RP Plus Eine Insel für mich allein

Düsseldorf (RPO). Jedes Jahr von März bis Oktober schickt der Naturschutzbund (NABU) einen Vogelwart auf die Nordseeinsel Trischen. Betreten für andere Personen ist verboten. Nur einmal in der Woche bringt ein Schiff Lebensmittel.

 Björn Marten Philipps verbrachte sieben Monate auf der Nordsee-Insel Trischen. Er war der einzige Bewohner.

Björn Marten Philipps verbrachte sieben Monate auf der Nordsee-Insel Trischen. Er war der einzige Bewohner.

Foto: Björn Marten Philipps

In diesem Jahr arbeitete Björn Marten Philipps, 26, sieben Monate auf der Insel im Nationalpark Wattenmeer. Im Gespräch mit RP Plus erklärt der Biologie-Student, warum das viel spannender ist, als es klingt.

Sieben Monate auf einer einsamen Insel. Ideal, um einen Roman zu schreiben.

Björn Marten Philipps Nee. Für jemanden, der wie ich Vogelkundler ist, ist das ein Traum, sieben Monate auf einer Insel im Nationalpark Wattenmeer zu sein und sich gänzlich der Vogelkunde zu verschreiben. Es war für mich die Chance, viele Vögel zu beobachten.

Die Vögel waren Ihr einziger Anreiz?

Nein, es ist auch noch etwas anderes. Ich bin an der Ostsee großgeworden und trage die Sehnsucht nach dem Meer in mir.

Sieben Monate ist aber eine lange Zeit.

Na ja. Wenn es nach mir ginge, wäre ich nicht schon im Oktober zurückgekommen. Ich habe mich dort weder gelangweilt, noch einsam gefühlt. Es gab ja auch viel zu tun, und ich hatte ein Handy und Internet.

Sie haben während Ihrer Zeit auf Trischen in einer Holzhütte gewohnt. Wie war die eingerichtet?

Die Hütte stand auf ungefähr fünf Meter hohen Pfählen, damit sie nicht überschwemmt wird, wenn es auf der Insel "Land unter" heißt. Es kam häufiger vor, dass ich knietief im Wasser stand, wenn ich unten war. Der Raum in der Hütte ist knapp fünf mal fünf Meter groß und relativ eng, weil eine Menge drinsteht. Ein Bett, ein Ofen zum Heizen, ein Gasherd mit Backofen, ein Kühlschrank. Den Strom bekam ich aus den Solarzellen auf dem Dach.

Was ist mit fließendem Wasser?

Gab es nicht. Für alles, was gewaschen werden muss, habe ich Regenwasser genommen. Dafür gibt es Regentonnen. Einmal in der Woche kam ein Versorgungsschiff und brachte mir neben Lebensmitteln auch Wasserkanister. Die Toilette war ein Plumpsklo. Ich habe gelernt, mit wenig sehr zufrieden zu sein.

Eine Dusche gab es ja vermutlich auch nicht.

Nein. Dazu bin ich in die Nordsee gesprungen.

Da Sie auf der Insel ja keinen Roman geschrieben haben — was waren Ihre Aufgaben?

Trischen ist einer der wenigen natürlichen Rückzugsräume für die Tier- und Pflanzenwelt in Deutschland. Früher hatte der Vogelwart die Aufgabe, Störungen zu vermeiden, heute soll er vor allem dokumentieren. Welche Vogelarten ziehen in welcher Anzahl wann über die Insel? Welche Vögel brüten dort? Welche Pflanzen wachsen dort? Wie verändert sich die Pflanzenwelt? Wie viel Land hat die Insel verloren?

Haben Sie sich einen Wecker gestellt?

Klar. Mein Tag fing ja immer mit Sonnenaufgang an. Denn ich musste ja den Vogelzug dokumentieren, und die Vögel ziehen in den ersten Stunden nach Sonnenaufgang. Später als um sieben bin ich nie aufgestanden, häufig auch schon um fünf.

Nun hatten Sie ja aber trotz der Arbeit auch genügend Freizeit. Was stand auf Ihrer To-Do-Liste?

Vögel gucken. Das war meine To-Do-Liste.

Aber Sie haben Bücher gelesen.

Nur sechs Stück. Die Hälfte davon waren Fachbücher.

Mit Pizzabringdienst war ja auf der Insel nicht viel. Das hieß: sieben Monate selbst kochen. Nicht Jedermanns Sache.

Nein, ich koche total gerne. Meist habe ich dann aber so viel gekocht, dass es auch noch für den nächsten Tag ausreichte. Viel Salat. Aufläufe. Einmal pro Woche Pizza. Die Lebensmittel habe ich bei einem Bio-Bauern bestellt, die hat mir dann mein Inselversorger mitgebracht.

Hatten Sie in den sieben Monaten nicht mal Heißhunger auf Pommes aus der Fritteuse mit richtig viel Mayo?

Doch. Pommes sind mein Lieblingsessen. Das war auf der Insel schwierig. Ich habe dann Kartoffelspalten im Ofen gemacht. Das war aber ein eher schlechter Ersatz. Pommes sind einfach super. Das habe ich dann nach der Rückkehr aufs Festland nachgeholt.

Was haben Sie denn außer Pommes vermisst?

Es gab Momente und Erlebnisse, die ich gerne mit anderen Menschen geteilt hätte. Sonnenuntergänge zum Beispiel. Aber immerhin konnte ich ja per Internet mit der Außenwelt in Kontakt bleiben.

Da war der Laptop sicher ein wichtiges Kommunikationsmittel.

Klar. Ich bin gelernter Informatiker, und davon überzeugt, dass das Internet vermutlich das wichtigste Medium unserer Zeit ist. Es ist doch super, einem Kumpel per Webcam zum Geburtstag zu gratulieren.

Interessiert jemanden, der auf einer einsamen Insel wohnt, was im Rest der Welt passiert?

Doch, doch. Ich bin ein politischer Mensch und hatte auch eine Wochenzeitung abonniert. Außerdem habe ich viel Radio gehört und viel im Internet gelesen. Das war auch wichtig, um zu merken, dass sich die Welt weiterhin schnell dreht, auch wenn sich meine eigene Welt gerade sehr langsam bewegt.

Nach sieben Monaten auf Trischen können Sie sicher die Frage beantworten, welche drei Dinge Sie mit auf eine Insel nehmen würden.

Da vergisst man ja gerne die wesentlichen Dinge wie Zahnbürste. Aber abgesehen von diesen Dingen sind das ein Fernglas, ein Fernrohr und ein Laptop.

Und welche Dinge braucht man auf einer einsamen Insel auf keinen Fall?

Eine Badehose.

(seeg)
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