Thüringens Ministerpräsident unter Druck Ramelow entschuldigt sich für „Merkelchen“-Spruch

Erfurt · Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hat seine Verniedlichung von Kanzlerin Angela Merkel in der Social-Audio-App Clubhouse als „Akt männlicher Ignoranz“ bezeichnet und sich dafür entschuldigt.

„Eine kluge Frau hat mir auf @clubhouse_de gerade schlüssig den eigentlichen Fauxpas meiner Clubhaus Plauderei dargelegt und es hat mich überzeugt“, twitterte der Linken-Politiker am Sonntagabend. „Den Namen der Bundeskanzlerin zu verniedlichen war ein Akt männlicher Ignoranz. Dafür meine ehrliche Bitte um Entschuldigung.“Ramelow soll in einer Talkrunde in der Audio-App in der Nacht zu Samstag die Bundeskanzlerin als „Merkelchen“ bezeichnet haben.

Zuvor war Ramelow mit einer Talk-Plauderei über die Bund/Länder-Beratungen zur Corona-Pandemie in die Kritik geraten. Der Linke-Politiker hatte in dem Format der neuen App Clubhouse berichtet, dass er sich bei den oft stundenlangen Ministerpräsidentenkonferenzen mit Kanzlerin Angela Merkel mit einem Smartphone-Spiel entspannt.

Thüringens CDU-Chef Christian Hirte warf Ramelow Respektlosigkeit und Verantwortungslosigkeit vor. „Entweder ist es Ausdruck von Arroganz der Macht oder Amtsmüdigkeit“, schrieb Hirte am Sonntag bei Twitter. Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie gehe es um Leben und Tod sowie um Existenzen und die Zukunft einer Schüler-Generation. „Wer sein Amt als Ministerpräsident so versteht, verspielt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger“, schrieb Hirte.

Die Thüringer FDP-Fraktion bezeichnete Ramelows Agieren in der Corona-Pandemie als chaotisch. „Ramelow verbringt in den entscheidenden Beratungen seine Zeit lieber mit Daddeln“, erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der Thüringer FDP-Fraktion, Robert-Martin Montag.

Über den Auftritt des 64-Jährigen in der Clubhouse-Talkrunde hatte zuvor die „Welt am Sonntag“ berichtet. Ihr zufolge sagte Ramelow in der Runde in der Nacht zu Samstag, er schaffe bei den Treffen der Ministerpräsidenten mit Merkel bis zu zehn Candy-Crush-Level.

Der dpa sagte Ramelow: „Die einen spielen Sudoku, die anderen spielen auf ihren Handys Schach oder Scrabble, und ich spiele Candy Crush.“ Das sei für ihn eine Methode zu entspannen. Bei den teils zehn Stunden langen Marathon-Sitzungen mit häufigen Unterbrechungen sei dies kein Aufreger. Es sei auch kein Geheimnis.

Das Thema der Clubhouse-Runde sei „Trash und Feuilleton“ gewesen. „Wenn man über Trash redet, dann ist es trashig“, sagte Ramelow. Wenn man das in einer anschließenden Debatte weglasse, finde er das komisch. „Wenn man daraus eine tiefernste Sache macht, dass es zeigt, wie die Politiker denken, wenn sie privat sind - das finde ich schwierig“, sagte Ramelow, der sehr affin für neue Medien ist und ihre unterschiedlichen Kanäle gerne für seine Kommunikation nutzt.

Ramelow will nach der Kritik über seinen Auftritt künftig allerdings vorsichtiger mit dem Audio-Portal umgehen. „Ab sofort, wenn ich jetzt dieses Format anmache, merke ich, im Hinterkopf habe ich jetzt die Lernkurve von vorgestern und gestern“, sagte der Linke-Politiker am Sonntag bei einem erneuten Auftritt bei Clubhouse. Die Analyse eines Mediendienstes, dass der Feind stets mithöre, habe er nun hinsichtlich der App verinnerlicht.

Clubhouse ist eine Social-Media-App aus den USA, die in Deutschland derzeit einen Hype erlebt. Man kann sich damit an Talkrunden beteiligen, es gibt aber auch geschlossene Gesprächsrunden. Sehen kann man sich in der App nicht, weil es ein Audio-Format ist.

Organisiert hatte die Runde, in die sich Ramelow dann einklinkte, die 19 Jahre alte SPD-Nachwuchshoffnung Lilly Blaudszun aus Mecklenburg-Vorpommern, zusammen mit fünf Freundinnen und Freunden. Es ging um Promis, Klatsch und Tratsch, wie sie der dpa berichtete. „Dann kam auf einmal Bodo Ramelow dazu, völlig ungeplant.“ Als er und andere Politiker dabei waren, sei grundsätzlich gesagt worden, dass dies kein Raum sei, um über politische Inhalte zu diskutieren. Es sei von Anfang an als „Trash Talk“ bezeichnet worden und habe auch auf der Ebene bleiben sollen.

Mit Blick auf Clubhouse äußerte Ramelow Datenschutzbedenken, weil Nutzer dazu aufgefordert würden, Zugriff auf ihre Kontakte zu erlauben. Auch, dass es die App bislang nur für iPhone-Nutzer gebe, stört ihn. „Und das darf nicht so bleiben, sonst wird das nicht mein Medium, wenn das so elitär bleibt.“

Trotz der Kritik an seinem Auftritt bei der Audio-App kann sich Ramelow die Teilnahme an weiteren solchen Talkrunden vorstellen. „Ich habe da auch zwei andere Nummern einfach als Zuhörer begleitet und fand das total spannend, junge Leute zu hören, die bestimmte Fragen debattieren“, sagte er.

  Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen (Archivbild).

 Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen (Archivbild).

Foto: dpa/Bodo Schackow

Blaudszun wünschte sich, dass die Diskussion über Ramelows Beitrag sachlicher verlaufe. Natürlich könnten seine Aussagen kritisiert werden, aber gleichzeitig solle man sich auch überlegen, welche die Rolle der Journalismus auf dieser Plattform spiele. Es sei ein Unterschied, ob ein Politiker an einer solchen Diskussion teilnehme oder einem Journalisten ein Interview gebe. Jeder solle sich überlegen, was die eigene Rolle auf der Plattform sei - sie als Moderatorin könne keine Verantwortung dafür übernehmen.

(felt/dpa)
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