ANZEIGE Gastroenterologie „Mehr PS auf die Straße“
In der Gastroenterologie, der Lehre vom Magen-Darm-Trakt, ist insbesondere das Thema Vorsorge mit Blick auf Darmkrebserkrankungen von Bedeutung. Hier hat sich in den vergangenen Jahren sehr viel getan: Ein riesiger Schritt ist die Darmspiegelung, denn es werden bei der Untersuchung nicht nur Frühformen von Krebs entdeckt, sondern bereits während der Spiegelung auch gleich entfernt. Zudem wurden die Untersuchungsmethoden weiter verfeinert und verbessert. Doch die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen könnte noch gesteigert werden.
Für Prof. Dr. Heiner Wedemeyer, Direktor an der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover, ist das Thema Vorsorge in seinem Fachgebiet eine Herzensangelegenheit. Er erörterte im Gespräch mit seinen Fachexperten wichtige Fragen zur Darmgesundheit aus Patientensicht. Seit 2002 gibt es die Darmvorsorge als gesetzliche Kassenleistung für Menschen über 50 Jahre.
Dr. Dietrich Hüppe, niedergelassener Gastroenterologe aus Herne, bezeichnet diese Vorsorgemaßnahme als Erfolgsgeschichte. Mehr als 8,5 Millionen Menschen hätten bundesweit seit Einführung an diesem Programm teilgenommen. Darmkrebs könne dadurch um 70 Prozent reduziert werden. Die Untersuchung bestehe aus drei Teilen: Beratung, Stuhltest und der Koloskopie (Darmspiegelung) selber, bei der die gesamte Schleimhaut überprüft und Polypen, eine Vorstufe des Darmkrebses, entfernt werden könnten. Werde ein Tumor gefunden, so handele es sich bei regelmäßigen Kontrollen in der Regel um Darmkrebs im Frühstadium, der gut zu behandeln sei, so der Facharzt.
Lag Deutschland im europäischen Vergleich im Jahr 2008 noch im oberen Drittel der Darmkrebserkrankungen, konnte die Fallzahl der Erkrankungen durch das Vorsorgeprogramm erheblich gesenkt werden, so dass die Bundesrepublik mittlerweile im unteren Drittel der Statistik zu finden sei. „Die Qualität der Darmspiegelung in Deutschland ist exzellent. Nur speziell ausgebildete Fachärzte dürfen diese Untersuchung unter den festgelegten Qualitäts- und Hygienestandards durchführen“, erklärt Dr. Hüppe.
Gleichwohl lasse das Präventionsverhalten der Bundesbürger noch immer zu wünschen übrig. Nur 25 bis 28 Prozent der Anspruchsberechtigten nähmen aktuell an den angebotenen Programmen teil. Darum müsse mehr „PS auf der Straße“. Sprich: die Zahl durchgeführter Koloskopien sollte weiter gesteigert werden. Eine bereits erfolgreich etablierte Maßnahme sei seit Juli 2019 die Einladung der gesetzlichen Krankenkassen an alle Mitgliedern über 50 Jahre, alle fünf Jahre eine Darmspiegelung durchführen zu lassen.
Prof. Dr. Philip Hilgard, Gastroenterologe und Facharzt für Innere Medizin im PREVENTICUM und ausgewiesener Endoskopiker, berichtet aus dem Praxisalltag: Das Wichtigste sei es, dass die Patienten entsprechend vorbereitet, mit einem gut gespülten Darm, zu der Untersuchung kämen. Um die kleinsten Vorstufen einer potenziellen Krebserkrankung finden zu können, bedürfe es einer guten Sicht. Doch auch hier habe sich die Medizin weiterentwickelt. Habe der Patient vor wenigen Jahren noch bis zu sechs Liter Flüssigkeit trinken müssen, seien es heute nur noch ein bis zwei Liter Spülflüssigkeit, berichtet Hillgard von den Fortschritten der Koloskopie.
Der Quantensprung im Endoskopiebereich sei jedoch die Entwicklung der sogenannten Chip-in-Tipp-Geräte mit kleinsten Bildsensoren in der Endoskopie gewesen. Die Bildgebung dieser Technik sei wesentlich besser als die der früher üblichen Fieberglasendoskope. Damit sei aktuell der entscheidende Qualitätsfaktor einer Koloskopie die Adenomdetektionsrate – jene Quote, die misst, wie viele kleine Polypen übersehen wurden. Nach neuesten Studien betrage diese zwischen 20 und 30 Prozent. Doch auch hier gebe es weitere Entwicklungen in der Medizin, die bereits in wenigen Jahren in allen gastroenterologischen Praxen Standard sein würden: Künstliche Intelligenz-Systeme (KI). Über sogenanntes Deep Learning könne man den KI-Systemen das Auslesen der Endoskopie-Bilder beibringen, die Fehlerquote lasse sich künftig auf bis zu null Prozent senken.
Prof. Wedemeyers Resümee gibt Hoffnung auf weitere Neuerungen in der Darmkrebsvorsorge. Er geht davon aus, dass sich künftig auch über Bluttests erste Anzeichen von Polypen oder onkologische Veränderungen nachweisen lassen. Seine Vision ist eine personalisierte Vorsorgemedizin, die sich in den kommenden fünf bis zehn Jahren bundesweit durchsetzen werde. Das bedeutet, dass genetische Dispositionen ebenso im Vorsorge-Rhythmus berücksichtigt werden würden wie auch verbesserte Stuhl- und Bluttests. „Ich bin überzeugt, dass wir mit diesen Maßnahmen noch mehr PS auf die Straße bekommen, was die Vorsorge und damit die Prävention in Bezug auf Darmkrebs betrifft“, bekräftig der Hannoveraner Gastroenterologe.