Prozess in Leverkusen Gutgläubige Frau hilft Betrügern

Leverkusen · Der unbekannte Verlobte aus dem Internet entpuppt sich als Mitglied einer kriminellen Bande. Gedankenlos soll die Angeklagte deren Machenschaften unterstützt haben.

 Eine 61-Jährige wurde vor dem Leverkusener Amtsgericht angeklagt.

Eine 61-Jährige wurde vor dem Leverkusener Amtsgericht angeklagt.

Foto: dpa/Britta Pedersen

Eine Frau verliebt sich Hals über Kopf in einen Mann aus dem Internet. Das Paar hat sich noch nie gesehen, aber sie verloben sich über das Netz. Für den Unbekannten, der offenbar Ärger hat, eröffnete die 61-Jährige mehrere Bankkonten und schickte Sim-Karten in den Kosovo. So half sie scheinbar unwissend, wie sie sagte, Kriminellen bei ihrer Telefonabzocke. Die Staatsanwaltschaft hingegen warf ihr jetzt vor dem Amtsgericht Leverkusen vor, Beihilfe zum 13-fachen Betrug geleistet zu haben.

Die Geschichte, die die Rentnerin im Gerichtssaal erzählte, klang nahezu unglaublich. Zumindest für Menschen, die von außen auf das Geschehen blickten, erschloss sich die Naivität der älteren Dame nur schwer. Nach ihrer Verlobung mit einem ihr eigentlich unbekannten Mann, berichtete dieser, er sei im Urlaub im Kosovo festgenommen worden. Um seine Verteidigung durch und die Kommunikation mit seinem Anwalt sicherstellen zu können, brauche er Bankkonten und Sim-Karten aus Deutschland. Naiv und gutgläubig folgte die Frau den Anweisungen ihres Verlobten.

Dass durch die Frau Betrügereien am Telefon im ganzen Bundesgebiet ausgeführt wurden, ahnte die 61-Jährige laut eigenen Angaben nicht. 13 Fällen sind der Staatsanwaltschaft bekannt, vier davon liefen erfolgreich. Die bisher unbekannten Täter erbeuteten gut 10.000 Euro. Das Geld wurde im Kosovo abgehoben. Sehr lange hielt die Rentnerin an ihrem Luftschloss fest. Sie glaubte dem Unbekannten. Selbst bei der Vernehmung durch die Polizei, die versuchte, ihr den Betrug deutlich zu machen, blieb die Dame dabei: Ihren Mann gibt es wirklich. „Die Beamtin ist daran verzweifelt“, betonte die Verteidigerin jetzt vor Gericht.

In einer Partnerschaft vor einigen Jahren sammelte ihre Mandantin schlechte Erfahrungen. Auf der Suche nach echter Liebe, hatten die Täter bei ihr wohl leichtes Spiel. „Sie hat sich geliebt gefühlt“, führte die Verteidigerin aus. Ob ihrer naiven Art, blickte die Angeklagte selbst ungläubig zurück, und sagte: „Ich hätte das einfach abbrechen müssen, habe die Geschichten aber geglaubt.“

Erst als sie in Untersuchungshaft saß und ihre Anwältin auf sie einredete, sah die Frau, was wirklich geschehen war. Über sechs Monate verbrachte die 61-Jährige im Gefängnis, das sie als „grauenhaft“ beschrieb. Und sie fügte hinzu: „Ich kam so zurecht, konnte über einiges nachdenken.“ Dennoch habe sie große Angst, wieder hinter Gitter zu müssen.

Der Richter hatte ein Einsehen mit ihr. Er verhängte ein Jahr Haft auf Bewährung. „Betrüger sind leider sehr gut darin, herauszufinden, wo Menschen ihre Schwachstellen haben“, resümierte er. „Bei Ihnen war es das Menschliche.“

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