Nach Abkommen mit Aserbaidschan Massenproteste in Armenien wegen Berg-Karabach

Eriwan · Nach dem Abkommen zwischen Aserbaidschan und Armenien haben in Armenien 10.000 Menschen demonstriert. Das Abkommen sieht vor, dass größere, von Armenien kontrollierte, Gebiete an Aserbaidschan abgegeben werden sollen.

 Tausende Menschen haben erneut die Straßen in Eriwan überschwemmt und protestieren gegen das Abkommen zur Einstellung der Kämpfe.

Tausende Menschen haben erneut die Straßen in Eriwan überschwemmt und protestieren gegen das Abkommen zur Einstellung der Kämpfe.

Foto: dpa/Dmitri Lovetsky

Tausende Menschen haben in Armenien gegen das Abkommen mit Russland und Aserbaidschan zur Beendigung des Krieges im Konfliktgebiet Berg-Karabach protestiert. „Nikol, tritt zurück!“ und „Verräter!“ skandierten die Demonstranten am Mittwoch im Zentrum der armenischen Hauptstadt Eriwan. Sie forderten den Rücktritt von Regierungschef Nikol Paschinjan, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete.

Paschinjan hatte mit den Präsidenten Russlands und Aserbaidschans, Wladimir Putin und Ilham Aliyev, ein Abkommen über das Ende der Kampfhandlungen unterschrieben – und damit Proteste in seinem Land ausgelöst. Die Polizei ging mit Gewalt gegen Demonstranten vor.

„Heute beginnt die Bewegung zum Schutz der Heimat. Wir gehen bis zum Schluss“, sagte der Oppositionspolitiker Artur Wanezjan. Auf dem Platz der Freiheit versammelten sich bis 10.000 Menschen. Es gab Dutzende Festnahmen – auch weil Kundgebungen wegen des geltenden Kriegsrechts und wegen der Coronavirus-Pandemie nicht erlaubt sind. Unter den Festgenommenen waren auch mehrere Parlamentsabgeordnete.

Paschinjan verteidigte die Unterzeichnung des Abkommens. Auf diese Weise seien viele Menschenleben gerettet worden, sagte er. Das in der Nacht zum Dienstag ausgehandelte Karabach-Abkommen sieht die Rückgabe größerer Gebiete, die bisher unter Armeniens Kontrolle standen, an Aserbaidschan vor. Darunter sind auch wichtige Verbindungen zwischen Armenien und der Hauptstadt Stepanakert in Berg-Karabach.

Kern der Vereinbarung ist, dass knapp 2000 russische Friedenssoldaten die Waffenruhe überwachen sollen. Hunderte Kräfte bezogen bereits in Berg-Karabach mit schwerer Militärtechnik Stellung, wie das Verteidigungsministerium in Moskau mitteilte. Die Verlegung der Truppen dauere an, hieß es.

Aserbaidschan hatte in einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren die Kontrolle über das bergige Gebiet mit etwa 145 000 Bewohnern verloren. Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe. In dem neuen Krieg hat sich Aserbaidschan weite Teile des Gebiets zurückgeholt. Das Land berief sich dabei auf das Völkerrecht und sah sich von seinem „Bruderstaat“ Türkei unterstützt. Armenien wiederum setzt auf Russland als Schutzmacht.

(sed/dpa)
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