Telekom macht Umsatz zunehmend mit festen AnschlusskostenTelefonieren wird immer billiger - aber Grundgebühren steigen
Berlin (rpo). Die Minutenpreise beim Telefonieren sind zwar seit Jahren auf dem Weg in den Keller, trotzdem mussten die Deutschen im letzten Jahr im Schnitt wieder höhere Telefonrechnungen zahlen. Der Grund: die Gebühren für den Anschluss steigen immer weiter.Das rechnete das Statistische Bundesamt am Mittwoch vor. Im September hatte die Telekom den Grundpreis für 29 Millionen Analog-Anschlüsse um fast 15 Prozent auf 15,66 Euro erhöht. Dem Ex-Monopolisten passt die Preisentwicklung angesichts sinkender Marktanteile beim Gesprächsaufkommen ins Konzept: Ihr Geld will die Telekom zunehmend mit den Grundpreisen verdienen. Am Ende könnte ein Pauschalpreis stehen, mit dem sämtliche Gespräche bereits bezahlt sind. Mit dem "Standardanschluss der Vergangenheit" habe der T-Net-Anschluss ohnehin schon nichts mehr zu tun, heißt es in der Bonner Telekomzentrale. "Wir bieten unseren Kunden Kombinationen mit verschiedenen Tarifmodellen", erläutert ein Sprecher. Mit Paketen wie "calltime 120" oder "AktivPlus XXL" können sie bereits heute für einen monatlichen Aufpreis ein bestimmtes Kontingent an Gesprächsminuten einkaufen oder am Wochenende ganz umsonst ins deutsche Festnetz telefonieren. Die Angebote seien besser angelaufen als der erste Tarif dieser Art, der nur sonntags galt, verriet der Chef der Festnetzsparte T-Com, Josef Brauner, jüngst in einem Interview. Damit sei die "Strategie, den Anschluss aufzuwerten, voll aufgegangen", kann sich Brauner freuen. Im abgelaufenen Jahr kamen demnach erstmals mehr als 50 Prozent der gesamten Umsätze aus den Anschluss- und Grundgebühren - den Verlust der Marktanteile bei den Gesprächsminuten konnte der Bonner Konzern damit gut kompensieren. Auch die Kunden bekommen die "Aufwertung" zu spüren: Seit 1995 stiegen die Anschlusspreise in Deutschland im Schnitt um 21 Prozent, während die Gesprächsgebühren im Festnetz um insgesamt 42 Prozent sanken. "Langfristig" will T-Com-Chef Brauner auch Pauschaltarife nicht ausschließen, für die die ganze Woche über kostenlos telefoniert werden kann. In den USA etwa sind Ortsgespräche bereits bei vielen Telefongesellschaften im Anschlusspreis inklusive, in Deutschland kennen zumindest fleißige Surfer im Internet die Flatrate. Die Anbieter können mit den Pauschaltarifen auch unabhängig vom tatsächlichen Gesprächsaufkommen kalkulieren, den Kunden wiederum droht nach langen Telefonaten am Monatsende keine böse Überraschung durch hohe Rechnungen. Die private Konkurrenz der Telekom sieht die Angebote des Ex-Monopolisten jedoch kritisch. Mit den Tarifpaketen übertrage der Bonner Konzern seine marktbeherrschende Stellung bei den Telefonanschlüssen auf den Bereich der Gesprächsverbindungen, bei denen durch die Call-by-Call-Angebote bereits guter Wettbewerb herrsche, kritisiert eine Sprecherin des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). Statt im vergangenen Jahr die Anschlusspreise zu erhöhen, hätten die Zugangskosten für die Wettbewerber gesenkt werden sollen. Die Schere zwischen beiden Preisen war der Grund für eine EU-Entscheidung, die zur Preiserhöhung für die Telekom-Endkunden führte. Auch Verbraucherschützer raten zum Nachrechnen. Der Nutzen pauschaler Tarife hänge stark vom eigenen Telefonierverhalten ab, sagt Michael Bobrowski vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Wenigtelefonierer kämen mit günstigen Sparvorwahlen über Preselection und Call-by-Call besser weg. Ein "vernünftiger Preisvergleich" sei unumgänglich, betont der Telekom-Experte. Einen ersten Vorgeschmack auf die Wahlmöglichkeiten der Zukunft bietet heute bereits der Mobilfunkmarkt - dutzende Optionstarife, Vertrags- und Prepaid-Varianten haben sich bei den Handys zu einem wahren Tarifdschungel ausgewachsen.