"The Bureau: XCOM Declassified" durchgespielt Als Männer noch echte Kerle waren

Düsseldorf · XCOM – das steht eigentlich für rundenbasierte Taktikgefechte gegen Aliens. In "The Bureau" möchte Publisher 2K diese Formel aufbrechen und hat daraus einen actiongeladenen Deckungs-Shooter gemacht. Das Ergebnis ist gut, es hätte aber mit etwas Feinschliff noch besser sein können.

Screenshots aus "The Bureau: XCOM Declassified"
7 Bilder

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XCOM — das steht eigentlich für rundenbasierte Taktikgefechte gegen Aliens. In "The Bureau" möchte Publisher 2K diese Formel aufbrechen und hat daraus einen actiongeladenen Deckungs-Shooter gemacht. Das Ergebnis ist gut, es hätte aber mit etwas Feinschliff noch besser sein können.

1962 — das war die Zeit des Kalten Krieges, als man in den USA an jeder Ecke eine Bedrohung durch die Kommunisten witterte und sich an noch mehr Ecken auf den Ernstfall vorbereitete. Und diese Zeit der Paranoia fängt "The Bureau" sehr gut ein.

Alles wirkt wie aus den Science-Fiction-Kino-Klassikern jener Zeit, als Männer noch echte Kerle und Frauen in herausgehobenen Positionen eine Ausnahme waren — und selbst dann noch meist Röcke trugen. In "The Bureau" trifft XCOM auf die TV-Erfolgsserie "Mad Men".

Und dem Spiel gelingt es tatsächlich, die Atmosphäre und den Look jener Zeit vor 50 Jahren einzufangen. Es beginnt mit Details wie surrenden Tonbandgeräten und gewaltigen Fernsehwänden bis hin zum Zigarettenqualm, der ständig irgendwo zu sehen ist: In dem Spiel wird passend zur Zeit viel geraucht. Sehr viel sogar.

Anders als beim "großen Bruder" XCOM, das ein reines Taktikspiel ist, gibt es nun mit William Carter eine Hauptfigur. Einst ein Vorzeige-CIA-Agent ist er nach dem Tod seiner Familie nur noch ein alkoholkrankes Wrack, das sich mit der ersten Welle der Alien-Invasion aber zusammenreißen muss — um die letzte Verteidigungslinie gegen die Außerirdischen zu bilden.

Carter soll nur einen Aktenkoffer zu einer hochrangigen Geheimsitzung auf einer Militärbasis bringen. Der Inhalt scheint jedoch so brisant, dass die Aliens, im Spiel "Outsiders" genannt, sich entscheiden, nun loszuschlagen und mit der Invasion der Erde zu beginnen.

Da setzt "The Bureau" ein. Man steuert Carter in der Third-Person-Perspektive, geht mit ihm in Deckung und schießt auf die Eindringlinge. Was anfangs wie eine Shooter wirkt, entwickelt sich zur Taktik-Herausforderung, so bald man die ersten Begleiter an seiner Seite hat.

Dann kann man in der Gefechtsansicht das Spiel enorm verlangsamen, um aus den Fähigkeiten der Begleiter die gewünschte Option auszuwählen: Sei es der Einsatz eines automatischen Geschützes, die Anforderung eines Luftschlags oder den Soldaten an eine Stelle zu befördern, von der aus er den Angreifern in die Flanken fallen kann.

Setzt man eine der Fähigkeiten ein, muss man indes etwas warten, bis man sie erneut auswählen kann. Sonst wäre der Spieler mit seinen Begleitern auch zu übermächtig. Voraussetzung für die meisten Optionen ist zudem, dass man den Begleiter aufgelevelt hat. Erfahrung gewinnt er über absolvierte Missionen.

Wenig intuitive Taktik-Auswahl

Die Auswahl der Taktiken in der Gefechtsansicht, während das Geschehen in Zeitlupe weiterläuft, ist aber etwas gewöhnungsbedürftig und nicht ganz so intuitiv oder flüssig, wie man es sich wünschen würde. Man stirbt darum anfangs sehr schnell, bis man gelernt hat, mit den Optionen und ihrer Auswahl umzugehen. Zumal selbst auf niedrigeren Schwierigkeitsgraden die Aliens ziemlich tough sein können.

Während die Gegner-KI ganz gut funktioniert, kann man leider nicht das Selbe über die künstliche Intelligenz der Begleiter sagen. Gibt man ihnen einen Befehl, führen sie ihn auch aus — allerdings ohne Rücksicht auf sich selbst: Sie rennen bisweilen aus einer Deckung mitten ins Kreuzfeuer.

Also ruft man immer wieder die Gefechtsansicht auf und steuert anfangs fast jede ihrer Bewegungen. Man gibt ihnen dann einen virtuellen Klaps auf den Hinterkopf, wenn sie sich wieder dumm anstellen — bis man gelernt hat, ihnen die Befehle so zu geben, dass sie sich nicht gleich umbringen. Das geht durchaus, erfordert aber etwas Einarbeitungszeit und tatsächlich überlegtes Vorgehen.

Der Lohn der Mühe: Es entwickelt sich tatsächlich ein Taktik-Shooter, der viele Freiheiten lässt — weil die meisten Areale genug Möglichkeiten bieten, um dem Gegner zu umgehen oder diverse Fallen aufzubauen. Da wird das Spiel dann richtig gut. Vor allem auch, wenn William Carter seine einzigartigen Fähigkeiten einsetzt. Unter anderem kann er Gegner technisch unterstützt in die Höhe reißen, seinen Soldaten gibt man dann den Befehl, kritische Treffer zu landen.

Sollten die Begleiter in den Missionen sterben, sind sie mit allen ihren errungenen Fähigkeiten auch wirklich verloren. Der Spieler muss wieder Rekruten anfordern und über absolvierte Missionen wieder hochleveln. Neue Soldaten kann man dabei vom Namen angefangen über die Kleidung personalisieren — doch wie bei "XCOM: Enemy unknown" bleiben sie blass.

Allerdings schmerzt ihr Verlust nicht so sehr wie beim großen Bruder. Man zieht ohnehin immer nur mit zwei Soldaten in den Kampf. Es gibt also keine sorgsam ausgesuchte Squad aus sechs oder mehr Soldaten. Verliert man in "The Bureau" einen oder zwei von ihnen, macht man mit anderen weiter. Schließlich gibt es in jedem Gebiet genug Optionen, um mit verschiedenen Team-Zusammenstellungen gewinnen zu können.

Nach einer Lernphase macht das Spiel Spaß

Anders als bei XCOM muss man sich auch nicht um den Ausbau der Basis kümmern. Es gibt sie zwar, und man kann sehr viel Zeit dort verbringen, um Gesprächen zu lauschen oder selbst welche zu führen.

Was anfangs noch fasziniert, entwickelt sich mit der Zeit dann leider eher zum Pflichtprogramm: Zu uninteressant sind viele der Charaktere, zu belanglos das, was sie zu sagen haben. Da verschenkt "The Bureau" einiges an Potenzial. Zumindest kann man dort neue Waffen entwickeln und testen lassen. Und das macht immer wieder Spaß.

Die Story selbst schraubt sich von einer Wendung zur nächsten. Ja, das wirkt unglaubwürdig, aber man kann diese völlig überzogene Mischung aus vielen Science-Fiction-Klischees der 60er Jahre auch einfach nur genießen. So ganz schafft das Spiel es zwar nicht, die Brücke zum großen Bruder XCOM zu schlagen, der Jahrzehnte später spielt.

Es kann darum auch nicht als Sequel gelten. Aber "The Bureau" macht Spaß, sobald man die Taktik-Elemente gezielt einsetzen und die Kontrolle über seine beiden Begleiter hat — ohne dass sie sich suizidal ins Alien-Feuer stürzen. Wenn man sich diese Zeit nimmt, ist "The Bureau" tatsächlich ein gutes Spiel. Es hätte aber mit etwas Feinschliff grandios werden können.

Wertung

Grafik 7,5 von 10
+ 60er Jahre gut in Szene gesetzt
+ stimmungsvolle Effekte beim Einsatz der Fähigkeiten
- auf Dauer zu wenig verschiedene Gegner

Sound 9,0 von 10
+ großartige musikalische Untermalung
+ gute Sprecher
+ gute Effekte

Gameplay 6,5 von 10
+ viele taktische Möglichkeiten
- Steuerung nicht intuitiv
- anfangs etwas schwer
- erfordert etwas Einarbeitung

Story 6,5 von 10
+ Story fängt die Paranoia der 60er Jahre ein
+ viele Wendungen
- Erzählweise etwas gewöhnungsbedürftig
- voller Klischees

Gesamtwertung 7,4 von 10

(jov)
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