Englische Scilly-Inseln Die Polizei, dein Facebook-Freund und Helfer

Im Suff geklaute 25-Kilo-Anker, randalierende Pferde, ohne Erlaubnis ausgeliehene Fußbälle und ein mysteriöses Spiegelei – das Netz feiert die alltäglichen Abenteuer der Polizisten auf den verschlafenen englischen Scilly-Inseln.

Das postet die Polizei der Scilly-Inseln auf Facebook
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Das postet die Polizei der Scilly-Inseln auf Facebook

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Im Suff geklaute 25-Kilo-Anker, randalierende Pferde, ohne Erlaubnis ausgeliehene Fußbälle und ein mysteriöses Spiegelei — das Netz feiert die alltäglichen Abenteuer der Polizisten auf den verschlafenen englischen Scilly-Inseln.

Die Scilly-Inseln bräuchten eigentlich keine Polizei, lautet das Fazit eines Artikels aus der wissenschaftlichen Fachzeitschrift "Crime Prevention and Community Safety": Die Inselgruppe zwischen Ärmelkanal und Atlantik sei "the land that crime forgot". Doch das beweist nur einmal mehr, wie wenig Ahnung "Experten" oft haben.

Zugegeben, die Eckdaten der Inseln klingen nicht, als könnte man sie mit den Straßenschluchten von Los Angeles oder Mexico City verwechseln: rund 2.200 Einwohner verteilt auf fünf kleine sowie 140 noch kleinere Inseln, fünf Pubs und zwei Fußballvereine, die 17-Mal pro Jahr gegeneinander spielen — in der kleinsten Liga der Welt sowie gleich zwei Pokalwettbewerben. Trotz aller Bemühungen ist der Wikipedia-Eintrag der Inseln nicht länger als die Liste der dort liegenden Schiffswracks.

Was unter anderem daran liegt, dass kein Abschnitt zu organisiertem Verbrechen nötig ist, so ähnlich Sicily (Sizilien) und Scilly im Englischen auch klingen. Trotzdem ist es unabdingbar, dass es die vier Polizisten auf dem Hügel in der Garrison Lane, Hughtown, auf der Hauptinsel St. Mary's gibt. Sie kümmern sich um unorganisiertes Verbrechen.

"Nun, alles begann 1971..."

Dafür reichen die zwei Zellen der. Im vergangenen Jahr verzeichneten sie 57 Straftaten, darunter drei Fahrraddiebstähle und eine gemeingefährliche Manipulation der Navigationslichter im Hafen. Dazu kommt der eine oder andere Fall, der nicht zwangsläufig juristische Konsequenzen hatte, aber umso mehr innovatives polizeiliches Handeln erforderte — ganz ähnlich wie bei der Beförderung von Kater Mowgli zum stellvertretenden Polizeichef oder dem Gewinn des jährlichen Kuchenbackwettbewerbs gegen die Jungs von Küstenwache und Feuerwehr.

Unter anderem gab es da:

Das einsame Robbenbaby auf der Hauptstraße.

Den Goldfisch auf den Stufen der Polizeistation.

Das Pferd, das Autos biss.

Der Streit zweier betrunkener Köche um die Vor- und Nachteile von Stein- und Meersalz um zwei Uhr morgens, "während man unter der Uniform noch seinen Schlafanzug trägt".

Die Diskussion um das Vorhängeschloss an einem Schuppen, deren Ursprung einer der Beteiligten mit den Worten "Nun, alles begann 1971..." erklärte.

Dokumentation auch für die Weltöffentlichkeit

Das Schöne ist, dass die Polizisten von Scilly diese Fälle nicht nur in Akten dokumentieren, sondern auch via Facebook für die Weltöffentlichkeit — und zwar sagenhaft süffisant. "Die Sozialen Medien machen uns menschlicher und besser erreichbar für Menschen, denen wir helfen können", sagt Sergeant Colin Taylor. Zwischen Bekanntmachungen über Fundsachen, Nachrufen und Informationen zur Drogenprävention (zur Beruhigung mit dem Fotos eines Meerschweichens versehen) finden sich aber auch Perlen aus dem echten Landleben.

Am 25. Januar etwa schrieb Taylor halb genervt, halb amüsiert: "Wenn man schon stockbesoffen versucht, einen Anker aus Eisen zu klauen, der 25 Kilo wiegt, sollte man sich der Hilfe anderer Piraten versichern. Ich bin zwar nicht besonders schnell, aber wenn du ein so schweres Ding schleppst, hole ich dich ein." Eine Inselbewohnerin postete später ein Foto des Entführungsopfers, gebettet auf weiche Kissen, mit einem beruhigenden Glas Weißwein und dem Kommentar: "Dem Anker geht es gut."

Zum Fall der Pferdebisse im Autolack schrieb ein Fan, das sei ja wie in der actiongeladenen amerikanischen Polizeiserie "The Wire". Die Antwort der Dorfbullen? "Ja. Nur mit mehr Adrenalin."

Mindestens einen Fall von organisiertem Verbrechen aber hat es sehr wohl gegeben: 2013 wurde auf einer Yacht im Hafen von St. Mary's Kokain gefunden. Im Wert von 20 Millionen Pfund.

Hunderte Bewerbungen auf ein Scherz-Stellenangebot

Vielleicht ist Sergeant Colin Taylor damals auf den Geschmack des Bösen gekommen: Bei Facebook postete er am 2. April eine traumhafte Stellenanzeige, weil seine Kollegin, Kommissarin Faye Webb, die Inseln verlässt. Die Voraussetzungen seien überschaubar. Dazu zähle vor allem die Entschlossenheit, auch dem eigenen Partner ein Parkticket zu verpassen, was aber durchaus so taktvoll geschehen dürfe, dass man noch auf ein Abendessen hoffen könne — sowie "die Bereitschaft, eine Fundsache anzunehmen, wenn man nach Dienstschluss an der Supermarktkasse steht, die Arme voll mit Eis und Fischstäbchen für die Kinder, die in einer Viertelstunde zum Judotraining müssen".

Hunderte Menschen bewarben sich um den Job auf den idyllischen Inseln mit dem subtropischen Klima. Die Bewerbungen kamen per Facebook, E-Mail und Telefon aus Irland und Italien, der Ukraine und den USA, die meisten spaßig gemeint, aber eben nicht alle.

Guardian, Independent und die BBC berichteten, Medien aus aller Welt machten es nach. Und Sergeant Colin Taylor, der Schelm? Schrieb am 8. April, er habe ganz vergessen, dass sich auf die Stelle nur bewerben dürfe, wer bereits Polizeibeamter in Devon oder Cornwall ist. Im April 2016 werde allerdings wieder eine Stelle frei — "oder früher, falls mein Kollege Mat oder ich heute beim vorgeschriebenen jährlichen Fitnesstest durchfallen."

(tojo)
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