten Geräten unmöglich.

Der Game Boy ändert das auf einen Schlag. Das mitgelieferte Universum war vor allem eines: niedlich. Und zumindest auf dem älteren Bruder des Game Boy, der TV-Spielekonsole Nintendo Entertainment System, quietschbunt. Mario, Donkey Kong und Kirby – die Nintendo-Spielewelten waren bevölkert von sympathischen rundlichen Wesen, die in erster Linie Kinder ansprachen.

Wer der Generation Game Boy angehört, dem läuft noch heute ein wohliger Schauer über den Rücken, wenn er daran denkt, wie kurz nach einem beherzeten Drücken des Power-Buttons das Nintendo-Logo auf dem grünen Display von oben nach unten läuft. Zwei kurze Töne erschallen – zweimal das C, in aufeinander folgenden Oktaven. Das Startsignal fürs Eintauchen in eine andere Welt.

Dafür war zu Beginn vor allem Frustresistenz nötig. Denn es sollten erst noch ein paar Monate ins Land gehen, ehe eine radikale Neuerung Einzug hielt: das Speichern. Die ersten Spiele waren so simpel gestrickt wie Arcade-Spielautomaten. Auch dort war es kein Beinbruch, wenn man nach einem besonders guten Durchgang abstürzte und ein bitterböses „Game Over“ im Bildschirm auftauchte. Dass man ein Spiel an einer Stelle abspeichern und zu einem späteren Zeitpunkt weiterspielen könnte, kam uns gar nicht erst in den Sinn. Wir drückten die Pause-Taste, legten den Game Boy zur Seite, wenn es Abendessen gab, und nahmen das Spiel – so denn die Batterien nicht ihren Dienst versagt hatten – später wieder auf. Erst Spiele wie „Super Mario Land 2“ hatten drei Spielstände. Möglich machten dies kleine Batterien in den Steckmodulen selbst, die allerdings die Spiele unbrauchbar machten, wenn sie einmal aufgebraucht waren. Denn anders als die vier AA-Batterien ließen sich diese nur mit handwerklichem Geschick und Lötkolben wechseln.

Nintendo brachte bald schon Game-Boy-Nachfolger heraus, auf denen man alte Spiele weiter zocken konnte. 2002 erschien mit „One Piece!“ der letzte Titel, der mit den Game Boys der ersten Generation kompatibel war. Laut einer Erhebung von VG-Chartz wurden bis Ende des vergangenen Jahres 501 Millionen Spiele für den klassischen Game Boy verkauft.

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