Kartellverfahren Wirtschaftsprofis begrüßen Strafe gegen Google

Brüssel · Erneut verhängt die EU eine milliardenschwere Strafe gegen den US-Konzern. Bei Smartphones wird sich nun zeigen, wie Google auf Druck reagiert.

Wenige Wochen vor den Wahlen zum EU-Parlament Ende Mai hat die liberale EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch eine neue Milliardenstrafe gegen Google verhängt. Weil der Suchmaschinen-Betreiber seine dominante Stellung auf dem Markt für Internet-Werbung dazu missbraucht habe, Konkurrenten abzudrängen, muss Google eine Geldbuße in Höhe von 1,49 Milliarden Euro zahlen. Die Summe entspreche 1,29 Prozent des Umsatzes im Jahr 2018, erläuterte die EU.

Vestager, die laut Vorstellung liberaler Parteien künftige EU-Kommissionschefin sein sollte, wies darauf hin, Wettbewerber von Google wie Microsoft oder Yahoo könnten Schadenersatzklagen einreichen. Vestager: „Google nahm anderen Unternehmen die Möglichkeit, in einen Leistungswettbewerb zu treten. Den Verbrauchern entgingen die Vorteile des Wettbewerbes.“

Anleger reagierten gelassen auf die Strafe. Die Aktie des Google-Mutterkonzernes Alphabet ging sogar um ein halbes Prozent hoch. Der Unternehmenswert liegt bei 686 Milliarden Euro. „Das sind zwar fette Strafen“, sagt der Kölner Professor für Internetökonomie, Klemens Skibicki, „doch gleichzeitig hat Google in vielen Bereichen wie der reinen Suchmaschinenwerbung eine so starke Position, dass solche Rückschläge verkraftbar sind.“ Er hält es zwar für richtig, dass die EU gegen Marktmissbrauch von US-Online-Giganten vorgeht, warnt aber: „Entscheidend für Europa ist nicht, die US-Konzerne einzuhegen, sondern eigene Internetfirmen aufzubauen.“

Die EU hat bereits die dritte Milliardenstrafe gegen Google ausgesprochen. 2018 verhängte sie eine Geldbuße in Höhe von 4,34 Milliarden Euro, weil Google die Anbieter von Smartphones gezwungen hatte, Apps von Google bevorzugt oder praktisch exklusiv zu installieren, wenn sie das von Google angebotene Betriebssystem Android nutzen. Android ist das wichtigste Betriebssystem für Smartphones.

2017 gab es bereits eine Strafe in Höhe von 2,42 Milliarden Euro, weil Google den eigenen Preisvergleichsdienst bevorzugt hatte.

In beiden Fällen und auch jetzt versprach Google, die kritisierten Praktiken abzustellen. Dies begrüßt Rupprecht Podszun, Direktor des Instituts für Kartellrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf: „Es ist gut, dass die EU die Setzung der Spielregeln für das Internet nicht mehr den großen Unternehmen selbst überlässt.“ In Verfahren wie jetzt gegen Google würden Blaupausen entwickelt, wie die Staaten mit dominanten Online-Konzernen umgehen müssen. Podszun: „Das Prinzip lautet: „Es darf nicht sein, dass ein Unternehmen seine Marktmacht in einem Bereich nutzt, um dann in einer Reihe anderer Bereiche auch zu dominieren.“

Wohin die erzwungene Marktöffnung führt, zeigt sich vorrangig bei Smartphones: Google verlangt inzwischen von Geräteherstellern Gebühren, wenn sie in Europa Smartphones mit bislang kostenlosen Apps des Konzerns wie Google-Maps oder Gmail verkaufen. Am Mittwoch kündigte Google auch an, Android-Nutzer künftig über Internet-Suchmaschinen und Webbrowser von Wettbewerbern zu informieren.

In Frage kommt die Suchmaschine Bing des Konkurrenten Microsoft oder der Internetbrowser Firefox von Mozilla. „Wir sind auf die Einwände der Kommission eingegangen und haben eine Vielzahl an Produktänderungen vorgenommen“, sagte Google-Manager Kent Walker. „In den kommenden Monaten werden wir weitere Updates machen, um Wettbewerbern in Europa mehr Sichtbarkeit einzuräumen.“

Wettbewerbskommissarin Vestager hat Google trotzdem weiter im Visier. Sie berichtete in Brüssel, dass es gegen den US-Konzern weiterhin Beschwerden von Konkurrenten in den Bereichen Job-Anzeigen und lokale Werbung gebe. Die EU werde dies prüfen. Neue Bußen sind also möglich.

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