Noch keine positiven Auswirkungen auf den BundeshaushaltEichel dämpft Konjunktur-Optimismus
Hamburg (rpo). Die Wirtschaftsprognosen für Deutschland werden besser. Selbst Wirschaftsführer geben sich optimistisch. Trotz der unerwartet guten Daten warnt Bundesfinanzminister Hans Eichel jedoch vor zu viel Optimismus."Nach allen Erfahrungen, die ich in den vergangenen Jahren mit Konjunkturprognosen machen musste, bin ich sehr vorsichtig", sagte Eichel der "Financial Times Deutschland". Der SPD-Politiker erwartet in diesem Jahr noch keine positiven Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Die zuletzt teils bessere Entwicklung der Steuereinnahmen sage nicht viel aus: "Insgesamt fahren die Steuern noch zu sehr Achterbahn." Eichel wies deshalb Äußerungen aus den eigenen Reihen zurück, die rot-grüne Koalition werde in diesem Jahr womöglich doch auf einen Nachtragshaushalt verzichten können. "Das ist Unsinn. Ich halte mich weiter an das Ergebnis der Steuerschätzung von Mai, nach der uns über die geplante Nettokreditaufnahme von 29 Milliarden Euro hinaus weitere 10 bis 11 Milliarden Euro fehlen", sagte er. Wegen der guten Entwicklung der Gewerbesteuer, die die Haupteinnahmequelle von Städten und Gemeinden ist, habe Eichel immer weniger Verständnis für die wiederholten Forderungen der Kommunen nach mehr Geld vom Bund, schreibt die Zeitung. Zu den geforderten 1,5 Milliarden Euro für die Kinderbetreuung sagte der Minister: "Die wird es nicht geben. Diese 1,5 Milliarden waren immer Teil der Gewerbesteuerreform, in deren Rahmen die Städte und Gemeinden 2,5 Milliarden Euro erhalten haben." Insgesamt würden derzeit rund 7 Milliarden Euro vom Bundesetat und den Länderhaushalten in die Kommunalkassen umgeschichtet, unter anderem durch die Vereinbarungen im Zuge der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. "Das muss bitte einmal zur Kenntnis genommen werden", sagte Eichel. "Von einer solchen Entwicklung kann ich beim Bund jedenfalls nur träumen."Wirtschaftsführer geben sich optimistischFührende Wirtschaftsvertreter haben sich am Wochenende optimistisch über die konjunkturelle Entwicklung geäußert. Die "Aussichten auf einen sich selbst tragenden Aufschwung haben sich eindeutig gebessert", zeigte sich der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, überzeugt. Positiv zur Konjunktur äußerten sich auch der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, das Wirtschaftsforschungsinstitut RWI und der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun. Die deutsche Stahlindustrie erwartet bereits im laufenden Jahr ein Produktionsplus von drei Prozent. Der Exportmotor laufe "mittlerweile auf vollen Touren, das Geschäftsklima zeigt eine merkliche Besserung, die Bundesbank spricht von einem deutlichen Anstieg der Wirtschaftsdynamik", betonte Rogowski in der "Bild am Sonntag". "Immer mehr Wachstumsprognosen werden nach oben korrigiert Richtung zwei Prozent für dieses Jahr. Ein guter Schritt zu drei Prozent, die wir mittelfristig durchaus erreichen können", fügte der BDI-Präsident hinzu. Die positive Entwicklung sieht Rogowski auch als einen Erfolg der Reformpolitik der Bundesregierung. "Die Reformen am Arbeitsmarkt wie mit Hartz IV sowie die gestiegene Bereitschaft, dort wo es nötig ist, länger und flexibler zu arbeiten, sind ermutigende Anzeichen, dass sich etwas bewegt." Wachstum deutlich über zwei Prozent"Es kann gut sein, dass das Wachstum im kommenden und im Jahr darauf deutlich über zwei Prozent liegt, vielleicht sogar bei drei Prozent", sagte Walter der "Berliner Zeitung". Es gebe derzeit "sehr hoffnungsvolle Anzeichen", fügte er unter Hinweis auf die starke Investitionstätigkeit in einigen europäischen Ländern hinzu. Deutschland könne sich "dem Aufschwung der Weltwirtschaft nicht entziehen". Auch das RWI rechnet damit, dass die Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr weiter steigen wird. RWI-Konjunkturexperte Roland Döhrn sagte daher der "Berliner Zeitung", er erwarte einen Rückgang der Zahl der Arbeitslosen um 100.000. Auch Döhrn führte dies aber ausschließlich auf die Auslandsnachfrage zurück. Braun sagte dem Deutschlandfunk, es bestätigten sich erste Anzeichen, wonach die Konjunktur vor allem durch ein gut laufendes Exportgeschäft "besser zieht, als viele erwartet haben". Dies sei sehr ermutigend und wirke sich auch positiv auf die Bereitschaft der Unternehmen aus, neue Ausbildungsplätze zu schaffen.