Jeder zwölfte Arbeitsplatz soll im Konzern wegfallen Mitarbeiter von Siemens Energy im Ruhrgebiet fürchten um ihre Jobs

Mülheim · Siemens Energy konnte im vergangenen Quartal einen Gewinn ausweisen. Dennoch will das Unternehmen jeden zwölften Job streichen, allein in Deutschland sind das etwa 3000 Stellen. Große Sorgen gibt es in Mülheim und Duisburg.

 Im September ging die Abspaltung Siemens Energy an die Börse.

Im September ging die Abspaltung Siemens Energy an die Börse.

Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

An der Börse ist Siemens Energy bislang eine Erfolgsgeschichte. Seit dem Start im September hat die Aktie rund 40 Prozent an Wert gewonnen. Die These des früheren Siemens-Chefs Joe Kaeser, dass die Einzelteile des Traditionskonzerns von Anlegern positiver bewertet würden als das Konglomerat aus Medizin-, Energie- und sonstiger Technik, scheint sich zu bewahrheiten.

Doch gleichzeitig war bei der Abspaltung des Energiegeschäfts auch befürchtet worden, dass der Ausgliederung ein Sanierungsprogramm folgen könnte. Denn die Börse goutiert Geschäfte in Zukunftsbranchen wie den erneuerbaren Energien. Geschäfte mit Turbinen für Gas- oder Kohlekraftwerke werden hingegen eher als Ballast wahrgenommen.

Und so folgte am Dienstag die Ankündigung, die sich angedeutet hatte: Weltweit wolle man etwa 7800 der rund 90.000 Arbeitsplätze abbauen, kündigte Siemens Energy an. Allein 3000 Stellen sollen in Deutschland gestrichen werden. „Wir sind uns bewusst, dass unsere Pläne Teilen der Belegschaft viel abverlangen“, sagte der Vorstandschef Christian Bruch. „Daher ist es unser Ziel, diese Maßnahmen so sozialverträglich wie möglich durchzuführen.“ Dennoch sei es ein „schmerzvoller und schwieriger Prozess“.

Drei Viertel der Jobs sollen in Management, Verwaltung und Vertrieb wegfallen. Inwiefern davon die Standorte in NRW betroffen sein werden, wollte ein Sprecher auf Anfrage nicht sagen. Zunächst wolle man die Mitarbeiter informieren – entweder vor Ort in der Produktion oder in virtuellen Formaten, da zahlreiche Mitarbeiter aufgrund der Corona-Pandemie aktuell auch überwiegend aus dem Homeoffice arbeiten.

Speziell im Ruhrgebiet sind die Sorgen groß. Denn der Großteil der Stellen, so viel verriet Siemens Energy, soll in der Sparte Power und Gas wegfallen, also genau jenem Bereich, zu dem die beiden Werke in Duisburg und Mülheim mit insgesamt knapp 6000 Beschäftigten zählen. Ausgeschlossen wird bislang eine komplette Schließung einzelner Standorte. Der Jobabbau soll zu großen Teilen bis 2023 abgeschlossen sein.

Dazu hatte Siemens Energy erst vor wenigen Tagen mit den Arbeitnehmervertretern in Deutschland eine Vereinbarung geschlossen, die den Umbau des Unternehmens regeln soll. Diese Vereinbarung sieht unter anderem vor, beim Umbau möglichst ohne Kündigungen auszukommen – ausgeschlossen werden sie allerdings nicht.

„Die Zukunftsvereinbarung ist eine gute Grundlage für eine zukunftsweisende Restrukturierung von Siemens Energy in Deutschland“, sagt Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall in NRW. Sie sichere Standorte und Beschäftigung so weit wie möglich ab und helfe, wo immer möglich, Zukunftstechnologie zu platzieren. „In diesem Rahmen werden wir sinnvolle Maßnahmen unterstützen aber auch jede Personalmaßnahme auf ihre Sinnhaftigkeit prüfen“, sagt Giesler, der deutlich macht: „Für betroffene Stellen braucht es auch alternative Angebote. Reine Kostenreduzierungen auf dem Rücken der Beschäftigten werden wir nicht mitmachen.“ Die Gewerkschaft nimmt daher auch die Politik in die Pflicht. Sie müsse klare Leitplanken für die Energieversorgung der Zukunft schaffen.

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) sieht für die NRW-Standorte viele Chancen, über die er sich auch wiederholt mit der Konzernführung ausgetauscht habe: „Zu nennen sind hier zum Beispiel die Wasserstoffwirtschaft mit der Produktion von Elektrolyseuren und den Turbinen für modernste Gas- und Dampfkraftwerke, mit einem wachsenden Anteil klimafreundlicher Gase. Das gilt ebenso für besonders leistungsfähige Aggregate, die die Stromnetze stabilisieren.“

Wie gefragt die Technologie von Siemens Energy ist, wurde am Dienstag ebenfalls deutlich. Zusammen mit den Sparplänen legte das Unternehmen Geschäftszahlen für das erste eigene Quartal vor. Von Oktober bis Dezember verdiente man demnach unter dem Strich 99 Millionen Euro. Der Umsatz stieg leicht auf 6,5 Milliarden Euro. An der Notwendigkeit des Umbaus, hieß es von Siemens Energy, ändere das jedoch nichts.

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