Hannover Tui streicht 8000 Stellen

Hannover · Fast jeder zehnte Job fällt weg, damit Tui später die Staatshilfe zurückzahlen kann. In dieser Saison hofft Konzernchef Joussen auf eine Öffnung von Zielen wie Mallorca, Kanaren, Österreich. Hotels bereiten sich mit Hygieneplänen vor.

 Reisebüro-Eigentümer demonstrierten am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor in in Berlin, sie fordern einen Hilfsfonds. Der Reisekonzern Tui, von dem sie viele Reisen verkaufen, hat 1,8 Milliarden Euro Staatshilfe erhalten.

Reisebüro-Eigentümer demonstrierten am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor in in Berlin, sie fordern einen Hilfsfonds. Der Reisekonzern Tui, von dem sie viele Reisen verkaufen, hat 1,8 Milliarden Euro Staatshilfe erhalten.

Foto: dpa/Jörg Carstensen

Europas größter Tourismuskonzern Tui will 8000 der rund 70.000 Arbeitsplätze streichen. Das kündigte Vorstandschef Fritz Joussen am Mittwoch an. Ein Grund sei, dass das Unternehmen sparen müsse, damit es den staatlich abgesicherten Hilfskredit in Höhe von 1,8 Milliarden Euro zurückzahlen könne. Außerdem wolle Tui stark genug sein, um sich nach der Corona-Krise zu behaupten: „Tui soll gestärkt aus der Krise hervorgehen.“ Insbesondere will Joussen in den Zielländern sparen und den Vertrieb über das Internet ausweiten. „Wenn mehr Leute online gehen, muss man die Vertriebsstruktur überprüfen.“

Nachdem Tui von März bis zum 14. Juni alle Reisen abgesagt hat, hofft Joussen doch noch auf Geschäft im Sommer. Die Buchungen seien zwar um mehr als ein Drittel eingebrochen, aber ein Drittel der Kapazitäten sei verkauft worden. Er hofft, viele Buchungen durchführen zu können. Dabei setzt er insbesondere auf Reisen auf die Kanaren, nach Mallorca und andere Balearen, nach Zypern, Kroatien, Griechenland, Österreich und Dänemark. „Das sind Regionen und Länder, die wir als relativ sicher ansehen.“ Joussen warb für eine schnelle Öffnung der Grenzen: „Die Menschen wollen reisen.“ Es sei wichtig, Länder in Südeuropa durch den Tourismus zu stärken, um Europa zu stabilisieren.

Der Konzern passt seine Strategie an die Pandemie an. Gezielt werden Ziele mit Autoanreise angeboten, also auch Hotels in Deutschland. Weil Kreuzfahrten in der Karibik erst einmal undenkbar sind, sollen vermehrt Kreuzfahrtschiffe mit verminderter Belegung in der Nord- und Ostsee kreuzen. Tui hat mit Partnerhotels Regeln erarbeitet, um das Infektionsrisiko zu mindern: Die Tische sollen großen Abstand haben. Wo möglich, wird auf ein Büffett verzichtet. Aktivitäten finden nur in kleinen Gruppen statt, der Tüv soll das Ganze überprüfen. Joussen hofft, dass die Sommersaison länger in den Herbst läuft als sonst.

Er sprach sich dafür aus, dass Touristikunternehmen stornierte Reisen mit Gutscheinen statt Bargeld erstatten dürfen. Die Branche laufe Gefahr zusammenzubrechen, wenn die Anbieter immer weitere Mittel für ausgefallene Reisen verteilen müsse. Bereits jetzt würde jeder zweite Kunde in Deutschland freiwillig einen Gutschein statt der bisher vorgeschriebenen Bargelderstattung annehmen. Je schneller die Saison beginne, umso weniger Reisen müssten storniert werden. „Wenn wir das Geschäft schnell wieder starten, bleibt das Problem überschaubar.“ Aktuell müssten jeden Monat 100 bis 200 Millionen Euro für Rückzahlungen überwiesen werden, zusätzlich zu weiteren Kosten in Höhe von 250 Millionen Euro im Monat.

Derzeit verfügt Tui über 2,1 Milliarden Euro an liquiden Mitteln, vor sechs Wochen war es eine Milliarde Euro mehr. Joussen schloss nicht aus, eventuell erneut staatliche Hilfe zu beantragen. „Wir müssen alle Optionen prüfen.“ Er kündigte aber auch an, das eingesetzte Kapital zu reduzieren, indem Hotels beispielsweise nur geleast werden.

2021 rechnet der Konzernchef ebenfalls noch mit einem schwachen Geschäft, 2022 erwartet er eine volle Erholung der Tourismusbranche. Urlaubsreisen seien nicht ersetzbar: „Was sollen Sie sonst machen – Filme anschauen?“

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