Militäroffensive in Äthiopien Helfer warnen vor humanitärer Krise in Äthiopien

Addis Abeba · Die Militäroffensive in Äthopien kann laut internationalen Helfern zu einer humanitären Krise führen. In der Region Tigray gibt es bis zu 600.000 chronisch unterernährte Menschen, die von den Hilfsorganisationen momentan nicht erreicht werden können.

 In Äthopien geht die Zentralregierung militärisch gegen die Regierungspartei der Region Tigray vor.

In Äthopien geht die Zentralregierung militärisch gegen die Regierungspartei der Region Tigray vor.

Foto: AFP/EDUARDO SOTERAS

Internationale Helfer warnen vor einer humanitären Katastrophe in der äthiopischen Region Tigray. Hintergrund ist eine anhaltende Militäroffensive der Zentralregierung gegen die Regierungspartei in der Region. „Tigray ist von allen Nachschubwegen abgeschottet“, sagte der Landesdirektor der Welthungerhilfe in Äthiopien, Matthias Späth, der Deutschen Presse-Agentur.

Demnach gibt es in der Region im Norden Äthiopiens ohnehin mindestens 600.000 chronisch mangelernährte Menschen. Diese seien wie die restliche Bevölkerung nun für Helfer nicht erreichbar. Man könne nur mutmaßen, wo die schweren Kämpfe stattfänden und wo Hilfskorridore eingerichtet werden könnten, sagte Späth und betonte: Daher „gehen wir vom Schlimmsten aus“.

Äthiopiens Regierung hatte nach Monaten der Spannungen mit der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) vor einer Woche eine Offensive gegen die Rebellengruppe und Regierungspartei von Tigray begonnen. Wenig ist über die Lage vor Ort bekannt, da Internet und Telefonverbindungen unterbrochen und laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) die Straßen blockiert und die Stromversorgung gekappt sind.

Ministerpräsident Abiy Ahmed twitterte am Donnerstag, in einem Ort in Tigray seien Soldaten hingerichtet worden, dies konnte aber nicht unabhängig verifiziert werden. Zudem stimmte das äthiopische Parlament dafür, die Straffreiheit von 39 hochrangigen Funktionären in Tigray aufzuheben.

Dem UNHCR zufolge sind bereits 7000 Menschen ins Nachbarland Sudan geflohen. „Wir gehen davon aus, dass große Ströme von Tigray nach Amhara und Afar schwappen“, sagte Späth mit Blick auf die zwei an Tigray angrenzenden äthiopischen Regionen. Die Welthungerhilfe versuche sich darauf vorzubereiten, indem etwa Auffanglager identifiziert würden.

In Tigray leben laut des UN-Nothilfebüros ohnehin rund 200 000 Binnenflüchtlinge und Flüchtlinge. Die Welthungerhilfe ist Späth zufolge nicht direkt in Tigray im Einsatz, allerdings in den Regionen Amhara und Afar. Und die Welthungerhilfe sei in Netzwerken mit anderen Organisationen verbunden, die in Tigray aktiv seien.

Die TPLF war die dominante Partei in der Parteienkoalition, die Äthiopien mehr als 25 Jahre lang mit harter Hand regierte. Doch als Abiy 2018 an die Macht kam, entfernte er im Zuge von Reformen viele Funktionäre der alten Garde und gründete eine neue Partei ohne die TPLF. Die TPLF und viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und wünschen sich größere Autonomie. Unter Abiy - der im Vorjahr den Friedensnobelpreis erhielt - haben die ethnischen Konflikte in dem Vielvölkerstaat Äthiopien mit seinen rund 112 Millionen Einwohnern zugenommen.

(sed/dpa)
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