Verwirrung um Tests Vierschanzentournee muss aus Corona-Chaos lernen

Meinung | Düsseldorf · Das Corona-Chaos um das polnische Team zum Auftakt der 69. Vierschanzentournee legt offen, wie zerbrechlich das System ist. Die Abläufe werfen Fragen auf, die es für die kommenden Stationen dringend zu klären gilt.

 "Covid-19 Test" steht auf einem Schild an einer Corona-Teststation. Alle Mitwirkenden der Vierschanzentournee müssen sich vor Beginn des Wettbewerbs auf Covid-19 testen lassen.

"Covid-19 Test" steht auf einem Schild an einer Corona-Teststation. Alle Mitwirkenden der Vierschanzentournee müssen sich vor Beginn des Wettbewerbs auf Covid-19 testen lassen.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Dass in diesem Jahr nicht nur die sportliche Leistung darüber entscheiden könnte, wer die Vierschanzentournee gewinnt, sondern vor allem der Fakt, welches Team möglichst coronafrei durch den ersten Teil der Skisprungsaison und dann durch den traditionellen Vier-Länder-Wettbewerb kommt, war spätestens nach dem ersten Weltcup der Saison im November klar. Das Team um Österreichs Topspringer Stefan Kraft musste nach zahlreichen positiven Corona-Tests den Weltcup vorerst verlassen. Kraft hatte noch einige Zeit mit den Folgen seiner Infektion zu kämpfen und gilt deswegen bei der Vierschanzentournee nicht mehr als Topfavorit. Doch dass es gleich zum Start der Vierschanzentournee ein derartiges Hin und Her wie das um die Polen gibt, schadet dem Wettbewerb.

Die Organisatoren und der Weltverband Fis schienen gut vorbereitet auf alle möglichen Corona-Szenarien. Die Testabläufe an den Tourneestandorten waren geklärt, die Abstands- und Verhaltensregeln, die das Ansteckungsrisiko minimieren sollen, waren für alle Teilnehmer klar und aus dem Weltcup eingeübt. Und doch endete schon die erste Testreihe in Oberstdorf im Chaos. Weil mit den Polen das Team des Titelverteidigers Dawid Kubacki und des Olympiasiegers Kamil Stoch betroffen war. Der Corona-Test von Klemens Muranka fiel  in Oberstdorf positiv aus. Das gesamte Team wurde als Kontaktpersonen ersten Grades ausgeschlossen, wie es das Reglement des Weltverbandes im Weltcup vorsieht. Die Polen versuchten natürlich alles, um den Ausschluss abzuwenden. Doch das Ergebnis eines zweiten Tests bei Muranka fehlte bis zum Start der Qualifikation am Montag. Also blieb es vorerst beim Ausschluss. Am späten Abend gab es dann einen negativen Befund.

Man kann nun nicht sagen, dass sich irgendwer nicht im Rahmen der geltenden Regeln verhalten hätte. Auch falsche positive Tests kann man nicht gänzlich verhindern. Und doch zeigt der Ablauf, dass es dabei Verbesserungsbedarf gibt. Da alle Athleten so knapp wie möglich vor dem Wettbewerb getestet werden sollten, fehlte einfach die Zeit für eine Überprüfung eines positiven oder gar unklaren Tests. Die sieht das Konzept der Fis auch nicht vor. Dass es derzeit keine hundertprozentige Sicherheit gibt, sollte allen klar sein. Dass bei einem so wichtigen Ereignis wie der Tournee Teams alle Mittel nutzen würden, um einen Ausschluss zu  vermeiden, war zu erwarten. Dieses Szenario hätten die Organisatoren besser eingeplant.

Vierschanzentournee 2023/24: Kader der deutschen Skispringer- Geiger und Co
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Die deutschen Skispringer bei der Vierschanzentournee

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Selbst als klar war, dass es bis zum Start der Qualifikation kein zweites Ergebnis des betroffenen Athleten geben würde, hätten Fis und Veranstalter Spielraum gehabt. Die Qualifikation hätte aufgrund der Situation abgesagt oder auf den Wettkampftag verschoben werden können – zumal schon am Montagmittag deutlich wurde, dass die Wetterbedingungen ohnehin schwierig würden. Und so kam es dann auch. Bei drehenden Winden und Schneefall konnte von fairen Bedingungen keine Rede sein, der sportliche Wert der Quali war kaum gegeben. Dennoch drückte man die Veranstaltung durch.

Bei einer Absage wäre klar gewesen, dass nicht im K.o.-Modus gesprungen werden kann, der den besonderen Reiz der Vierschanzentournee ausmacht. Es wäre allerdings auch nicht das erste und einzige Mal in der Tournee-Geschichte gewesen.  Nicht nur für die Polen, auch für die anderen Topspringer, wäre ein Tournee-Auftakt ohne drei der Favoriten das schlimmere Szenario gewesen als ein erster Durchgang ohne K.o.-Modus.

Vierschanzentournee 2023/24: Wellinger, Kraft, Geiger - die Favoriten auf den Sieg
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Die Favoriten für die Vierschanzentournee 2022/23

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Foto: dpa/Daniel Karmann

So hätte man direkt verhindern können, was am Dienstag nun eingetreten ist. Da das Team aus Polen zwei negative Befunde von Muranka vorlegen konnte, ist ein Ausschluss nicht mehr gerechtfertigt. Das Team darf starten, was die Qualifikation vom Vortag und den K.o.-Modus hinfällig macht.

Das Chaos ist perfekt und doch ist es gut, dass der Weltverband diese Option gezogen hat. Denn eine Vierschanzentournee ohne einen großen Teil der Favoriten hätte ohnehin an Bedeutung verloren. Ein Ausschluss wegen eines „falsch positiven Tests“ und zu wenig Zeit für die Überprüfung wäre dem Stellenwert der Tournee unwürdig gewesen. Die Organisatoren müssen daraus für die weiteren Stationen lernen und die Abläufe anpassen. Nicht, um Favoriten mit allen Mitteln zu schützen, die dann möglicherweise das Virus weitertragen. Aber um das Risiko von falschen Ergebnissen zu minimieren.

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