Microsoft startet die Next Gen in Deutschland Alles, was Sie zur Xbox One wissen müssen

Während der Rest der Welt bereits mit großen Augen auf die PlayStation 4 schaut, kommt die Xbox One von Microsoft in Europa zuerst zum Zug. Als erste Konsole der nächsten Generation erscheint das knapp 500 Euro teure Schwergewicht offiziell am 22. November. Antworten auf die wichtigsten Fragen gibt es hier.

Alles, was Sie zur Xbox One wissen müssen
Foto: Microsoft

Auf der E3 2013, der größten Messe für Videospiele weltweit, ließ Microsoft keinen Fettnapf aus, um es sich mit der versammelten Spielerschaft zu verscherzen: Gebrauchtspiele-Sperre, Internet-Zwang und die Spieler ausspähende Kinect-Kameras brachten das Internet zum Kochen.

Viel ist von den ursprünglichen Plänen nicht mehr übrig, wirklich schwer wiegt die Eingrenzung der Release-Länder: Australien, Brasilien, Mexiko, Neuseeland, Kanada, USA, sowie Österreich, Frankreich, Irland, Italien, Spanien, England und Deutschland gehören zu den einzigen Märkten, die ab Freitag zur Konsole greifen dürfen. Unsere europäischen Nachbarn wie Polen, Holland, Belgien gehen ebenso leer aus, wie Japan. Hier heißt es weiterhin "irgendwann 2014".

Tatsächlich scheint die Xbox One laut diverser Forenbeiträge bereits jetzt an zahlreichen Stellen "ausverkauft" zu sein, selbst Vorbesteller haben in vielen Fällen das Nachsehen und werden auf die Wartebank geschoben. Ob diese "Knappheit" künstlich herbeigeführt wurde, um die PR-Maschinerie zusätzlich zu ölen, oder ob Microsoft sich tatsächlich mit der Herstellung verschätzt hat, kann man von dieser Stelle aus kaum objektiv bewerten.

Groß, größer, Xbox One

Rein optisch gewinnt die Xbox One keinen Schönheitswettbewerb: Schwarz, so breit wie ein Aktenordner und um ein ganzes Stück größer als die PlayStation 4, kommt die neue Konsole von Microsoft daher. Die genauen Maße: 33,3 cm lang, 27,4 cm breit und 7,9 cm hoch. Vorsicht: Im Gegensatz zur Xbox 360 lässt sich die neue Konsole nicht mehr vertikal aufstellen.

Wer sich das knapp 500 Euro teure Paket gegönnt hat, der darf voller Stolz (neben der Konsole) folgende Gegenstände aus der Packung ziehen: die Xbox One Kinect Kamera, ein Headset, einen neuen Controller, ein 4k HDMI Kabel (interessant für die Glücklichen, die bereits einen 4k-fähigen Fernseher zu Hause stehen haben) und das Stromkabel inklusive großem, externen Netzteil. Letzteres ist ein Ärgernis im Gegensatz zur PlayStation 4, in der das Netzteil innerhalb der Konsole untergebracht wurde.

Ein zusätzlicher Controller kostet aktuell rund 60 Euro, alte Xbox 360 Controller funktionieren nicht zusammen mit der Xbox One. Wer sparen will, der kann auf zwei Bundles für je 529 Euro zurückgreifen, einmal inklusive FIFA 14 und einmal mit Call of Duty: Ghosts (beide als Download-Code, nicht in physischer Form).

Der neue Controller gefällt

Alles, was Sie zur Xbox One wissen müssen
Foto: Microsoft

Der Xbox One Controller kommt erstmal "nur" im schlichten Schwarz daher und wirkt auf den ersten Blick wie eine 1-zu-1 Kopie des Vorgängers. Wirklich neu sind tatsächlich nur die sogenannten "Impuls-Trigger", welche neben dem integrierten Rumble-Motor für weitere Abstufungen in der Weitergabe von "Empfindungen” ermöglichen. Der Schwachpunkt des alten Pads war seit jeher das schwammige Digitalkreuz, welches in der neuen Version erheblich hochwertiger und besser verarbeitet wirkt. Diesmal handelt es sich um ein zusammenhängendes Kreuz, keine einzelnen Buttons mehr.

Außerdem sehr positiv: die neuen Analogsticks sind griffig und haben einen sehr angenehmen Widerstand. Weniger gut: die hinteren Schulterknöpfe wurden abgerundet und lassen sich bei weitem nicht mehr so gut bedienen, wie vom alten Joypad gewohnt. Das wohl dickste Plus des neuen Controllers: der Akku läuft. Und läuft. Und läuft. Tatsächlich schaltet sich der Controller automatisch in den Stromsparmodus, wenn er auf den Tisch abgelegt wird. Sehr gut!

Kinect 2.0 - Schlechter Start

Die Kamera, welche mittlerweile sogar Gesichter erkennen kann und den User dementsprechend mit seinem Xbox Live Account (auch bei Freunden) anmeldet, hat in den letzten Monaten für viel Furore innerhalb der Internetgemeinschaft gesorgt. Viele Stimmen wurden laut, dass es zum Beispiel für die NSA möglich wäre, jederzeit ins Zimmer der Xbox Zocker zu blicken... um sie bei einer gemütlichen Runde Call of Duty anzufeuern. Das solche grundlegenden Dinge theoretisch auch mit jedem, neuen Handy funktionieren müssten, auf die Idee kommen nur wenige.

Ersten Berichten zufolge funktioniert Kinect noch immer längst nicht so, wie Microsoft es gerne hätte. Allen voran die viel beworbene Möglichkeit per Sprachbefehl Zugang zu sämtlichen Inhalten zu erlangen, zeigt sich insbesondere in Verbindung mit der deutschen Sprache als noch immer nicht praktikabel. Wer darüberhinaus seine Konsole auf "englisch" stellt, um in Spielen der Original-Sprachausgabe lauschen zum können, muss zwingend zu den englischen Sprachbefehlen und dem englischen Store greifen. Ein Kuddelmuddel, über welches sich bei Microsoft noch niemand große Sorgen gemacht zu haben scheint.

Tatsächlich greift die Kritik an Kinect aber noch an einer viel wichtigeren, weit abseits von paranoiden Verschwörungstheorien und Unstimmigkeiten liegenden Stelle, den Spielen und der Grundkomponente hinter Kinect, dem menschlichen Körper als Eingabe-Gerät für Videospiele. Das "Ur”-Kinect erschien Ende 2010 mit einem Hauch von "Revolution!” für Xbox 360 und hat seitdem vor allem eines deutlich gemacht: Nicht alle Spielkonzepte funktionieren mit Körperbewegungen. Präziser: nur eine Handvoll Spiele funktionieren überhaupt auf diese Weise.

Selbst eine Handbewegung ist eben nicht so schnell ausgeführt, wie ein Knopfdruck — was die "Bewegung” im virtuellen Raum zum Problem werden lässt. So sind viele der bislang erhältlichen Spiele nicht mehr als virtuelle Geisterbahnfahrten mit eingestreuten Reaktionstests, zum Beispiel in Fable: The Journey, Child of Eden, oder den extrem schlecht bewerteten Kinect Star Wars und Steel Battalion: Heavy Armor. Nur in seltenen Fällen hat man direkte Kontrolle über seine Spielfigur, vielmehr werden durch wildes Winken und Handverrenkungen diverse Aktionen auf dem Bildschirm ausgelöst. Wenn's mal nicht klappt, wird wieder gewunken. Und wieder. Und wieder.

Es ist tatsächlich ein äußerst trauriges Fazit, welches nach drei Jahren Kinect am Markt zu treffen ist: einzig durch den "Wii-Hype” gestärkte und etablierte Marken wie Just Dance, das Microsoft eigene Dance Central Franchise, oder ganz allgemein Fitness-Spiele (Your Shape, Zumba Fitness) zehren noch vom Verkaufserfolg und konnten die Gesten-Steuerung nicht nur gewinnbringend, sondern tatsächlich funktional integrieren. Die Frage lautet: wie lange werden "Casual” Zocker für Fitness-Spiele Geld auf den Tresen legen, wenn daheim bereits zig Vertreter im heimischen Regal vergammeln?

Im Angesicht des Kinect-Zwangs beim Neukauf einer Xbox One verwundert schon die Auswahl der Starttitel: Von den erhältlichen Titeln sind nur wenige direkt auf Kinect zugeschnitten, darunter das Ubisoft-Prügelspiel Fighter Within, das Tanzspiel Just Dance 2014 und Zumba Fitness: World Party (erscheint am 5. Dezember). Bei Zoo Tycoon kommt Kinect in diversen Minispielen zum Zuge, etwa um Tiere zu knuddeln - der Rest des Spiels wird klassisch per Controller gesteuert. Selbst das ursprünglich für Kinect angekündigte Crimson Dragon — ein Nischentitel, für viele Zocker jedoch ein guter Grund zum Kauf der Xbox One — ist mittlerweile zurück auf die klassische Joypad-Steuerung portiert worden.

Kurz: Es ist nicht nur die Kritik an der Gesten- und Sprachsteuerung generell, welche Kinect aktuell ins Abseits drängen, sondern vielmehr der objektiv feststellbare Mangel an passenden Spielen. Wer sich vor Augen führt, dass die Xbox One sicher auch aufgrund Kinect um stolze 100 Euro teurer ausfällt, als die PlayStation 4, kann diesen Malus kaum ignorieren.

Das Interface der Xbox One

Die Nutzer-Oberfläche der Xbox ONE orientiert sich deutlich am Kachel-System aus Windows 8. Per sogenannter "Pins" können die meist genutzten Programme als Abkürzung im Startbildschirm abgeheftet werden, per "Snap"-Funktion lassen sich selbst im laufenden Spiel Apps in einem neuen Fenster öffnen, zum Beispiel um mit Freunden zu skypen. Auch hier ist Kinect an jeder Stelle als steter Begleiter verankert, Sprachbefehle steuern die wesentlichen Funktionen.

Um überhaupt online zu spielen wird ein Xbox Live Gold Abo zur Voraussetzung, über welches man auch Zugang zur Cloud und weiteren Features erhält. Wer bereits Gold-Kunde ist, der übernimmt sein Konto problemlos von Xbox 360 auf Xbox One. Kostenpunkt für 12 Monate: knapp 45 Euro (aktueller Amazon-Preis), bei ominösen ebay- und Internet-Händlern kann beim (vorsichtigen!) Code-Einkauf gespart werden. Spieler mit vielen Freunden freuen sich über die auf 1000 Freunde erweiterte Freundesliste, welche jetzt im Twitter-Stil über die letzten Aktivitäten der Bekannten berichtet.

Groß angekündigt, zum Start in Deutschland aber leider verschoben, ist der Video Upload, mit dem sich das laufende Spiel ins Internet streamen lässt. Hier hängt Microsoft der PlayStation 4 bereits jetzt hinterher. Geplant ist der Video Upload für 2014.

Die Spiele zum Start

Nichts ist beim Start einer neuen Konsole so wichtig, wie die erhältlichen Spiele. Da die Xbox One beinahe zeitgleich mit der PlayStation 4 startet, überlagern sich die Starttitel der Dritthersteller: Titel wie FIFA 14, Call of Duty: Ghosts, Battlefield 4, Need for Speed: Rivals und Assassin's Creed IV: Black Flag sind für sich genommen also kein Alleinstellungsmerkmal für die eine, oder andere Konsole. Unterschiede zwischen der Versionen sucht man mit der Lupe, grundsätzlich ist der Tenor aber: PlayStation 4 > Xbox One. Dem Otto-Normal Zocker werden die kleinen Unterschiede jedoch kaum auffallen, zur Auswahl der Konsole sollten demnach auch andere Gründe geltend gemacht werden.

Verblüffend ist der hohe Preis der Spiele, der übrigens ähnlich hoch angesetzt wie auf der PlayStation 4 ausfällt: Der Großteil aller Spiele ist zum Start mit einem Preisschild von 69 Euro versehen. In Zeiten von immer günstigeren PC-Titeln (Steam Sales und Co. sei Dank) überlegt man es sich als Zocker dann schon dreimal, ein Spiel wie Zoo Tycoon für 69 Euro in den Einkaufswagen zu legen.

In Sachen "richtiger” Exklusiv-Titel kommen folgende Spiele auf den Einkaufszettel der Xbox One: Crimson Dragon, Lococycle, Peggle 2 und Killer Instinct kommen per Download auf die Konsole, Forza Motorsport 5 sowie Ryse: Son of Rome dagegen im Disc-Format als Triple A Titel. Das schrille Zombie-Gemetzel Dead Rising 3 von Capcom ist ebenfalls exklusiv für Xbox One, wird hierzulande aber aufgrund der aus den Vorgängern bekannten Unstimmigkeiten mit der BPjM nicht veröffentlicht.

Somit bleibt mit Forza Motorsport 5 ein aufwändig produziertes und visuell vielversprechendes, leider aber auch schnörkelloses Rennspiel, sowie mit Ryse: Son of Rome ein auf Action ausgelegtes Spiel in epischer Kulisse, aus den Händen des deutschen Studios Crytek.

Die ersten Wertungen zu den vielversprechenden Download-Spielen Crimson Dragon und Lococycle fallen in den englischen Medien nur durchschnittlich aus, beide können spielerisch, wie auch optisch nicht wirklich überzeugen. Ausnahme Killer Instinct: das wuchtige Prügelspiel punktet mit genialer Grafik, stabilen 60 Frames und strategisch wichtigem Combo-System. Einzig die Auswahl an sechs Kämpfern zur Veröffentlichung ist sehr mau, spätere Kämpfer werden per Abo- oder Einzelkauf integriert.

Wer bei den Starttiteln kein Spiel für sich ausmachen kann, der sollte einen Blick in die Zukunft wagen. Spätestens bis Mitte 2014 kommen die ersten, "richtigen” Next Gen Titel, welche sich bereits jetzt um einiges interessanter präsentieren, als das recht einfallslose Spiele-Menü zum Beginn der neuen Generation. So dürfen sich vor allem Freunde von Call of Duty und riesigen Mech-Robotern auf Respawns Titanfall freuen, welches bereits auf der Gamescom 2013 für viele offene Münder gesorgt hat. Noch weiter in der Zukunft liegt Fable Legends, welches den Spieler in die Haut des "Bösen” steckt, oder mit vier Helden gegen die Armeen des "Bösen” kämpfen lässt.

Hardware Details

In Sachen Anschlüsse protzt die Xbox One mit viel Auswahl: 2 USB 3.0 Anschlüsse, ein HDMI und ein "HDMI in" Anschluss, ein optischer Anschluss, Ethernet und IR-Port, sowie Anschlüsse für Stromkabel und die Kinect-Kamera finden sich hinten am Gehäuse. Ein weiterer USB-Anschluss findet sich an der linken Seite. Schade: Vorne am Gerät finden sich keine Anschlüsse, wer seinen Controller aufladen will muss also die linke Seite oder das Hintere des Gehäuses erreichen.

Die 500 Gigabyte-Festplatte der Xbox One ist im Gegensatz zur PlayStation 4 nicht austauschbar. Nach den HD-DVD Ausflügen zu Beginn der Xbox 360 Ära, hat sich Microsoft geschlagen gegeben und spendiert der Xbox One endlich ein Blu-ray Laufwerk (27 MByte/s).

Die Grafikeinheit der Xbox One verfügt über 32 MB eSRAM, pro Taktzyklus sind 768 Operationen ausführbar. Bei einem Takt von 853 MHz erreicht die GPU eine Leistung von 1,31 TFLOP/s. Der Hauptprozessor basiert auf der x86-Architektur (AMDs Jaguar mit 4 MB L2-Cache) und besteht aus acht 64-Bit Kernen.

Als Arbeitsspeicher stehen der Xbox One 8 Gigabyte DDR3-2133 RAM zur Verfügung, 3 Gigabyte sind jedoch bereits für das Betriebssystem vorgesehen.

Mit 100 Watt verlangt der Stromverbrauch nur wenig mehr, als bislang von PlayStation 3 und Xbox 360 gewohnt. Dafür ist die Xbox One erheblich leiser als die Xbox 360, wenn auch noch immer nicht auf einem Level mit der PlayStation 4. Vorsicht: Diese Angaben beruhen auf den Test-Konsolen.

Frühes Fazit

Die Xbox One ist für sich genommen ein starkes Stück Hardware, welches die großen, medial teils ausartenden Visionen von Microsoft (noch) nicht bedienen kann. Spieler wischen all diese Vorbehalte vom Tisch und werfen einen genaueren Blick auf die Spiele, um zu einer Entscheidung zu kommen. Mit Forza 5 und Ryse - Son of Rome hat die Xbox One zwei durchaus interessante Exklusiv-Titel zum Start auf ihrer Seite, der fantastische 2D-Prügler alter Schule namens Killer Instinct sorgt für weitere Pluspunkte.

Die wichtigste Frage ist wohl, ob einem diese Titel die über 500 Euro (mit Spielen und zusätzlichem Controller über 600 Euro) teure Investition wirklich wert sind.

Besitzer von Xbox 360 und PlayStation 3 müssen übrigens noch lange nicht verzweifeln: Beinahe alle Spiele der Dritthersteller erscheinen in abgespeckter Form auch noch für die aktuelle Konsolengeneration oder für PC. Glücklich werden auch Besitzer einer Wii U, für die mit Super Mario 3D World Ende November ein weiteres Highlight passend zur dunklen Jahreszeit bevorsteht.

(csr)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort